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China und der "Compact with Africa"

Hans Spross
11. Juli 2017

Die G20 wollen private Investitionen in Afrika fördern und damit Beschäftigung schaffen. China geht mit massiven Infrastruktur-Investitionen im südlichen Afrika seit Jahren voran. Ist es ein Vorbild für den "Compact"?

G20 Gipfel in Hamburg | Conde & Jinping & Zuma
Bild: Reuters/J. MacDougall

Vor allem die deutsche Wirtschaft hält sich bislang zurück, sie ist nur mit etwa 1000 Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent vertreten und rangiert als Investor im internationalen Vergleich unter "ferner liefen". Stefan Liebing vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft hält ein stärkeres staatliches Engagement für unabdingbar, damit sich das ändert: "Gerade vorsichtige Familienunternehmen aus dem deutschen Mittelstand werden nicht allein nach Afrika gehen, weil ihnen in vielen Fällen die Risiken noch zu groß sind. Daher benötigen wir eine neue Form der Risikoaufteilung zwischen öffentlicher und privater Seite, wie das unsere Wettbewerber aus Asien bereits lange praktizieren."

Wettbewerber aus Asien: Damit ist in erster Linie China gemeint, seit mindestens zehn Jahren der immer wichtiger werdende Player in Afrika, der allein 2016 mehr als doppelt so viele neue Direktinvestitionen in Afrika getätigt hat wie die USA. China ist laut einer aktuellen Studie der Beratungsfirma McKinsey mit rund 10.000 Unternehmen in Afrika präsent, andere Schätzungen gegen sogar von einem Vielfachen dieser Zahl aus. Das sind nicht nur Staatsbetriebe, sondern mittelgroße Betriebe und auch "eine große Zahl kleiner Unternehmer, die in Afrika Fuß fassen", wie der Internationale Währungsfond (IWF) in einer aktuellen Studie schreibt.

Chinas Infrastrukturprojekt in MaliBild: picture-alliance/Photoshot

Chinas vielfältige Wirtschaftsaktivitäten in Afrika

Und es sei längst nicht mehr nur das Modell "Rohstoffe gegen Infrastruktur" (z.B. Kupfer gegen Eisenbahnstrecken), das China in Afrika verfolgt, wie Robert Kappel vom Hamburger GIGA-Institut für Afrika-Studien im Gespräch mit der DW erklärt. "Heute ist eine viel stärkere Diversifizierung der chinesischen Investitionen festzustellen, die in allen möglichen Bereichen getätigt werden, zum Beispiel Hotelbau, Tourismus, Nahrungsmittelindustrie, landwirtschaftliche Produktion, verarbeitende Industrie, wo lokale Produkte weiterverarbeitet werden, Metallproduktion, Reparaturbetriebe, ganz abgesehen vom Handel."

Vielfalt der Branchen und Vielfalt der Unternehmensgröße zeichnen also Chinas Aktivitäten in Afrika aus. Aber vor allem eine dritte Sache macht den Unterschied zur ausländischen Konkurrenz, wie Robert Kappel sagt, nämlich das langfristige strategische Denken. "Viele westliche  Unternehmen können solche Langfriststrategien gar nicht haben, weil sie jährlich danach bewertet werden, ob sie Gewinne machen. Wenn man keine Gewinne macht, geht man möglicherweise wieder aus dem Geschäft raus." Und deshalb sei China mit seinen Staatsunternehmen und den vielen Tausenden kleinen und mittleren Unternehmen auch in Afrika so stark geworden.

Stefan Liebing vom Afrika-Verein der deutschen WirtschaftBild: Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V.

Vorteil durch staatliche Rückendeckung

Es ist die staatliche Rückendeckung, auf die Chinas Unternehmen bauen können, die bislang auf deutscher Seite gefehlt hat, wie Stefan Liebing von Afrika-Verein kritisiert. Chinesische Unternehmen seien "ausgesprochen gut darin, ganze Lösungspakete mit Hilfe staatlicher Finanzierung anzubieten." Deshalb sollte auch die Förderung der deutschen Wirtschaft "als selbstverständliches Element der Entwicklungszusammenarbeit" behandelt werden - eben genauso wie es auch die Chinesen machen.

Zwar mache Deutschland viele Dinge anders als China, zu Recht, so Liebing, "dennoch können wir auch von den Chinesen lernen." Wesentlich mehr Geld als die geschätzten 1,6 Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe gebe China für Handelsförderung und staatliche Kredite aus und betrachte diese ebenfalls als Entwicklungszusammenarbeit im weiteren Sinne. "Wenn die Bundesregierung hier jetzt einen ähnlichen Weg einschlagen und sogar mit China kooperieren will, kann das nur von Vorteil sein - für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents und für die deutsche Wirtschaft."

Chinas Seidenstraße-Initiative OBOR

Bisher kein "Jobwunder" durch Chinas Investitionen

Aber was bedeutet der chinesische Erfolg als Investor in Afrika für die Schaffung von Arbeitsplätzen? Hierzu Robert Kappel: "Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben vor allem den afrikanischen Markt im Auge und schaffen auch Beschäftigung. Oft sind es auch Chinesen, die Familie, die mitgenommen wird. Aber es werden auch einheimische Arbeitsplätze durch Chinesen geschaffen."

Stefan Liebing vom Afrika-Verein ist da skeptischer und stellt einen Vergleich an: "Die knapp 1000 deutschen Unternehmen, die in Afrika investieren, beschäftigten immerhin 200.000 Arbeitnehmer direkt. Bei jährlich 20 Millionen Arbeitsplätzen, die zusätzlich benötigt werden ist das bislang natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein", räumt Liebing ein. China jedoch habe im Vergleich zu Deutschland in den letzten Jahren mit seinen zwölf Milliarden Dollar an Investitionen und rund 40.000 Unternehmenaber gerade nur rund 48.000 Arbeitsplätze geschaffen.

Dr. Robert Kappel vom Hamburger GIGA-InstitutBild: Werner Bartsch

Grund dafür sei, dass die Chinesen in den Rohstoffsektor investieren, in die Bauindustrie und auch in den Finanzsektor, wo nicht unbedingt Arbeitsplätze entstehen. China investiere zwar auch in die verarbeitende Industrie, wie beispielsweise in Schuhfabriken. Das seien aber "einzelne kleine Industriezonen", wo China auch Arbeitsplätze schafft. "Die werden aber häufig sehr schlecht bezahlt und entsprechen nicht den internationalen Standards", merkt der Sprecher der deutschen Wirtschaft in Afrika kritisch an.

Kooperation mit China - aber wie?

Beide Afrika-Experten, der Wirtschaftsvertreter und der Wissenschaftler, sehen Kooperationsfelder zwischen Deutschland und China bei der Umsetzung des "Compact". Allerdings unterschiedliche: Liebing setzt vor allem auf größere Chancen für deutsche Beteiligung an Infrastrukturprojekten. Kappel dagegen meint, dass man gemeinsam mit China den Compact durch "beschäftigungswirksame Maßnahmen" ergänzen müsse. Hier sei "eine Schwachstelle des Papiers der G20", es dürfe eben nicht nur um große Infrastrukturprojekte gehen. "Die Regierungen vor Ort müssen ein System der Förderung und Investitionsanreize bieten, das die lokale Industrie mit den großen Investitionen aus dem Ausland verknüpft."

Chinas Staatskonzern CRCC in Benguela/AngolaBild: DW/N. sul Angola

Auch der der IWF scheibt von einer "bleibenden Herausforderung" im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen in Afrika. Es müssten "geeignete politische Rahmenbedingungen" geschaffen werden, damit diese Investitionen den größtmöglichen Nutzen entfalten. Sie müssten der lokalen industriellen Kapazität zugute kommen, damit die Länder gegen den nächsten Absturz der Rohstoffpreise gewappnet sind. 

 

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