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PolitikAfrika

Nach Aussetzen der Mali-Mission: Sorge um Ortskräfte

16. August 2022

Die Bundeswehr hat ihren Friedens-Einsatz in Mali vorerst beendet. Was bedeutet das für die Ortskräfte, die deutsche Soldaten dort unterstützt haben?

Afghanistan | Soldaten in Westafrika
Deutsche Soldaten sichern am Flughafen in Gao ein TransportflugzeugBild: Arne Immanuel Bänsch/dpa/picture alliance

Mit rund 1000 Soldaten ist die deutsche Bundeswehr in Mali aktiv, aber jetzt hat die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) den Einsatz gestoppt. Immer wieder hatte die malische Übergangsregierung, seit Mai 2021 im Amt, den Deutschen Steine in den Weg gelegt. Etwa, indem sie Überflugrechte verweigerte. Die waren wichtig, um den ständigen Austausch der Soldaten im Bundeswehr-Einsatz in Mali zu organisieren. Die deutschen Bundeswehrangehörigen bleiben vorerst im Land, übernehmen aber keine operativen Tätigkeiten mehr für den Blauhelmeinsatz. Ob die Bundeswehr den Einsatz im vollen Umfang wieder aufnimmt, steht derzeit in den Sternen. Die malische Regierung, die sich eng an Russland anlehnt, scheint wenig Interesse an einer Fortführung der internationalen MINUSMA-Mission zu haben, in deren Rahmen die Bundeswehr agiert. Und zunehmend drängt sich die Frage auf, was ein mögliches Ende des deutschen Einsatzes in dem westafrikanischen Land für die Ortskräfte dort bedeutet, die der Bundeswehr in den Jahren des Einsatzes seit 2013 geholfen haben.

Roderich Kiesewetter (CDU): "Chaos bei der Ortskräften wie in Afghanistan vermeiden"Bild: Frederic Kern/Geisler-Fotopress/picture alliance

Collatz: "Lage ist mit Afghanistan nicht vergleichbar."

Noch klingt das deutsche Verteidigungsministerium entspannt. Dessen Sprecher Arne Collatz sagte in Berlin: "Die Lage ist derzeit so, dass wir 59 lokale Beschäftige haben in Mali. Und die Lage in Mali lässt sich überhaupt nicht vergleichen mit der in Afghanistan." Dort warten noch immer mehr als 300 frühere Helfer der deutschen Soldaten auf ihre mögliche Ausreise, ein Jahr nach Abzug der internationalen Kräfte und der Machtübernahme der islamistischen Taliban. 

Kiesewetter: "Desaster kündigt sich seit Monaten an"

Kritischer sieht das der Außenexperte der CDU im Bundestag, Roderich Kiesewetter. Er sagte der DW: "Es ist sehr fragwürdig, warum nicht aus dem Abzugsdesaster in Afghanistan gelernt wurde und wir bezüglich der Ortskräfte in Mali noch keine Evakuierung vorbereitet haben. Seit Monaten kündigt sich zudem das Desaster mangelnden Eigenschutzes an. Auch wirkt es sich aus, dass es der letzten Bundesregierung nicht gelang, bedingt durch ein Veto der SPD, rechtzeitig bewaffnete Drohnen zum Eigenschutz der Bundeswehr im Einsatz zu beschaffen." Und der Vize-Vorsitzende des Entwicklungsausschusses, Christoph Hoffmann (FDP), äußerte in einem Interview der DW die Befürchtung, dass die gesamten MINUSMA-Mission enden könnte: "Das könnte dazu führen, dass der malische Staat zusammenbricht. Denn es gibt im Norden Malis nicht genügend Widerstand gegen den Terrorismus und das Banditentum."

Verteidigungsministerin Christiane Lambrecht (SPD) hat den Bundeswehr-Einsatz in Mali vorerst gestoppt. Bild: Thilo Schmuelgen/REUTERS

Blogger Giundo: "Aussetzung ist ein schwerer Schlag"

Die malische Regierung scheint die Anwesenheit der deutschen Soldaten nicht wert zu schätzen. Anders dürfte es in der malischen Zivilgesellschaft aussehen. Der Blogger Abdoulaye Guindo jedenfalls wertet die Aussetzung der deutschen Mission als schweren Schlag. Er habe das deutsche Kontingent in der Stadt Gao bei der Arbeit erleben können, sagt Guindo der DW: "Ich habe gesehen, welche Unterstützung sie für die Bevölkerung leisten - weit über ihren Auftrag, für Sicherheit zu sorgen, hinaus." Das geschehe in einem Kontext, in dem die staatlichen Dienstleistungen nicht ausreichten. "Ich habe gesehen, wie das deutsche Kontingent Freude in der Bevölkerung verbreitet - ob beim Transport, bei logistischer Unterstützung, oder wenn sie Initiativen der Bevölkerung stärken."

Ein französischer Soldat in Mali im Dezember 2021 - Frankreich hat sich aus dem Land mittlerweile zurückgezogenBild: THOMAS COEX/AFP/Getty Images

Die DW erreichte auch den jungen Journalisten Khader Touré, der in Gao den lokalen Sender Radio Anian leitet. "Es gab eine Zeit, da war es die große Liebe zu Frankreich, die jungen Leute haben sehr geschätzt, was Frankreich in Mali getan hat", erinnert sich Touré. "Dann gab es die MINUSMA, die viel geleistet hat." Beide Missionen hätten vielen jungen Leuten eine Beschäftigung gegeben. "Aber heute, mit einer Übergangsregierung, die beschlossen hat, Mali anders zu sehen, bedeutet das für viele junge Menschen einen Abstieg." Viele junge Menschen, denen die internationalen Partner einen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit geboten hatten, fänden sich nun zwangsläufig auf der Straße wieder. Dennoch seien sie es, die jetzt die nationale Souveränität verteidigten - koste es, was es wolle. Dabei bringt der Konflikt mit den internationalen Partnern das Land militärisch in Not, wie Blogger Guindo betont: "Das Gebiet Malis ist riesig, da brauchen wir die Unterstützung aller Soldaten unserer befreundeten Länder."

Frankreich hat Mali bereits verlassen

Erst am Montag vermeldete Frankreich den Abzug seiner letzten Soldaten aus Mali - nachdem es in Gao tags zuvor massive Proteste gegeben hatte. Die ehemalige Kolonialmacht hatte ihre eigene Mission schon im Januar nach Unstimmigkeiten mit der Militärregierung für beendet erklärt. Dass der Abzug ein halbes Jahr später noch nicht komplett vollzogen war, hatte viele Bürger auf die Barrikaden gebracht.

Mali droht nun, ins Chaos zu stürzen - ein Land, in dem mächtige Terrorgruppen, darunter islamistische Banden, aktiv sind und in dem der Einfluss russischer Kämpfer wächst. 

Mitarbeit: Mahamadou Touré, Georges Ibrahim Tounkara

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