Katar bekundet offiziell sein Interesse an den Olympischen Spielen 2032. Seit Jahren richtet das Golfemirat eine WM nach der anderen aus und erhöht damit seine Olympiachancen - trotz Menschenrechtsverletzungen.
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Katar gibt nicht auf. Nachdem das Golfemirat mit seinen Bewerbungen für die Olympischen Sommerspiele 2016 und 2020 bereits in der Vorauswahl durch das Sieb des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gefallen war, wirft Katar nun für 2032 erneut seinen Hut in den Ring. "Noch niemals wurden im Nahen Osten Olympische Spiele ausgetragen", sagte Scheich Joaan bin Hamad bin Khalifa Al-Thani. Das Mitglied der katarischen Herrscherfamilie ist Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees, das jetzt gegenüber dem IOC offiziell sein Interesse an einer Ausrichtung der Spiele 2032 in der Hauptstadt Doha bekundete.
Damit könnte Katar zu einem Konkurrenten der Rhein-Ruhr-Region werden, die ebenfalls mit der Gastgeberrolle in zwölf Jahren liebäugelt. "Seit vielen Jahren leistet der Sport einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung unserer Nation", sagte Scheich bin Hamad. "Von Leichtathletik bis Radsport, von Turnen bis Fußball, von Tennis bis Volleyball hat sich Katar den Ruf eines Weltklasse-Ausrichters von Sportgroßveranstaltungen verdient."
Kaum Zuschauer, große Hitze
Beinahe im Jahrestakt waren zuletzt internationale Sportverbände dem Lockruf des katarischen Geldes gefolgt und hatten in dem Golfstaat ihre Weltmeisterschaften ausgetragen: 2015 im Handball, 2016 im Radsport, 2018 im Turnen, 2019 in der Leichtathletik.
Von einem Weltklasse-Ausrichter Katar redete danach allerdings kaum jemand, Kritik gab es dafür umso mehr. An der geringen Zahl an Zuschauern und der dadurch fehlenden Atmosphäre. An der brüllenden Hitze, die Radfahrer und Leichtathleten kollabieren ließen. Am ökologischen Wahnsinn eines klimatisierten Stadions ohne Dach.
IOC-Chef Bach machte Katar Hoffnung
Doch alle diese Weltmeisterschaften und auch regelmäßig in Katar ausgetragene Veranstaltungen wie Formel-1-Rennen, Golf- oder Reitturniere waren nicht mehr als eine Ouvertüre für die geplanten beiden Mega-Coups: Im November und Dezember 2022 richtet Katar mit der Fußball-Weltmeisterschaft das größte Sportereignis der Welt aus, das bedeutendste soll zehn Jahre später mit den Olympischen Sommerspielen folgen. Der Weltfußballverband FIFA hat sich bereits unter fragwürdigen, nie ganz geklärten Umständen von Katar um den Finger wickeln lassen, das IOC könnte folgen.
"Es liegt an Katar. Ich kann mir vorstellen, dass Katar eines Tages ein Kandidat für die Ausrichtung der Olympischen Spiele sein wird", sagte IOC-Präsident Thomas Bach Ende 2016 bei einem Besuch in Doha. Auch zur Eröffnungsfeier der Leichtathletik-WM 2019 weilte der IOC-Chef in dem Golfemirat und schüttelte die Hände der Scheiche.
Sportswashing
Verstöße gegen die Menschenrechte in Katar haben Sportfunktionäre bisher nicht davon abgehalten, Großereignisse an den Golfstaat zu vergeben. So weisen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch seit Jahren auf unmenschliche Arbeitsbedingungen auf den Baustellen der Fußball-WM hin. Die Presse Katars werde zensiert, Oppositionelle würden ohne Angaben von Gründen verhaftet, immer wieder gebe es auch Berichte über Folter in den Gefängnissen des Golfstaates. Davon wolle Katar mit großen, glanzvollen Sportveranstaltungen ablenken, beklagen die Menschenrechtsorganisationen. "Sportswashing" nennen sie diese Strategie.
Große Hitze und neugierige Kameras - die Probleme der Leichtathletik-WM
Athleten und Mediziner hatten es schon vor der Leichtathletik-WM in Katar befürchtet: Die große Hitze macht den Sportlern zu schaffen, die Kritik ist laut, die Ränge dagegen leer - und auch sonst stimmt einiges nicht.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Weiken
Wettkämpfe im Backofen von Doha
Doha im September: Temperaturen von über 40 Grad Celsius sind normal. Selbst nachts bleibt das Thermometer meist bei über 30 Grad stehen, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 73 Prozent. Die Athleten behelfen sich mit Kühlwesten und elektrischen Pillen. Dass die extremen Wetterbedingungen eine große Herausforderung darstellen, war bereits im Vorfeld klar. Aber dass es so extrem wird, wohl nicht...
Bild: picture-alliance/Newscom/J. Mochizuki
Runtergekühltes Stadion
Das Khalifa-Stadion von Doha wird während der WM dank aufwendiger Klimatisierung zwar auf angenehme 25 Grad heruntergekühlt, doch löst auch das nicht alle Probleme. Im Gegenteil: Die extremen Temperaturunterschiede zwischen Stadion-Innerem und Umgebung sind für die Athleten eher eine zusätzliche Belastung. Außerdem finden natürlich nicht alle Wettbewerbe im "Stadion-Kühlschrank" statt.
Bild: picture-alliance/L. Perenyi
Kollaps im 5.000-Meter-Rennen
Zwar finden die 5.000-Meter-Läufe im Innenraum des Khalifa-Stadions statt, doch für Läufer Jonathan Busby sind die extremen klimatischen Bedingungen und der Wechsel zwischen drückender, feuchter Hitze und dem runtergekühlten Stadion mit seiner geringen Luftfeuchtigkeit offenbar zuviel. Zuerst taumelt der Mann aus Aruba, dann fällt er völlig entkräftet auf die Bahn.
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Gemeinsam über die Ziellinie
Braima Suncar Dabo aus Guinea-Bissau zeigt sich als großer Sportsmann und stützt Busby auf den letzten 200 Metern. Die Ziellinie überqueren beide unter dem Jubel der Zuschauer gemeinsam - ein Moment, der die Herzen der Sportfans bei der wohl umstrittensten WM der Geschichte höher schlagen lässt. Das Happy End bleibt aber aus: Busby wird nachträglich wegen "unerlaubter Hilfe" disqualifiziert.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Weiken
Schwere Vorwürfe von Athleten
Nicht alle Athleten sorgen für positive Bilder und Schlagzeilen. Geher Yohann Diniz - Weltmeister von 2017 - findet nach dem Wettbewerb über 50 Kilometer Gehen, den er nach 20 Minuten abgebrochen hatte, deutliche Worte: "Da draußen haben sie uns in einen Backofen geschoben. Sie haben aus uns Meerschweinchen gemacht, Versuchstiere", so der Franzose in Richtung der Verantwortlichen.
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Qualen beim Frauen-Marathon
"Es war schrecklich. Ich habe mich noch nie so schlecht gefühlt", sagte die Italienerin Sara Dossena, die nach einem Viertel der Marathon-Distanz abbrechen musste. "Es war beängstigend, einschüchternd und entmutigend", bilanzierte die Kanadierin Lyndsay Tessier nach dem denkwürdigen Rennen in der Hitze von Doha, das nur 40 der 68 gestarteten Athletinnen beenden konnten.
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Alina Reh klappt zusammen
Für die deutsche Hoffnung im 10.000-Meter-Lauf ist ebenfalls vorzeitig Schluss. Alina Reh krümmt sich mit Bauchschmerzen und beendet das Rennen - allerdings spielt hier die Hitze nicht die entscheidende Rolle. Die 22-Jährige kann später Entwarnung geben: "Mein Bauch ist noch etwas flau, aber sonst geht es mir körperlich gut", sagt die mehrfache Junioren-Europameisterin am Tag danach.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Meissner
"War ziemlich in Panik"
Die Bilder vom Vorabend bleiben ihr aber wohl genauso im Kopf wie den Zuschauern: Nachdem Reh unter Schmerzen zusammengesackt war musste sie im Rollstuhl von der Laufbahn zur Untersuchung gefahren werden. "Ich wurde gleich gut betreut und habe mich gut aufgehoben gefühlt. Vom Kopf her ist es jetzt schwierig, ich brauche noch ein bisschen, um das für mich zu sortieren", sagte Reh im Anschluss.
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Ärger um Startblockkameras
Eine technische Neuerung in den Startblöcken soll der Leichtathletik weltweit wieder Auftrieb geben. Um spektakuläre, gut vermarktbare Bilder aus Doha zu produzieren, sind in den Startblöcken Kameras eingebaut, die bislang nicht gekannte Nahaufnahmen der Sportlergesichter liefern. Das stößt allerdings nicht bei allen Athleten auf Gegenliebe.
Bild: Getty Images/C. Petersen
"Sehr unangenehm"
Deutschlands Sprint-Star ist mit der technischen Neuerung nicht einverstanden: "In den knappen Sachen über diese Kamera zu steigen [...] finde ich sehr unangenehm. War an der Entwicklung dieser Kamera eine Frau beteiligt? Ich glaube nicht", sagte Gina Lückenkemper. Teamkollegin Tatjana Pinto ("sehr fragwürdig, die Kamera da zu platzieren") ließ erkennen, dass auch sie kein Fan davon ist.
Bild: picture-alliance/L. Perenyi
Keiner da
Ein zusätzliches Ärgernis sind die leeren Ränge in der Arena von Doha. Da findet Weltklasse-Leichtahtletik statt und keinen interessiert es. Auch Highlights, wie das 100-Meter-Finale der Frauen (Foto), füllen die Ränge nicht. Gina Lückenkemper findet die Stimmung bei ihrer dritten WM daher auch: "Eher mies!"