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Politik

Tag der Armee wird zu Sterbetag

27. März 2021

Selbst an einem seiner Ehrentage verzichtet das Militär in Myanmar nicht auf brutale Gewaltanwendung. Längst sind gezielte Todesschüsse zu einem seiner "Markenzeichen" geworden.

Abgeschossene Patronenhülsen liegen in einer Hand
Diese Patronenhülsen sollen bezeugen, dass Myanmars Militär gezielt auf Demonstranten schießen lässt Bild: Anonymous Source/AFP

Bei Protesten gegen den Militärputsch in Myanmar sind laut Medienberichten und Zeugen mindestens 114 Menschen von den Sicherheitskräften getötet worden, darunter auch Kinder. Allein in Mandalay im Zentrum des Landes seien mindestens 40 Personen ums Leben gekommen, darunter ein 13-jähriges Mädchen, berichtete das Nachrichtenportal Myanmar Now. In der Wirtschaftsmetropole Yangon seien mindestens 27 Menschen getötet worden. Die Vereinten Nationen sprachen vom "blutigsten Tag" seit dem Putsch Anfang Februar. "Die Gewalt ist völlig inakzeptabel und muss sofort aufhören", hieß es in einer Mitteilung.

Die neuen Demonstrationen fanden zum Tag der Armee statt, den das Militär mit einer Parade in der Hauptstadt Naypyitaw beging. Dazu schickten unter anderem Russland und China Vertreter. Die EU-Delegation in Myanmar erklärte, der Feiertag in diesem Jahr werde "als ein Tag von Terror und Entehrung" in die Geschichte eingehen.

Schüsse auf US-Kulturzentrum in Yangon

Aus Yangon wurden zudem Schüsse auf das US-Kulturzentrum gemeldet.  Es habe keine Verletzten gegeben, der Vorfall werde nun untersucht, teilte ein Sprecher mit. Die Vereinigten Staaten haben die Militärjunta in Myanmar wegen des Putschs scharf kritisiert. 

Nördlich von Yangon endete eine Kundgebung vor dem berüchtigten Insein-Gefängnis noch vor dem Morgengrauen in Chaos und Panik, als Soldaten auch dort gezielt auf Demonstranten schossen.

Widerstand gegen die Sicherheitskräfte mit Pfeil und Bogen in der Wirtschaftsmetropole Yangon Bild: AP Photo/picture alliance

"Armee und Polizei schossen ohne Vorwarnung los"

In der Stadt Lashio an der Grenze zu Thailand und China eröffneten die Sicherheitskräfte das Feuer auf demonstrierende Studenten und töteten nach Angaben eines Sanitäters mindestens drei junge Menschen. Sein Team habe die Toten wegen der vielen Schüsse nicht bergen können, berichtete er. "Die Armee und die Polizei kamen einfach und schossen ohne Vorwarnung los", sagte ein Lokaljournalist.

In Mandalay versuchen Demonstranten, einen Verletzten vor weiter angreifenden Polizisten in Sicherheit zu bringenBild: REUTERS

Mindestens drei weitere Tote wurden in Meiktila im Zentrum des Landes sowie in Nyaung-U gemeldet, unter ihnen ein 14-jähriges Mädchen.

Das Militär reagierte nicht auf Anfragen für eine Stellungnahme. Der Chef der Junta, General Min Aung Hlaing, erklärte im staatlichen Fernsehen zum Tag der Armee, das Militär wolle das Volk schützen und strebe nach Demokratie. Gewalthandlungen, die die Stabilität und Sicherheit Myanmars beeinträchtigen würden, seien aber unangebracht. Hlaing wiederholte sein Versprechen Wahlen abzuhalten, nannte aber kein Datum.

General Min Aung Hlaing: Das Militär will das Volk schützen und strebt nach DemokratieBild: Myawaddy TV/AFP

Vertreter Chinas und Russlands bei Armeeparade

Myanmars Militär feiert am Tag der Armee mit einer großen Parade seine Stärke. Soldaten mit Fackeln und Flaggen marschierten, flankiert von Militärfahrzeugen, durch die Hauptstadt Naypyidaw. Mit dem Gedenktag erinnert das südostasiatische Land an den Beginn des Widerstands gegen die japanische Besatzung im Zweiten Weltkrieg.

Bunte Uniformen in trister Zeit: Teilnehmer der Militärparade in Myanmars Hauptstadt NaypyidawBild: AFP

Normalerweise nehmen an der Parade auch ausländische Regierungsvertreter teil. Die Militärjunta wird aber von vielen Staaten nicht anerkannt, sodass diesmal nur acht ausländische Delegationen teilnehmen, darunter Vertreter von China und Russland.

"Gefahr, in Kopf und Rücken geschossen zu werden"

"Heute ist ein Tag der Schande für die Armee", erklärte der Sprecher einer Gruppe abgesetzter Abgeordneter. Die Generäle feierten, nachdem zuvor mehr als 300 unschuldige Zivilisten ums Leben gekommen seien. Am Freitag hatte es im staatlichen Fernsehen eine Drohung gegen die Demonstranten gegeben. "Sie sollten lernen, dass man Gefahr läuft, in den Kopf und den Rücken geschossen zu werden", hieß es über den Sender MRTV.

Die Hilfsorganisation für politische Gefangene AAPP schätzt die Zahl der Getöteten seit dem Putsch Stand Freitagabend auf mindestens 328. Ihren Angaben zufolge starben mindestens ein Viertel davon durch Kopfschüsse. Mit den Vorfällen von diesem Samstag beläuft sich die Zahl der Getöteten auf fast 380.

sti/qu (afp, dpa, rtr)

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