Wahl in Norwegen: Sozialdemokraten gewinnen, Rechte wächst
9. September 2025
Es ist ein Trend in Europa: Ob in Deutschland, Frankreich oder Italien - in vielen Ländern werden die rechtspopulistischen Parteien immer stärker. So auch in Norwegen. Bei der Parlamentswahl konnte Ministerpräsident Jonas Gahr Støre mit seinen Sozialdemokraten den ersten Platz zwar verteidigen. Doch die rechtspopulistische Fortschrittspartei verdoppelte ihren Stimmenanteil und ist somit zweitstärkste Kraft.
Knappes Ergebnis
"Wir wussten, dass es knapp werden würde, und das wurde es", sagte Støre nach der Wahl zu seinen Anhängern. "Wir wussten, dass wir alles geben mussten und wir haben alles gegeben. Wir haben es geschafft."
Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge erhielt Støres Partei 28,2 Prozent aller Stimmen. Der 65-Jährige, der seit 2021 Ministerpräsident ist, hat somit gute Chancen auf eine zweite Amtszeit. Die rechtspopulistische Fortschrittspartei erzielte 23,9 Prozent. Drittstärkste Kraft wurden die Konservativen (Høyre) der ehemaligen Ministerpräsidentin Erna Solberg mit 14,6 Prozent.
Laut den vorläufigen Ergebnissen kommen die fünf Parteien des Blocks links der Mitte zusammen auf 87 Mandate im Parlament. Bei 169 Sitzen im norwegischen Stortinget bedeutet das für sie eine knappe Mehrheit. Alle Parteien des rot-grünen Lagers hatten im Wahlkampf ihre Unterstützung für eine von Støre geführte Regierung bekundet. Støre steht seit 2021 an der Spitze einer Minderheitsregierung. Die Wahl war von Sorgen über steigende Lebenshaltungskosten und die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen geprägt.
Schwieriges Regieren
Der 65-jährige Støre bleibt damit für wichtige Gesetzesvorhaben wie den Haushalt auf seine kleineren Bündnispartner angewiesen. Für deren Unterstützung dürfte er vor schwierigen Verhandlungen über Themen wie Steuererhöhungen für Wohlhabende, die künftige Ölförderung und den Abzug von Geldern des staatlichen Ölfonds aus israelischen Unternehmen stehen.
"Støre wird als Ministerpräsident weitermachen, aber in einer weitaus schwierigeren parlamentarischen Situation. Zum Regieren ist er von fünf Parteien abhängig", sagte Jonas Stein, Politikwissenschaftler an der Universität Tromsø, der Nachrichtenagentur Reuters.
Thema der Fortschrittspartei: Steuersenkungen
Die einwanderungskritische Fortschrittspartei fand mit ihrem Versprechen, die Steuern deutlich zu senken, offenbar bei vielen Wählern Anklang. Die 47-jährige Parteichefin Sylvi Listhaug, die den früheren US-Präsidenten Ronald Reagan und die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher als ihre Vorbilder nennt, warb im Wahlkampf damit, aus ihrer Sicht verschwenderische öffentliche Ausgaben etwa für Entwicklungshilfe und Subventionen für grüne Energien zu kürzen. Erhebungen am Wahlabend zufolge stimmten insbesondere Jungwähler und gerade Männer für die Rechtspopulisten.
Die Zusammensetzung des norwegischen Parlaments hat für ganze Europa Bedeutung. Das skandinavische NATO-Land ist zwar kein Mitglied der EU, mit ihr aber als Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) eng verbunden. Zudem ist Norwegen infolge des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland zu einem der bedeutendsten Energielieferanten Europas aufgestiegen.
fab/se (dpa, rtr, afp)