1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nach und nach freie Hand

Christina Bergmann, Washington19. April 2003

Die USA wollen, dass die UNO schrittweise die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Irak aufhebt. Der erste Millionenauftrag zum Wiederaufbau wurde bereits vergeben. Gute Geschäfte locken - wäre da nicht ein Dilemma.

Die Tanks sollen sich wieder mit irakischem Öl füllenBild: AP

Die Zeitung "New York Times" berichtet am Samstag (19.4.), die US-Regierung wolle in den kommenden Monaten drei oder vier Resolutionen vom UN-Sicherheitsrat verabschieden lassen, um die irakische Wirtschaft nach und nach unter die Kontrolle einer von den USA eingesetzten irakischen Regierung zu bringen. Ziel sei es, dass Irak Schritt für Schritt wieder die "vollständige Kontrolle" über seine Öl-Ausfuhr übernehmen könne. Die USA kein Veto im Sicherheitsrat riskieren, weil der Verkauf irakischen Öls dann als ungesetzlich betrachtet werden könnte. Die Sanktionspolitik müsse aber dennoch geändert werden, "sonst kann Irak nicht wieder aufgebaut werden".

Gibt es den Grund für die Sanktionen noch oder nicht?

Die USA sind mit ihren Koalitionspartnern gegen den Irak vor allem auch deswegen in den Krieg gezogen, weil sie argumentiert haben, dass von den irakischen Massenvernichtungswaffen eine Gefahr für die Welt ausgehe. Wegen dieser Waffen unterliegt der Irak den Sanktionen durch die Vereinten Nationen. Wenn jetzt US-Präsident George W. Bush die Aufhebung der Sanktionen fordert, dann ist die US-Regierung in einem Dilemma: Wenn es im Irak Massenvernichtungswaffen gibt, wie die USA nach wie vor behaupten, dann können die Sanktionen nicht aufgehoben werden. Werden die Sanktionen aufgehoben, müssten die USA eingestehen, dass es keine Massenvernichtungswaffen im Irak gibt.

Verbale Beschwichtigung

In Washington versucht man, dieses Paradoxon herunterzuspielen. Der Sprecher des Außenministeriums, Richard Boucher sagte, das Regime von Saddam Hussein gebe es nicht mehr, also habe sich die Situation im Irak geändert. Es müsse eine neue UN-Resolution geben, sagte er, unter der dann die Sanktionen aufgehoben werden sollen. Wie diese Resolution aussehen solle, darüber würde zur Zeit verhandelt.

Der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz sagte dem US-Fernsehsender Fox, man wolle sicherstellen, dass eine neue irakische Regierung keine Massenvernichtungswaffen mehr hat. "Die Iraker brauchen eine Pause. Die Sanktionen sollten zumindest solange aufgehoben werden, bis sich die Iraker neu organisiert haben. Es gibt keinen Grund, sie jetzt zu sanktionieren."

Millionenauftrag zugeschanzt?

Die US-Regierung hat den ersten Großauftrag zum Wiederaufbau im Irak vergeben. Die kalifornische Baufirma Bechtel erhielt den Zuschlag nach einer streng geheim gehaltenen Ausschreibung, an der sich nur amerikanische Firmen beteiligen durften. Bechtel soll die Wasser-, Abwasser- und die Elektrizitätsversorgung im Irak wieder aufbauen.

Der Auftrag umfasst zunächst 35 Millionen Dollar, könnte aber in den nächsten 18 Monaten auf bis zu 680 Millionen Dollar steigen, wenn er auf die Reparatur von Krankenhäusern, Schulen und Straßen ausgedehnt wird. Einzelheiten über die Pläne der Firma wurden bisher nicht bekannt, ein Sprecher teilte jedoch mit, man wolle auch irakische Arbeiter beschäftigen – und möglicherweise weitere Aufträge an Firmen aus anderen Staaten erteilen.

Andere wollen auch was abhaben

Die Entscheidung dürfte auf wenig Begeisterung bei anderen Nationen stoßen, die ebenfalls an dem Wiederaufbau beteiligt sein wollen, wie zum Beispiel Frankreich und Russland. Beide fordern, dass die Vergabe von Aufträgen unter dem Dach der Vereinten Nationen geschieht. Danach sieht es derzeit nicht aus: Bechtel ist eine der größten Baufirmen der Welt und hat enge Beziehungen zur amerikanischen Regierung.

Der heutige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte sich in den 1980er Jahren bei einem Treffen mit Saddam Hussein persönlich dafür eingesetzt, dass Bechtel den Auftrag für den Bau einer Ölpipeline zugesprochen bekam. Dazu kam es allerdings nie. Zu den Direktoren von Bechtel gehört auch George Shultz, der unter Ronald Reagan Außenminister der USA war. Der Vorstandsvorsitzende Riley Bechtel wurde erst kürzlich in den Stab berufen, der Präsident Bush in Exportfragen berät.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen