1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mögliche Szenarien nach Trumps Corona-Test

Andreas Noll
2. Oktober 2020

US-Präsident Donald Trump hat bekannt gegeben, dass er sich mit Corona infiziert hat. Auch seine Frau Melania hat sich angesteckt. Vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl stellen sich auch verfassungsrechtliche Fragen.

USA Washington Donald Trump und Melania
Bild: Carlos Barria/Reuters

45.785 Corona-Neuinfizierte haben die USA am Donnerstag gemeldet. Einer davon ist der US-Präsident Donald Trump selbst. Auch seine Ehefrau Melania hat sich mit SARS-Cov-2 angesteckt.

Kann Trump seine Dienstgeschäfte weiter ausüben?

Der US-Präsident hatte sich mit seiner Frau zunächst in häusliche Quarantäne begeben, wie es den Infektionsschutzregeln in den USA entspricht. Am Freitagabend (Ortszeit) wurde Trump dann ins Walter-Reed-Militärkrankenhaus in Bethesda nördlich von Washington geflogen - als Vorsichtsmaßnahme. Zuvor war dem Präsidenten eine Dosis synthetischer Antikörper des US-Pharmakonzerns Regeneron verabreicht worden. Auch dabei soll es sich um eine "Vorsichtsmaßnahme" gehandelt haben. Im Krankenhaus wird Trump auch mit dem Medikament Remdesivir behandelt. 

US-Präsident Trump nach seiner Ankunft auf dem Gelände des MilitärkrankenhausesBild: Joshua Roberts/Reuters

Sein Leibarzt Sean Conley geht laut einer Mitteilung davon aus, dass Trump die Amtsgeschäfte problemlos weiterführen kann. "Seien Sie versichert, dass ich erwarte, dass der Präsident während der Genesung weiterhin ohne Unterbrechung seinen Pflichten nachkommen wird", teilte Conley mit. Eine Übertragung von Vollmachten an seinen Vizepräsidenten Mike Pence hat bislang nicht stattgefunden.

Bei einer Corona-Infektion ohne Symptome oder einem Krankheitsverlauf mit leichten Beschwerden ist die Arbeitsfähigkeit des US-Präsidenten mutmaßlich nicht eingeschränkt. Das könnte sich allerdings ändern, wenn Trump im Verlaufe seiner SARS-CoV-2-Infektion eine schwere COVID-19-Erkrankung entwickelt, die im schlimmsten Fall zu einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung führen kann.

Ist Trump ein Risikopatient?

Der 74-Jährige gilt allein schon aufgrund seines Alters als Risikopatient. Als 2018 der Gesundheitszustand von Donald Trump im Militärkrankenhaus untersucht wurde, attestierten ihm die Ärzte eine gute Gesundheit. Ihr Bulletin zeigte allerdings auch, dass der bekennende Fast-Food-Fan Trump übergewichtig ist und mehr Sport treiben müsste. Übergewicht zählt ebenfalls zu den Risikofaktoren bei COVID-19.

Bis auf weiteres sind alle Wahlkampfveranstaltungen von Trump abgesagtBild: Leah Millis/Reuters

Laut der US-Gesundheitsbehörde CDC stammen acht von zehn COVID-19-Todesfällen in den USA aus der Altersgruppe der über 65-Jährigen. Und COVID-Erkrankte in der Altersgruppe der 64 bis 74-Jährigen brauchen in den USA fünfmal häufiger eine Krankenhausbehandlung als jüngere Betroffene. Und auch die Sterblichkeitsrate ist in dieser Altersgruppe 90-mal höher als bei Teenagern.

Was passiert bei einer Amtsunfähigkeit des Präsidenten?

Acht von bislang 45 Präsidenten der Vereinigten Staaten sind während ihrer Amtszeit ums Leben gekommen, vier wurden erschossen und vier weitere starben eines natürlichen Todes. Wird der Tod des amtierenden US-Präsidenten festgestellt, übernimmt der Vize-Präsident die Amtsgeschäfte. Das war letztmalig 1963 nach der Ermordung von Präsident John F. Kennedy der Fall, als Lyndon B. Johnson schon wenige Stunden nach dem Attentat auf dem Rückflug von Dallas an Bord der Air Force One als neuer Präsident vereidigt wurde.

Im Falle einer Amtsunfähigkeit in Folge einer Krankheit liegen die Dinge ähnlich - hier greift der 25. Verfassungszusatz, der nach den Erfahrungen aus dem Kennedy-Attentat 1967 umfassend geändert wurde.

Würde bei einer Amtsunfähigkeit von Trump und seinem Vize Pence ins Weiße Haus aufrücken: die Demokratin PelosiBild: AFP/Getty Images/G. Demczuk

Seitdem kann ein Präsident bei krankheitsbedingter Amtsunfähigkeit vorübergehend seinen Stellvertreter als geschäftsführenden Präsidenten einsetzen. Sollte auch der 61 Jahre alte Vizepräsident Mike Pence am Ausüben des Amtes gehindert sein, würde der Mehrheitsführer im Repräsentantenhauses aufrücken. Im aktuellen Fall wäre das die mit 80 Jahren ebenfalls zur Risikogruppe zählende Oppositionsführerin Nancy Pelosi. Weil der Präsident unter anderem die Befehlsgewalt über die US-Atomwaffen hat, muss es zu jedem Zeitpunkt einen handlungsfähigen Präsidenten geben.

Was ist, wenn Trump auch Biden angesteckt hat?

Sollte sich Trump unmittelbar vor der TV-Debatte infiziert haben, ist es eher unwahrscheinlich, dass er während der Sendung auch seinen 77-jährigen Herausforderer Joe Biden angesteckt hat. Ein Corona-Test fiel bei Biden zwischenzeitlich auch negativ aus.

Am Wahltermin 3. November würde eine potentielle COVID-19-Erkrankung seines Herausforderers, genau wie eine Erkrankung von Trump selbst, erst einmal nichts ändern.

Trafen im TV-Studio in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch aufeinander: Trump und sein Herausforderer Joe BidenBild: Morry Gash/Reuters

Wenn eine Partei ihren Kandidaten - aus welchem Grund auch immer - verliert, müsste sie für Ersatz sorgen. Der Platz auf den Wahllisten in den US-Bundesstaaten gehört der Partei und ist nicht an eine Person gebunden.

Bei einem Ausfall von Kandidaten vor der Wahl wären die Parteigremien am Zug. Bei den Demokraten würde das National Committee (DNC) und bei den Republikanern das Republican National Committee (RNC) entscheiden, wer am 3. November für sie ins Rennen geht. Ein automatisches Aufrücken des Vizepräsidentenkandidaten gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Dieses Amt wird erst nach der Wahl vergeben.

Sollte eine Partei allerdings einen neuen Kandidaten für die Wahl benennen, sind rechtliche Schwierigkeiten zu erwarten. Da die Briefwahl bereits angelaufen ist, hätten Bürger dann schon für einen Kandidaten gestimmt, der am Ende gar nicht zur Wahl stand.

Wie geht jetzt der Wahlkampf weiter?

Der Wahlkampf der Republikaner ist vollständig auf Donald Trump und seine Kundgebungen zugeschnitten. Der US-Präsident war in den vergangenen Wochen in den Medien omnipräsent - ganz im Gegensatz zu seinem Herausforderer Joe Biden.

Nach seiner Corona-Infektion kann Trump bis auf weiteres keine Kundgebungen mehr abhalten. Für den Wahlkampf der Republikaner ist das einen Monat vor der Wahl ein schwerer Rückschlag.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen