Suu Kyis NLD hält ersten Parteitag ab
8. März 2013Seit ihrem Sieg bei den Nachwahlen zum Parlament am 1. April 2012 ist die Nationale Liga für Demokratie (NLD) unter Aung San Suu Kyi in die politische Arena zurückgekehrt. Doch bleibt ihr Spielraum in dem von Vertrauten der früheren Junta und von Militärs dominierten Parlament begrenzt. Um das zu ändern, ging die Partei zunächst ungeschickt vor. So hatten sich die frischgebackenen Abgeordneten zunächst geweigert, jenen Eid zu leisten, der vorschreibt, Mynamars umstrittene Verfassung zu "schützen". Stattdessen wollten sie nur schwören, diese zu “respektieren”. Über diesen Boykott schüttelten viele den Kopf: "Die NLD hat sich falsch verhalten", so Aung Thu Nyein vom thailändischen Vahu Development Institute. "Statt um Formulierungen zu kämpfen, sollte sie am parlamentarischen Prozess teilnehmen und sich für inhaltsreiche politische und ökonomische Reformen stark machen."
Offensichtlich muss die Oppositionspartei erst lernen, was es heißt, fortan in der Politik mitzumischen. Deren Wahlsieg von 1990 hatte die damalige Junta nie anerkannt. Unter der Militärdiktatur wurde die NLD unterdrückt und marginalisiert, Suu Kyi selbst unter Hausarrest gestellt. Heute gilt die Führungsriege der Partei als überaltert. Für die Wahlen in 2015 wird sie sich neu aufstellen und detaillierte politische Inhalte benennen müssen.
Streitpunkt Verfassung
An diesen Inhalten fehlt es der NLD offenbar. Im Wahlkampf versprach sie hauptsächlich, Myanmars Verfassung ändern zu wollen. Was kein Wunder ist, denn die Verfasung zementiert die Macht des Militärs und beschneidet die Rechte ethnischer Minderheiten. Auch enthält sie eine Ausländer-Klausel, die Suu Kyi das Präsidentenamt versperrt, denn sie war mit einem Engländer verheiratet.
"Die NLD befindet sich in einer schwierigen Position zwischen den Militärs einerseits und der Bevölkerung beziehungsweise den ethnischen Minderheitenandererseits", so der in Thailand lebende Publizist Zin Linn kurz vor dem Einzug der NLD ins Parlament. Weil Suu Kyi zuerst an das Wohl der Menschen denke, werde sie versuchen, die Verfassung mit Hilfe des Volkes beziehungsweise der verschiedenen Ethnien zu ändern. Gleichzeitig ist klar: Für ihr Vorhaben braucht die Opposition die Stimmen des Militärs, das - unabhängig von Wahlen - 25 Prozent der Abgeordnetensitze innehat.
Glaubwürdigkeitsprobleme
Seit einiger Zeit ist die Rolle der NLD als aufrechte Oppositionspartei angekratzt. Interner Streit um undemokratische Abstimmungen im Vorfeld des Parteikongresses (08.-10.03.2013) geht mit Vorwürfen einher, die Partei passe sich zunehmend dem quasi-zivilen Regime an. So nahm sie Geldspenden von Geschäftskumpanen der früheren Junta an. Auch schwieg die NLD weitgehend zu den blutigen, mutmaßlich von militärischen Hardlinern geschürten Unruhen zwischen Buddhisten und Angehörigen der muslimischen Rohingya-Minderheit im westlichen Küstenstreifen. Aktivisten aus dem pro-demokratischen Lager beteiligten sich sogar an der rassistischen Hetze gegen die Rohingya, die in Myanmar nicht als ethnische Minderheit anerkannt sind. Auf die Frage, ob den Rohingya die Staatsbürgerschaft verliehen werden sollte, hatte Suu Kyi geantwortet: "Ich weiß es nicht."
Kritik von Minderheiten
Angehörige ethnischer Minderheiten schimpfen mittlerweile öffentlich auf die Opposition. Ein Vertreter des Shan-Volkes monierte, die Regierung habe Suu Kyi "neutralisiert". Und viele Angehörige der Kachin, einer anderen Volksgruppe, kritisierten die Weigerung der Friedensnobelpreisträgerin, die vom Militär begangenen Menschenrechtsverletzungen im anhaltenden Kachin-Konflikt zu verurteilen. Man traut weder der Regierung noch der Opposition: "Sie haben uns wiederholt belogen. Sie versuchen, die Kachin zu vernichten", so eine Bewohnerin. Auch Aung San Suu Kyi kümmere es nicht, wie viele Kachin sterben, "sie ignoriert uns einfach."
"Suu Kyi selbst sagte, sie wolle keine Ikone mehr sein, sondern eine Politikerin", so Maung Zarni, Myanmar-Experte und Mitbegründer der Organisation "Free Burma Coalition". Suu Kyi werde bei den Wahlen 2015 nicht nur die Zustimmung der breiten Wählerschaft brauchen, sondern auch die des Militärs, wenn sie Staatsoberhaupt werden wolle. "Ob sie an die Macht gelangt, hängt sehr davon ab, wie nachgiebig sie sich in bezug auf die Interessen des Militärs zeigt", sagt Maung Zarni. Falls Suu Kyi diesen zuwider handele, werde sie an den Rand gedrängt: "In der Politik sind drei Jahre eine lange Zeit."