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Nach der Dürre ist vor der Dürre

Tim Schauenberg
3. Mai 2019

Die europäische Dürre vom vergangenen Jahr wirkt bis heute nach. Auf Jahre könnten die Böden in Mittel- und Osteuropa zu trocken bleiben. Landwirte müssen schon jetzt ihre Felder wässern. Experten fordern ein Umdenken.

Trockenes Feld: Die Felder von Landwirt Markus Schwarz sind jetzt schon rissig.
Bild: DW/T. Schauenberg

Markus Schwarz rammt den Spaten in den Boden. Der Wind weht die trockene Erde von seiner Schaufel den kahlen Acker hinunter. An dem Loch zeigt er den Zustand seines Ackerbodens. "Wir sehen hier, dass die Oberfläche, die ersten 10 Zentimeter staubtrocken sind. Eigentlich müsste es hier schon etwas feucht sein, damit die Pflanzen Wurzeln schlagen können", sagt er.

Schwarz baut im Rheinland im Westen Deutschlands auf 150 Hektar Salat, Brokkoli, Erdbeeren und Blumenkohl an. Seit Tagen scheint die Sonne, es hat seit Wochen nicht geregnet und das Thermometer erreicht über die Ostertage 25 Grad. "Für die Menschen mag das schön sein. Wir machen uns langsam Sorgen, dass dieses Jahr genauso wird wie das letzte." Denn wie im vergangenen Jahr sind seine Felder viel zu trocken und das schon jetzt im Frühjahr.

Die Erde auf den Feldern von Landwirt Markus Schwarz sind nach der Dürre vergangenen Sommer viel zu trockenBild: DW/T. Schauenberg

Zur Erinnerung: 2018 war nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes DWD mit nur 243 Tagen Niederschlag das vierttrockenste Jahr in Deutschland seit 1881. Auf zwei bis drei Milliarden Euro Ernteausfälle beziffert der Deutsche Bauernverband den Schaden durch die extreme Trockenheit.

Mehr dazu: Dürre: Millionenhilfe für deutsche Bauern

Markus Schwarz musste seine Felder von Juli bis Ende September rund um die Uhr mit Beregnungsanlagen wässern, dadurch hatte er nur minimale Ernteverluste. Doch seine Wasserkosten verdreifachten sich. Mit der Hitze schmolzen auch die Einnahmen.

Trockene Böden trotz Regen

Obwohl es in Deutschland im vergangenen Winter mit 210 Liter pro Quadratmeter normal geregnet hat, ist der Acker von Markus Schwarz schon im April zu trocken für sein junges Gemüse.  

Den Grund erklärt Corina Schube vom Deutschen Wetterdienst: "Die Regenfälle des Winters konnten das enorme Defizit, das der extrem heiße und trockene Sommer 2018 geschaffen hat, einfach nicht ausgleichen. Wir haben im Boden pro Quadratmeter zwischen 200 und 300 Liter Wasser zu wenig."

Der Agrarwissenschaftler der Universität Göttingen Peter Gerandt ergänzt: "Die Situation ist an vielen Standorten sehr sehr angespannt. Die Niederschläge des Winters reichen mancherorts gerade mal aus, um die obersten 20 Zentimeter mit Feuchtigkeit aufzuschwemmen."

Permanent ausgetrockneter Boden ist ein Problem, das man vor allem aus trockenen subtropischen Regionen kennt, aber nicht aus Deutschland. Schon gar nicht in diesem Ausmaß.

Mehr dazuDürre, Hitze, schlechte Ernte: Bauern spüren den Klimawandel

Bei Messungen stellte Gerandt fest, dass die Wasservorräte durch die Dürre im vergangenen Jahr im Raum Göttingen - im Nordwesten Deutschlands - in bis zu zwei Meter Tiefe ausgeschöpft sind. Das liegt zum einen vor allem an Pflanzen wie Raps und Mais, die viel Wasser benötigen, aber auch an Weizen und Zuckerrüben, deren lange Wurzeln tiefer liegende Wasserreserven erschöpfen. Die untersuchten Böden werden Jahre brauchen, um sich davon zu erholen, sagt Gerandt.

Damit aber nicht genug. Durch weiterhin fehlendes Wasser reduziert sich der Nährstofftransport aus dem Boden zu den Pflanzen. Die Folge: Nährstoffe aus Dünger bleiben im Boden und verursachen bei Regen höhere Nitratgehalte im Grundwasser.

Zieht dann doch ein Gewitter über die Felder, kann der Boden die Wassermengen nicht schnell genug aufnehmen. Durch das abfließende Wasser würde der wertvollen Humusboden teilweise abgetragen und vom Acker geschwemmt, erklärt Gerandt.

Das Problem übertrockneter Böden haben nicht nur deutsche Bauern. Europaweit war die Bodenfeuchtigkeit im April unterdurchschnittlich. Vor allem Länder in Ost- und Nordeuropa waren im vergangenen Jahr von Dürre betroffen. Jetzt könnte eine neue drohen: "Die Häufigkeit und Intensität von Dürren wird aufgrund des Klimawandels zunehmen", sagt Sergiy Moroz, Senior Policy Officer für Wasser und Biodiversität der Brüsseler Nichtregierungsorganisation European Environmental Bureau.

Moroz appelliert für eine nachhaltige und effizientere Wassernutzung. Der Wassermangel dürfe auf keinen Fall dazu führen, dass Wasserschutznormen gelockert würde und sich der Verbrauch von Grundwasser erhöht. "Das sind keine zukunftsfähigen Lösungen. Die Landwirte müssen vorbereitet sein und sich an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen, anstatt den Betrieb wie gewohnt aufrechtzuerhalten", fordert Moroz.

Bewässerung ist nicht die ultimative Lösung

Sollte dieses Jahr ähnlich trocken werden wie das vergangene, wird es dort, wo nicht bewässert wird zu "enormen Ernteverlusten kommen, die jene des Jahres 2018 massiv übertreffen werden", prognostiziert Peter Gerandt für Deutschland.

Bei der Bewässerung der Felder nutzen die Bauern Grundwasser. Aber auch diese Reserven werden sich irgendwann dem Ende zuneigen, wenn Regen die Wasserspeicher im Boden nicht wieder auffüllt, gibt Peter Gerandt zu bedenken. "Ohne Regen geht es nicht. Gibt es ein zweites, drittes, viertes oder fünftes trockenes Jahr - wir hoffen nicht, dass das passiert - dann muss man sehen, wo kommt das Wasser her? Ich kann es nicht aus Talsperren nehmen, aus dem Grundwasser auch nicht mehr. Bewässerung ist nicht die ultimative Lösung."

Markus Schwarz muss bereits seit Mitte April seinen Romanasalat und die anderen Pflanzen gießen. Für den nächsten Tag ist im Rheinland Gewitter und Regen angekündigt. "Endlich", sagt Schwarz, "wir brauchen am besten zwei, drei Wochen leichten Regen. Dann wird alles gut." Und tatsächlich gießt es gegen Abend wie aus Eimern. - Doch nach einer Stunde ist es mit dem Regen auf seinen Felder wieder vorbei. Er wird die Beregnungsanlage weiter brauchen. 

Landwirte leiden unter Dürre

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