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Rennen um die Marktmacht: ChatGPT versus Gemini

4. Dezember 2025

Durch das neueste KI-Modell von Google, Gemini 3, gerät OpenAI unter Druck und will nachziehen. Der Wettlauf um die KI-Vormacht geht weiter, während immer mehr Wettbewerber auf den Markt drängen.

A.I. Digital Brain
OpenAI, Alphabet - das Rennen um die Vormacht bei KI ist in vollem Gang. Inzwischen kämpfen auch viele kleinere Wettbewerber um einen Teil vom Kuchen.Bild: Alexander Limbach/Zoonar/picture alliance

Derzeit geht es Schlag auf Schlag. Laut Medienberichten plant OpenAI in der kommenden Woche ein neues Reasoning-Modell zu veröffentlichen, das in internen Bewertungen angeblich vor Gemini 3 liegt. Das berichtet das Online-Magazin the decoder unter Berufung auf Brancheninsider.

Erst im November hatte Alphabet seine neueste KI-Version vorgestellt. Gemini 3 hat in branchenüblichen Benchmark-Tests in einigen Bereichen ChatGPT, das KI-Modell von OpenAI, übertrumpft.

Ein Schock für OpenAI. Seit 2022 führte OpenAI das Rennen im Bereich KI, nachdem es 2022 mit seinem KI-Modell ChatGPT die Öffentlichkeit sprachlos gemacht hatte. Es war ein Triumph über den Riesen Alphabet, der bis dahin als führend in Sachen KI galt.

Es folgte die Jagd um die Marktvormacht in der KI-Welt. Ob OpenAI überhaupt noch einen Vorsprung hat, ist nicht mehr eindeutig.    

Sam Altman hat nach der Veröffentlichung von Gemini 3 für sein Unternehmen den "Code Red" ausgerufenBild: Rodrigo Reyes Marin/ZUMA Press Wire/picture alliance

Dementsprechend drastisch war die Reaktion bei OpenAI: Sam Altman, der Chef von OpenAI, soll seinen Mitarbeitern in einem internen Memo mitgeteilt haben, dass er einen "Code Red" ausrufe, so zitiert das Wall Street Journal einen Bericht von the informant. Die Mitarbeitenden sollten sich erst einmal auf ChatGPT konzentrieren und andere Produkte hintenanstellen.

Es geht nicht mehr nur darum, welches Modell am besten ist

"Inzwischen geht es nicht mehr nur darum, die besten Modelle zu entwickeln, sondern auch um den Zugang zu Rechenleistung und der Möglichkeit Umsatz zu generieren", sagt Adrian Cox, Analyst bei Deutsche Bank Research. OpenAI habe zunächst geführt, weil das Unternehmen nach dem Start von ChatGPT ein bis zwei Jahre lang die besten Modelle gehabt hätte.

Mittlerweile würden jedoch andere Modelle aufholen, die zusätzlich den Vorteil hätten, an große Unternehmen angebunden zu sein - wie im Fall von Gemini, sagt Cox. "Sie verfügen über enorme Distributionsmöglichkeiten dank einer riesigen, bereits eingebetteten Online-Nutzerschaft sowie über gewaltige Rechenkapazitäten durch den Zugang zu zahlreichen Rechenzentren."

Während OpenAI mit ChatGPT Geld verdienen muss, kann Google beispielsweise auch auf andere Geldquellen zurückgreifenBild: Jaque Silva/NurPhoto/picture alliance

Noch hat ChatGPT laut Altman mehr als 800 Millionen Nutzer pro Woche. Dagegen kann Alphabet seine KI, Gemini 3, von Anfang an für die Suchmaschine einsetzen, die immer noch der größte Gewinnbringer ist. Die Gemini-App erreiche pro Monat über 650 Millionen Nutzer, heißt es von Sundar Pichai, dem CEO von Alphabet im Google Blog. "Mehr als 70 Prozent der Cloud-Kunden nutzen unsere KI, 13 Millionen Entwickler haben mit unseren generativen Modellen gearbeitet - und das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Wirkung, die wir erleben", so Pichai.

Wann kommt OpenAI aus den roten Zahlen?

Während Google viele Möglichkeiten hat, auch neben der KI Umsatz zu generieren, muss OpenAI seine KI-Modelle zu Geld machen. Derzeit verdient OpenAI an Abonnenten, die den Zugang zu den neuesten ChatGPT-Versionen kaufen. Auch Unternehmen bezahlen dafür, dass sie OpenAI-Produkte in ihre Anwendungen integrieren beziehungsweise fertige Lösungen von OpenAI kaufen. Außerdem integriert Microsoft, das stark in OpenAI investiert hat, die KI in die eigenen Produkte. Trotz dieser Einnahmen ist OpenAI anscheinend nicht profitabel. So wird zumindest Sam Altman in den Medien zitiert.

OpenAI veröffentlicht keine Umsatz- oder Gewinnzahlen. Aber im Sommer habe OpenAI gegenüber Investoren geäußert, dass 2030 das erste Jahr sein werde, in dem ein Gewinn erzielt werde, sagt Cox im Gespräch mit der DW.

Eine weniger optimistische Sicht auf die Geschäftslage von OpenAI hat die Bank HSBC, wie in der Financial Times erläutert wird. Demnach könnte der Umsatz bis 2030 auf 213 Milliarden Dollar wachsen. Allerdings sind für diese Prognose ziemlich viele Annahmen getroffen worden. Selbst wenn OpenAI seinen Umsatz steigern kann - auch die Kosten steigen ständig, so dass es im Endeffekt einen Verlust von über 70 Milliarden Dollar käme, schätzt HSBC.

Riesen-Investitionen, aber wer zahlt?

Und genau da liegt ein Problem. Um im Rennen um die Spitze die Nase vorn zu haben, sind hunderte Milliarden an Investitionen nötig. Vor allem in Rechenzentren, in denen die KI trainiert wird. Während Google für Investitionen auf seine Einnahmen zurückgreifen kann, muss OpenAI das Kapital beschaffen.

Teuer sind unter anderem die riesigen Rechenzentren, die für KI benötigt werden. Davon profitiert der KI-Chiphersteller Nvidia.Bild: La Nacion/ZUMA/picture alliance

Allein in diesem Jahr will Google bis zu 93 Milliarden Dollar in KI investieren. Im kommenden Jahr soll es noch einen "bedeutenden Anstieg" des Investitionsvolumens geben. Der Umsatz der Google-Mutter Alphabet lag im letzten Quartal bei über 100 Milliarden US-Dollar. Vor allem mit Werbung in Zusammenhang mit seiner Suchmaschine kam viel Geld in die Kasse. Auch das Cloud-Geschäft läuft inzwischen gut.

Zudem hat der Konzern eigene KI-Chips entwickelt, die in Google-Rechenzentren eingesetzt werden und so die Entwicklung von KI unabhängiger von teuren Nvidia-Chips machen. Außerdem sollen diese Chips künftig auch extern angeboten werden. Interessenten scheint es zu geben: Meta will einem Medienbericht zufolge in seinen geplanten KI-Rechenzentren Prozessoren von Google einsetzen.

Laut Prognosen gibt es eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass Google bis ins nächste Jahr hinein das beste Modell haben wird - und nicht OpenAI, so Adrian Cox.

"Die große Herausforderung für OpenAI besteht nun darin, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das genügend Einnahmen generiert, um bald eine Milliarde wöchentliche Nutzer zu finanzieren." Es sei noch nicht klar, wie das aussehen wird. "Die Abonnement-Daten deuten darauf hin, dass dies nicht unbedingt ausreichen wird, um die Kosten zu decken", sagt Cox. Deshalb prüfe OpenAI verschiedene Alternativen.

Auch andere Wettbewerber drängen in den Markt

Den Kampf um die Führung bei KI führen aber nicht nur die beiden US-Konzerne. "Im Vergleich zu 2022 gibt es einen deutlich stärkeren Wettbewerb zwischen etablierten Anbietern wie Google und neuen Start-ups wie Anthropic, wenn es um die fortschrittlichsten Modelle geht", erklärt Cox.

Außerdem gebe es einen schnell wachsenden Wettbewerb durch Open-Source-Modelle aus den USA, China und Europa, etwa von Mistral. Diese Modelle seien deutlich kleiner und würden nicht versuchen, direkt mit den größten Modellen von OpenAI zu konkurrieren, so Cox.

Arthur Mensch hat das KI Start-up Mistral gegründetBild: Blondet Eliot/ABACA/picture alliance

"Dennoch bedeutet das, dass Kunden heute eine sehr breite Auswahl haben - zwischen hochentwickelten Modellen und leichten, schnellen und kostengünstigen Open-Source-Modellen, die für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden können", so Cox.

Dagegen kann ChatGPT-5 von OpenAI zwar nahezu alles, ist aber teuer im Betrieb und nicht speziell auf bestimmte Nutzergruppen zugeschnitten.

Dumping-Preise bei KI aus China

Auch in China werden Fortschritte gemacht. So hat der chinesische Suchmaschinenbetreiber Baidu im September sein neues KI-Modell DeepSeek vorgestellt. Dem Unternehmen zufolge liegt dessen Leistung gleichauf mit GPT-5 von OpenAI und Gemini 2.5 Pro von Google.

China verfolgt vor allem wieder die Politik, die eigenen Produkte zu Dumping-Preisen in die westlichen Märkte zu drücken, um die dortige Konkurrenz auszuschalten. Solarenergie, Stahl, E-Autos - Beispiele wie erfolgreich China damit sein kann, gibt es einige. Im November warnte Nvidia-Chef Jensen Huang auf X, dass China das Rennen um die KI-Vorherrschaft gewinnen könnte: "Wie ich es schon seit langem sage, China liegt nur Nanosekunden hinter Amerika in Sachen KI".

"Wir sehen eine Art Zweiteilung des Marktes zwischen kleinen, leichten, günstig zu produzierenden und zu nutzenden Open-Source-Modellen, die für spezifische Aufgaben angepasst werden können, und auf der anderen Seite den großen, allgemeinen, ausgefeilten proprietären Modellen von Unternehmen wie OpenAI", sagt Cox. "Ich glaube nicht, dass es eine gegenseitige Verdrängung geben wird, weil je mehr Intelligenz verfügbar wird, desto mehr Anwendungen finden Menschen."

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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