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Politik

Nach AfD-Kritik: Morddrohung an Polizeichef

10. Januar 2020

Oldenburgs Polizeipräsident Johann Kühme kritisierte Äußerungen von AfD-Spitzenpolitikern. Daraufhin bekam er eine Drohmail - mit dem Hinweis, an den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zu denken.

Oldenburg | Polizeipräsident Johann Kühme
Bild: picture-alliance/dpa/C. Jaspersen

Ein Unbekannter habe Johann Kühme (Artikelbild M.) per E-Mail gedroht, ihn zu erschießen, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Nicht heute, nicht morgen, denk einfach an Lübcke", hieß es demnach in der Mail. Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses mit einem Kopfschuss getötet worden. Zuvor war er in rechten Kreisen wegen Äußerungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik angefeindet worden. Die Ermittler gehen von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Mehrere Verdächtige befinden sich in Haft.

Kritik an Weidel und Gauland

Das Polizeipräsidium in Oldenburg bestätigte auf Anfrage die Droh-Mail an Lübcke. Kühme betonte, dass er keine Angst habe und sich nicht einschüchtern lasse: "Ich werde meine Haltung nicht ändern", sagte der Polizeipräsident dem "Spiegel". "Die Morddrohung wird mich nicht davon abhalten, die Entgleisungen auch von einzelnen AfD-Politikern anzuprangern."

Kühme hatte bei einer öffentlichen Veranstaltung gesagt, er sei entsetzt und schäme sich, "wenn Bundestagsabgeordnete der AfD muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger als Kopftuchmädchen und Messermänner bezeichnen oder die Nazi-Gräueltaten als Vogelschiss in der deutschen Geschichte verharmlosen". Er hatte damit Bezug auf Äußerungen der AfD-PolitikerAlice Weidel und Alexander Gauland genommen.

Seither wird Kühme von der niedersächsischen AfD immer wieder angegangen. Unter anderem war er auf der Facebook-Seite der AfD-Landtagsfraktion beschimpft worden. Zudem warf die AfD Kühme vor, seine Neutralitätspflicht als Beamter zu verletzen.

Rückendeckung für Kühme

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte Kühme dagegen ausdrücklich den Rücken gestärkt. Auch die gesamte Führungsspitze der niedersächsischen Polizei stellte sich öffentlich hinter ihren Kollegen und kritisierte das Vorgehen der AfD scharf. Kühme habe mit seinen Äußerungen dem "strategischen Ziel" der Polizei entsprochen, die ihr "freiheitlich-demokratisches Selbstverständnis" wahren und demokratiefeindlichen Tendenzen begegnen werde, betonten die Beamten. Die AfD wolle "politischen Druck" ausüben. Dagegen verwahre sich die Polizei "entschieden".

Die Droh-Mail ging laut "Spiegel"-Bericht bereits am 16. November ein. Die Polizei nehme sie ernst. So sei von Staatsschützern eine Gefährdungsanalyse für den Polizeipräsidenten erstellt worden. "Die polizeilichen Maßnahmen wurden angepasst", zitierte das Magazin die Behörde.

ww/pg (afp, dpa, epd)

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