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Politik

Die Kreml-Liebe der FPÖ

Rupert Wiederwald
21. Mai 2019

Österreichs Rechts-Regierung stürzt über eine vermeintliche Oligarchen-Nichte aus Russland. Den Rechtspopulisten der FPÖ ist auch ihre unkritische Nähe zum Kreml zum Verhängnis geworden.

Videostill Video Heinz-Christian Strache
Das Skandal-Video, das Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache das Amt kostete Bild: Reuters/Der Spiegel und Süddeutsche Zeitung

Eine Villa auf Ibiza, raue Mengen Wodka-Red Bull, eine vermeintliche Millionen-Erbin aus Russland und das unmoralische Angebot, zwei Politikern beim Griff an die Macht zu helfen. Was nach einem Agentenfilm klingt, haben die urlaubenden österreichischen Rechtspopulisten Heinz Christian Strache und Johann Gudenus 2017 selbst erlebt - eine Falle, die Unbekannte ihnen gestellt haben und die vergangenen Freitag zugeschnappt ist. Mit den bekannten Folgen: Die Regierungsämter sind passé, dazu eine veritable Staatskrise. FPÖ-Chef Strache und sein politischer Ziehsohn wurden bloßgestellt, da das Szenario passte - erklärt Andreas Joelli, Korrespondent des österreichischen Rundfunks ÖRF in Berlin. "Die vermeintliche russische Oligarchen-Nichte - das war einfach gut eingefädelt. Weil es eben diese Beziehung gibt zwischen der FPÖ und Putin, zwischen der FPÖ und der Partei 'Einiges Russland'."

Die FPÖ und Russland - seit 2007 eng verbunden

Österreichs Rechte pflegt seit Jahren enge Verbindungen zum Kreml - eine Entwicklung, die Parteichef Heinz-Christian Strache bereits früh einleitete. Eigentlich hatte sich die FPÖ seit ihrer Gründung 1950 streng anti-sowjetisch positioniert - und das auch nach 1990 beibehalten. Doch von 2007 an gab es auf einmal gegenläufige Signale: regelmäßige Gratulationen zum Wahlsieg der Putinpartei "Einiges Russland", verbale Unterstützung bei russischen Militärinterventionen, etwa 2008, als Putins Truppen in Georgien einmarschierten. Es folgten Einladungen in den Kreml, umstrittene Besuche von FPÖ-Politiker in Tschetschenien. 2016 dann schloss die FPÖ ein Kooperationsabkommen mit "Einiges Russland." Die Kontakte wurden um so intensiver, je mehr Russland international isoliert wurde, sagt Anton Schechowzow. Sein Spezialgebiet: Der Einfluss Moskaus auf Europas Rechtsextreme.

Russlands Präsident Putin tanzt mit Österreichs Außenministerin Kneissl auf ihrer Hochzeit im August 2018Bild: Reuters/R. Schlager

"Rechtsextreme Organisationen und Parteien gehören zu den wenigen politischen Kräften in Europa, die immer noch mit dem Kreml kooperieren." sagt der in Wien lebende ukrainische Forscher.  Moskau brauche Verbündete im Westen. "Ein Grund ist die Wirkung auf die Bevölkerung in Russland: Um zu zeigen, dass Russland nicht isoliert ist."

Ein System des Gebens und Nehmens

Für die FPÖ und andere rechtspopulistsiche Parteien in Europa springen dabei Auftritte in russischen Medien heraus - Aufmerksamkeit ist eine harte Währung für Politiker. Das System ist darauf angelegt, dass beide Seiten profitieren, erklärt Schechowzow: "Wenn FPÖ-Politiker als Wahlbeobachter beim sogenannten Referendum auf der Krim auftreten, dann folgt darauf die Einladung zu einer Konferenz oder Tagung in Moskau. Dort sprechen sie dann mit russischen Medien." Vollkommen egal sei dabei, ob die rechtspopulistischen Politiker in der Vergangenheit durch rechtsextreme Äußerungen aufgefallen sind: "Es ist völlig unerheblich, ob es sich um frühere oder aktive Neo-Nazis handelt. Wichtig ist nur, dass sie Mandatsträger sind."

Der in Wien lebende ukrainische Politologe Anton Schechowzow untersucht die Verbindungen des Kreml zu Europas RechtspopulistenBild: Legatum Institute

Für Russland gehe es dabei aber nicht nur um die Legitimation ihrer eigenen Politik, sondern auch darum, die Folgen der internationalen Isolation abzumildern. Rechtspopulisten von der FPÖ und aus anderen EU-Ländern sollen der russischen Regierung helfen, Kontakt zu mittelständischen Unternehmen aufzubauen, berichtet Schechowzow. Unternehmen, die zum Beispiel im besetzten Donbas in der Ostukraine oder auf der annektierten Krim-Halbinsel investieren wollen. Trotz der internationalen Sanktionen gegen Russland.

Es ist also ein System  des Gebens und Nehmens, das die FPÖ-Politiker Strache und Gudenus bestens kannten, als sie im Sommer 2017 die vermeintliche russische Oligarchen-Nichte kennenlernten. Und sie wussten, dass dubiose russische Kontakte zwar in den Medien und beim politischen Gegner als schwierig galten - der eigenen Wählerschaft aber im Zweifel egal sind, wie ORF-Journalist Andreas Joelli berichtet: "Die FPÖ richtet sich vor allem an Wähler, die sich benachteiligt und abgehängt fühlen, denen ist das österreichische Hemd näher als die russische Jacke."

Höhepunkt der FPÖ-Kreml Connection: 2016 reisen FPÖ-Politiker nach Moskau, um ein Kooperationsabkommen mit der Putin-Partei "Einiges Russland" zu unterzeichnenBild: picture Alliance/dpa/FPÖ Linz

FPÖ wird Kreml-Kontakte nicht abbrechen

Der Skandal werde der FPÖ in der kommenden Europa-Wahl durchaus Stimmen kosten, glaubt Joelli. Dabei werde aber nicht die unkritische Nähe der Partei zum Kreml als das Problem gesehen. Mit Johann Gudenus hat der Haupt-Kontakt der FPÖ nach Moskau die Partei inzwischen verlassen, dennoch sei ein Kurswechsel nicht zu erwarten, so Joelli: "Die FPÖ wird auch weiterhin ihre Russland-Kontakte pflegen, das geht weit über den Haupt-Kontaktmann Johann Gudenus hinaus. Bis hin zum neuen Parteichef Norbert Hofer."

Der hatte damals das Kooperationsabkommen der FPÖ mit der Putin-Partei "Einiges Russland" mit unterzeichnet. Aus Moskau war dieser Tage nur wenig zu hören. Nur ein Dementi: die russische Oligarchen-Nichte kenne man nicht. Und der Oligarch selbst gab zu Protokoll, dass er gar keine Nichte habe.

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