Alexander Zverev scheitert beim Rasen-Klassiker direkt zum Auftakt am Franzosen Arthur Rinderknech. Danach spricht Deutschlands Nummer eins im Tennis offen über sein Seelenleben.
Alexander Zverev muss das Turnier in Wimbledon bereits nach der 1. Runde geschlagen verlassenBild: Frank Molter/dpa/picture alliance
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"Ich fühle mich generell gesprochen ziemlich alleine in meinem Leben, was kein schönes Gefühl ist", sagte Alexander Zverev in der Pressekonferenz nach seinem überraschenden Erstrunden-Aus in Wimbledon.
Deutschlands bester Tennis-Profi war mit großen Ambitionen zum Rasen-Klassiker nach London gereist, musste sich nun aber schon in der 1. Runde dem Franzosen Arthur Rinderknech mit 6:7 (3:7), 7:6 (10:8), 3:6, 7:6 (7:5), 4:6 geschlagen geben. Das Match war am Montagabend unterbrochen und 17 Stunden später fortgesetzt worden. Nach 4:40 Stunden Spielzeit verwandelte Rinderknech den Matchball. Danach sprach Zverev offen über seine mentalen Probleme.
Zverev: "Grundsätzliches Gefühl in meinem Leben"
In wichtigen Momenten fehle ihm einfach die Motivation, gab er zu und beschrieb eine Szene aus dem Match gegen Rinderknech. "Es ist dieses: Bei 5:5 im Tiebreak. Okay, ich serviere jetzt mit 136 [Stundenkilometern]. Wenn ich das mache, ist es super. Wenn ich einen Doppelfehler mache, ist auch okay. Das habe ich noch nie gefühlt."
Dabei gehe es nicht nur um den Sport. "Es ist kein Gefühl auf dem Tennisplatz, es ist ein grundsätzliches Gefühl in meinem Leben", sagte er mit leiser Stimme. "Es ist schwierig für mich, außerhalb des Tennisplatzes Freude zu finden."
Zverev wird von Bruder Mischa (l.) und Vater Alexander (r.) betreut und trainiert - auch Freundin Sophia Thomalla (2.v.l.) ist oft bei den Turnieren dabeiBild: David Inderlied/dpa/picture alliance
Zur Linderung seiner mentalen Probleme könne er sich auch eine Therapie vorstellen, so Zverev auf Nachfrage. "Ja, vielleicht", sagte er. "Vielleicht werde ich das zum ersten Mal in meinem Leben brauchen." Er habe "mentale Probleme seit den Australian Open. Ich versuche und versuche, einen Weg aus diesem Loch heraus zu finden, aber ich kämpfe mich ständig wieder hinein!"
Über mentale Probleme hatte Zverev bisher nie öffentlich gesprochen - und offenbar auch nicht intern. "Nach Niederlagen fühlt man Verschiedenes", sagte Bruder und Manager Mischa Zverev, der von den Aussagen seines Bruders überrascht war: "Da hat sich nichts Großartiges angedeutet."
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Tennis-Pause und Zeit für Tochter Mayla
Nach einer guten Vorbereitung beim Rasenturnier in Halle/Westfalen, wo er bis ins Halbfinale kam, hatte sich Zverev in Wimbledon eigentlich Chancen auf den Sieg ausgerechnet. Der Olympiasieger von Tokio und aktuelle Weltranglistendritte gilt als eines der größten Talente seiner Spielergeneration, wartet aber mit mittlerweile 28 Jahren nach wie vor auf seinen ersten Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier.
Bis zum Masters-1000-Turnier in Toronto in vier Wochen kündigte Zverev eine Tennis-Pause an. Er müsse nun auf sich selber schauen, sagte er. Ein Mensch, auf den er in der kommenden Zeit baue, sei seine Tochter Mayla.
"Meine Tochter macht mich generell glücklich, das ist die Version, die mich am glücklichsten macht in meinem Leben. Aber sie ist vier. Normalerweise muss es andersrum sein, ich muss ihr Energie geben, ich muss sie glücklich machen und nicht andersrum", sagte Zverev: "Das kann es nicht sein."
"Das Team wird am Montag wieder zusammenkommen, dann geht es wieder los», kündigte Mischa Zverev einen Tag nach der Niederlage als TV-Experte bei Prime Video an. Zuvor stünden "ein paar Tage Pause, ein bisschen Golfspielen, ein bisschen ins Meer gehen" an.
Schwerer Start für deutsche Profis, auch Gauff gescheitert
Generell verlief der Auftakt in Wimbledon nicht erfolgreich für die deutschen Tennis-Profis. Vor der Niederlage Zverevs war Tatjana Maria in der Mittagshitze entkräftet mit 6:3, 6:7 (4:7), 1:6 gegen die US-Amerikanerin Katie Volynets ausgeschieden. Sie hatte in der Vorwoche das Rasenturnier in Queens noch gewinnen können.
Zudem knickte Ella Seidel beim Stand von 3:6, 2:3 gegen die Spanierin Jessica Bouzas Maneiro um und musste aufgeben.
Und auch für US-Tennisstar Coco Gauff war das Turnier in Wimbledon früh beendet. Drei Wochen nach ihrem Triumph bei den French Open verlor Gauff gegen die Ukrainerin Dajana Jastremska mit 6:7 (3:7), 1:6 und schied in der ersten Runde aus.
Wimbledon - bestes Tennis, feiner Stil
Das Rasenturnier von Wimbledon ist das wichtigste und bedeutendste Tennisturnier der Welt. Es hat eine bewegte Geschichte, große Namen stehen in den Siegerlisten - und ganz besonders wichtig ist die Etikette.
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Der "heilige Rasen" an der Church Road
Wimbledon ist das älteste und bedeutendste Tennisturnier der Welt. 1877 findet die Premiere statt. Der Grund: Der All England Lawn Tennis and Croquet Club will mit dem Turnier Geld einnehmen, um eine 10 Pfund teure neue Rasenwalze anschaffen zu können. 1922 zieht man an die Church Road um, wo das Turnier auch heute noch seine Heimat hat. Gespielt wird auf drei Haupt- und 15 Nebenplätzen.
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Königliche Loge
Beim Umzug ins neue Stadion im Jahr 1922 denkt man auch an die englischen Royals. Für die Königsfamilie wird auf der Tribüne des Centre Courts eine eigene Loge, die sogenannte "Royal box", eingerichtet. Englands König Georg V. ist 1907 der erste royale Gast bei den Wimbledon Championships. In den vergangenen Jahren sind Herzogin Catherine und Prinz William regelmäßig beim Turnier dabei.
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Siegerehrung durch die Prinzessin
Catherine, die Prinzessin von Wales, übernimmt seit 2022 auch die Siegerehrungen. 52 Jahre lang erfüllte Edward, Herzog von Kent, diese ehrenvolle Aufgabe. Dabei wurde er bis 2001 stets von seiner Frau begleitet, der Herzogin. Der Herzog ist ein Cousin der verstorbenen Queen Elisabeth II. 2021 dankt er als Klubpräsident in Wimbledon ab. Nun ist die jüngere Generation an der Reihe.
Wer in Wimbledon auf den Platz möchte, dessen Kleidung hat zu 90 Prozent weiß zu sein. Das ist seit den Anfängen des Turniers so und gilt in den 90er Jahren auch für "Paradiesvogel" André Agassi, der damals normalerweise in Neonfarben auf dem Platz steht. Für Wimbledon macht er eine Ausnahme - nur auf die Radlerhose unter den Tennis-Shorts will er dann doch nicht verzichten.
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Harte Schule
Bevor die Balljungen und -mädchen in Reih und Glied auf die Courts von Wimbledon marschieren dürfen, haben sie ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen. Fünf Monate lang dauert der Drill der 14- bis 18-Jährigen, denen beigebracht wird, Bälle perfekt zu rollen und Handtücher richtig zu reichen. Von 1000 Bewerbern schaffen es jedes Jahr nur 250 auf den heiligen Rasen.
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Handarbeit
Wer spielt wann und in welcher Runde auf welchem Platz gegen wen? Bei einem Turnier wie in Wimbledon, wo neben der Einzel- auch noch die Doppel- und Mixed-Konkurrenz ausgespielt wird, ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. An der Church Road überlässt man aber nichts dem Zufall, geschweige denn dem Computer. Hier wird die Tafel stets von Hand auf dem neuesten Stand gehalten.
Bild: Zac Goodwin/empics/picture alliance
Guten Appetit!
Beliebteste Zwischenmahlzeit sind bei den Wimbledon-Besuchern Erdbeeren mit Sahne. Täglich gehen unzählige Portionen "Strawberries and cream" über die Theken der Verkaufsstände. Das "Erdbeer-Team" in Wimbledon besteht aus Dutzenden Personen. Angeblich werden mittlerweile pro Turnier rund 38.000 Kilogramm der roten Früchte und etliche tausend Liter Schlagsahne verbraucht.
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Erfolgreiche Brüder
Anfangs ist das Turnier fest in britischer Hand - ausländische Spieler werden erst 1910 zugelassen. William Renshaw (r.) gewinnt zwischen 1881 und 1886 sechsmal in Folge, zweimal gegen seinen Zwillingsbruder Ernest (v.l.). William Renshaw erringt insgesamt sieben Einzeltitel in Wimbledon, womit er Rekordsieger bleibt, bis Roger Federer 2017 seinen achten Erfolg im Einzel feiert.
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Rekordsieger
Neben William Renshaw darf auch der US-Amerikaner Pete Sampras (2.v.l.) den Siegerpokal siebenmal in die Höhe stemmen. Einen Sieg mehr hat Federer (2.v.r.), der bei den Zuschauern in Wimbledon äußerst beliebt ist. Der Schweizer gewinnt zwischen 2003 und 2007 sogar fünfmal in Serie. Gleiches schafft auch Björn Borg (l.) in den 1970er Jahren.
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Ikone aus Schweden
Der langhaarige Schwede ist damals ein echter Popstar und wird vor allem von den weiblichen Fans verehrt. Borg spielt unorthodox und revolutioniert das Tennisspiel: So führt er beispielsweise die beidhändige Rückhand ein. An der Church Road heimst er zwischen 1976 und 1980 alle Titel ein und steht 1981 noch einmal im Finale, das er allerdings gegen John McEnroe verliert.
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Australische Dominanz
Bevor Borg die Kontrolle in Wimbledon übernimmt, ist das Turnier bei den Herren jahrzehntelang fest in australischer Hand. In den 26 Ausgaben zwischen 1946 und 1971 steht nur fünfmal kein Australier im Finale. Zehnmal ist das Endspiel in dieser Zeit sogar rein australisch. 1968 beginnt die Open-Ära, auch Profis dürfen jetzt mitspielen. Erster Sieger: Rod Laver aus Australien (Foto).
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In die Herzen gehechtet
Einen Wimbledonsieg weniger als Laver - nämlich drei - hat Boris Becker auf dem Konto. Der rothaarige Deutsche gewinnt 1985 überraschend als 17-Jähriger und erobert die Herzen der Londoner Zuschauer im Sturm. Sein Markenzeichen: der Becker-Hecht. Becker nennt den Centre Court sein Wohnzimmer. Allerdings verliert er insgesamt mehr Wimbledon-Endspiele (4), als er gewinnt (3).
Bild: picture alliance/dpa/R. Schrader
Kein Duell unter Freunden
Die bitterste Finalniederlage ist wohl die von 1991 gegen Michael Stich. Die beiden spielen zwar gemeinsam in einem Davis-Cup-Team, Freunde sind sie aber nicht - eher im Gegenteil. Stich, stets im Schatten Beckers stehend, zieht eiskalt sein Spiel durch und gewinnt glatt in drei Sätzen. Becker lässt seinem Frust freien Lauf: "Ich spiele einen Mist", brüllt er über den Court. "Ich mag nicht mehr."
Bild: picture alliance/Augenklick/Rauchensteiner
Endlich wieder ein Brite
Besonders glücklich macht Andy Murray die Zuschauer in Wimbledon, als er das Turnier 2013 gewinnt. Endlich, wird der überwiegende Großteil der Tennisfans von der Insel damals gedacht haben. 77 Jahre nach dem Engländer Fred Perry darf mit dem Schotten Murray wieder ein Brite den goldenen Siegerpokal in Empfang nehmen und seinen Kuss darauf drücken.
Bild: picture alliance/PA Wire/J. Brady
Deutsches Finale
Für deutsche Spielerinnen und Spieler sind zunächst die 1930er Jahre die erfolgreichste Zeit in Wimbledon. Gottfried von Cramm steht zwischen 1935 und 1937 jeweils im Finale, verliert aber dreimal. 1931 gewinnt Cilly Aussem (l.) gegen Landsfrau Hilde Krahwinkel-Sperling (r.). Es folgt eine ähnlich lange Durststrecke wie bei den Briten. Erst 57 Jahre später gibt es den nächsten deutschen Erfolg.
Bild: picture alliance/IMAGNO/Austrian Archives
Die Ära der Gräfin
Dann allerdings kommen die Erfolge direkt in Serie: Steffi Graf feiert ihre sieben Wimbledonsiege zwischen 1988 und 1996 (Foto) und ist damit in dieser Phase die dominante Figur des Turniers. Ihr erstes Endspiel im Jahr 1987 verliert sie noch. 1999 erreicht sie zum letzten Mal das Finale, zieht aber gegen die US-Amerikanerin Lindsay Davenport den Kürzeren.
Bild: picture alliance/Photoshot
Ungläubige Nachfolgerin
Erst 2018, 22 Jahre nach Graf, gewinnt mit Angelique Kerber erneut eine Deutsche das Turnier an der Church Road und kann ihren 6:3, 6:3-Erfolg gegen Serena Williams, die erst wenige Monate zuvor aus der Babypause zurückgekehrt ist, kaum fassen. Es ist der dritte Anlauf auf die Graf-Nachfolge: 2013 verliert Sabine Lisicki gegen Marion Bartoli, 2016 muss sich Kerber Serena Williams geschlagen geben.
Bild: Reuters/A. Boyers
Die Queen von Wimbledon
Williams hat sieben Einzelerfolge in Wimbledon erreicht. Die erfolgreichste Spielerin aller Zeiten ist aber Steffi Grafs Dauerrivalin Martina Navratilova. Die gebürtige Tschechin gewinnt das Turnier neunmal. Zwischen 1982 und 1990 steht sie immer im Finale. Auch ihre sechs Siege in Serie zwischen 1982 und 1987 sind Rekord.