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Politik

Unruhe in Salisbury

Samira Shackle mb
13. März 2018

Nach dem Giftgasangriff an Sergej Skripal herrscht zwischen London und Moskau politische Eiszeit. Am Ort der Tat schwanken die Menschen zwischen Sorge und Ärger. Samira Shackle berichtet aus Salisbury.

Die Lage in Salisbury
Bild: DW/S. Shackle

Salisbury ist eine ruhige Stadt im Südwesten der Grafschaft Wiltshire, die bis vor kurzem vor allem für ihre mittelalterliche Kathedrale bekannt war. Seit einer Woche ist das anders, als der ehemalige russische Geheimagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia Opfer eines Angriffs wurden. Nach Stand der Ermittlungen wurden die beiden mit einem militärischen Nervengas vergiftet.

In dieser Woche wurde der Vorfall nun zum internationalen Politikum. Der bisherige US-amerikanische Außenminister Rex Tillerson sagte, die Attacke komme "eindeutig aus Russland". Und die britische Premierministerin Theresa May setzte Moskau ein Ultimatum für eine Stellungnahme; auch sie meint, es sei "höchst wahrscheinlich, dass Russland verantwortlich ist".

Das Einkaufszentrum, wo der Giftangriff erfolgte, ist mit Flatterbändern abgesperrt, und Polizisten achten darauf, dass sie von niemandem übertreten werden. Der Park, in dem Skripal und seine Tochter gefunden wurden, ist geschlossen; über der Bank, auf der sie saßen, ist ein Schutzzelt aufgebaut - wohl auch eine Vorsichtsmaßnahme: Der Polizeibeamte, der den Opfern zuerst zur Hilfe kam, liegt ebenfalls mit schweren Verletzungen im Krankenhaus.

Eine sichere Stadt? Werbung für Videoüberwachung in SalisburyBild: DW/S. Shackle

Die massive Polizeipräsenz beunruhigt die Menschen in der Innenstadt von Salisbury. "Ich wüsste einfach gerne, wann sich die Lage wieder normalisiert", sagt Sally White, eine 37-jährige Mutter von drei Kindern. "Ich habe Angst, meine Kinder alleine laufen zu lassen inmitten all der Polizisten. Denn: Niemand weiß so richtig, womit wir es hier zu tun haben oder wie gefährlich diese Substanz in der weiteren Umgebung ist."

Öffentliche Gesundheitswarnungen

Zwei beliebte Orte im Umfeld des Tatortes sind The Mill, ein Pub am nahe gelegenen Flussufer, und Zizzi, die Filiale einer Pizza-Kette, wo die Skripals zuvor gegessen hatten. Beide Lokale sind abgesperrt, die Pizzeria schützen außerdem grüne Planen vor neugierigen Blicken.

Noch am Sonntag, beinahe eine Woche nach dem Giftanschlag, riet die Chefin der britischen Gesundheitsbehörde Menschen, die am Tag des Anschlags eines der beiden Lokale besucht hatten, ihre Kleidung zu waschen. Auch wenn das Gesundheitsrisiko wohl gering sei, wisse man nicht um die langfristigen Folgen.

Vorübergehend geschlossen: The MillBild: DW/S. Shackle

Man gehe von bis zu 500 Personen aus, die Pub und Pizzeria im fraglichen Zeitraum besucht haben können, hieß es. Der Hinweis der Behörde sorgte vor allem für Verwirrung. Martin Lewis war für eine Stunde in The Mill und fragt sich nun, ob er sich damit einem Risiko ausgesetzt hat oder nicht: "Ich war wie so oft da, um etwas zu trinken; ich habe aber jetzt absolut keine Ahnung, welche Kleidung ich an dem Tag getragen habe. Und ehrlich gesagt gehe ich davon aus, dass der Schaden ohnehin bereits angerichtet ist." Die Informationen der Gesundheitsbehörde sei ihm nicht klar genug, sagt der 53-Jährige. "Auf der einen Seite sollen wir uns keine Sorgen machen, und auf der anderen könnte es sein, dass wir vergiftet wurden."

Zu Lasten des Geschäfts

Obwohl das Leben in Salisbury weitgehend wieder seinen gewohnten Lauf nimmt, sorgen sich Geschäftsleute in unmittelbarer Nachbarschaft des Einkaufszentrums, dass potenzielle Kunden abgeschreckt würden. "Dass 20 Polizisten in neongelben Jacken direkt vor dem Eingang zu einem Geschäft oder einem Café stehen, ist nicht gerade ein einladender Anblick", sagt Sarah Glenn, die in der Nähe arbeitet. "Wenn das so weitergeht, erwarte ich deutlich weniger Kunden. Und noch schlimmer wäre es, wenn das bis zur Feriensaison so bleibt und die Menschen erst gar nicht mehr nach Salisbury kommen."

Salisbury, im Blick internationaler MedienBild: DW/S. Shackle

Noch ist die Innenstadt belebt, trotz der "Police do not cross”-Bänder, trotz der Beamten und trotz der Kamerateams der Fernsehstationen. Und noch ist Salisburys Bevölkerung nicht um Worte verlegen in dieser unwirklichen Situation: "Es ist so schräg, den Fernseher anzuschalten und jeden Tag Salisbury zu sehen - sogar auf amerikanischen Kanälen wie CNN", sagt Lucy Miller, eine 16-jährige Schülerin. "An der Schule witzeln wir schon, dass das Ganze so bizarr ist, als wäre es aus einem Agentenfilm. Aber wenn du darüber nachdenkst, ist es definitiv ganz schön gruselig.”

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