Wie steht es heute um die deutsche Freikörperkultur? Wird sie noch populärer, oder verschwindet sie bald? Bei manchem Nicht-Deutschen kann sie sogar einen Gesinnungswandel bewirken.
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Völlig frei: Deutschlands FKK-Bewegung
Angeblich fällt es Deutschen deutlich leichter als Menschen aus anderen Ländern, sich am Strand oder in der Sauna nackt zu zeigen. Eine kurze Geschichte der Nudistenbewegung, bekannt als Freikörperkultur FKK.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen
Der freie Körper
Nackt sein gehört zur deutschen Kultur wie Technomusik und Spargelzeit. Auch wenn die Identifikation mit der Freikörperkultur (FKK) bei den jüngeren Generationen langsam schwindet, sind an vielen Stränden noch immer FKK-Gebiete markiert. Auch in Parks und Spas können Nackt-Enthusiasten ihrem Freiheitsgefühl nachgehen.
Bild: Imago/D. Matthes
Ein gesundes Hobby
Im späten 19. Jahrhundert glaubten viele Deutsche, es sei gesund, in einem der vielen Seen des Landes "textilfrei" zu baden. Es wurde zum Trend, aus den Industriestädten in die Natur zu gehen. Manch einer begann, nackt zu wandern oder Sport zu treiben. Dieses Bild stammt aus dem Jahr 1933 und zeigt zwei Frauen am Chiemsee in Bayern.
Bild: picture-alliance/IMAGNO/Christ
Nackte Körper im Film
Die Idee, Gesundheit durch Freizügigkeit in der Natur zu steigern, war auch ein Leitmotiv des Films "Wege zu Kraft und Schönheit" mit der umstrittenen deutschen Schauspielerin und Filmemacherin Leni Riefenstahl. Der Streifen aus dem Jahr 1926 war einer der populärsten Lehrfilme der Stummfilmzeit, die körperliche Bewegung wie Tanzen und Baden propagierten.
Bild: Imago
FKK und die Nazis
Leni Riefenstahl wurde später Hitlers Lieblingsfilmerin; in ihrem zweiteiligen Film "Olympia", der die Olympischen Spiele 1936 in Berlin aufgriff, verherrlichte sie die athletische Figur der Arier. Während die Nazis die FKK zunächst untersagten, wurde das Nacktschwimmen 1942 wieder erlaubt - sofern es in abgelegenen Gebieten diskret geschah. Viele Förderer der FKK-Bewegung waren Linke.
Bild: Criterion
Ein Stück Freiheit in der DDR
In den 1950er Jahren starteten Avantgardisten in der DDR die ersten unbekleideten Gehversuche. In den 70er Jahren war FKK schließlich weit verbreitet. Nackt zu baden war eine der wenigen Freiheiten, während das Leben in der DDR auf andere Weise streng kontrolliert wurde - also machten die Menschen davon umfassend Gebrauch. Hier sonnen sich 1986 Nudisten am Müggelsee in Ost-Berlin.
Bild: picture-alliance/dpa/T. Uhlema
FKK an der Ostsee
Auch an den Stränden der Ostsee wird FKK bis heute zelebriert. Die Praxis verbreitete sich jedoch nicht auf der polnischen Seite der Küste. Nach Polens EU-Beitritt war es zwar leicht, von einem Land ins andere zu laufen, Nudismus allerdings sorgte für Spannungen zwischen den Orten auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze.
Bild: Imago/argum/C. Lehsten
Der Spirit von FKK
Diese Nudisten in Leipzig anno 1980 haben den FKK-Spirit verinnerlicht: den Körper feiern, frei von Kleidung. Die Praxis ist übrigens nicht mit Sex verbunden, es geht vielmehr darum, sich von sozialen Zwängen zu befreien. Hübscher Nebeneffekt: Es gibt nach dem Sonnenbad keine lästigen weißen Streifen von der Badekleidung.
Bild: Imago/imagebroker
Nicht nur im Osten: Münchens Ausnahmen
Öffentliche Nacktheit ist in der bayerischen Landeshauptstadt tabu; Ausnahmen gibt es im Englischen Garten und am Flaucher, einem Abschnitt der Isar, der ein beliebtes Ziel für Nudisten ist, wie dieses Bild von einem heißen Tag 2002 belegt. FKK-Gebiete sind als solche gekennzeichnet und wer dort abhängt, will keine Touristenattraktion sein.
Bild: Imago/K-P. Wolf
Berlins eigene Regeln
Auch Berlin hat - wohl wegen seiner teilweisen DDR-Vergangenheit - eine gewisse FKK-Tradition. Beim Spaziergang durch den Park kann man möglicherweise mehr Fleisch sehen als erwünscht. Zwar ist öffentliche Nacktheit auch in der Hauptstadt nicht erlaubt, in Grünanlagen wie dem Mauerpark, Volkspark Friedrichshain (Bild, 1999) und Tiergarten ist sie aber geduldet - solange sich niemand an ihr stört.
Bild: Imago/Lem
Eine Leidenschaft für Millionen Deutsche
Als in Berlin die Mauer fiel, saß die spätere Kanzlerin Angela Merkel in der Sauna - es war ihr Donnerstagsritual. Rund 31 Millionen Besucher zählen die 2300 öffentlichen Saunen in Deutschland jedes Jahr. Die meisten Einrichtungen stehen beiden Geschlechtern offen. Aber Vorsicht! Diese Saunen unterscheiden sich von sogenannten FKK-Saunen oder Clubs, die eigentlich Bordelle sind.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul
Nackt in der Wildnis
Es ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Wer sich aber doch mal in Freikörperkultur üben will, kann im Harz auf 18 Kilometern eine Nacktwanderung machen, von der Stadt Dankerode bis zum Stausee Wippertal. Aber Vorsicht vor den Brennesseln!
Bild: picture-alliance/dpa
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Kinder planschen im Wasser, Butterbrote werden herumgereicht und Pärchen liegen in der Sonne: Auf den ersten Blick gleicht dieses Bild jeder anderen sommerlichen Szene an einem See oder Strand.
Aber bei näherem Hinsehen fällt dem Betrachter ins Auge, dass die Besucher von Krumme Lanke, einem See im Südwesten von Berlin, alle etwas gemeinsam haben.
Sie sind nämlich allesamt splitternackt, ohne auch nur den kleinsten Hauch einer Badebekleidung. Und das ist hier stinknormal. Es interessiert wirklich niemanden. Und niemand findet das ganze besonders sexy. Wenn man nicht meint, man müsse sich unbedingt bedecken, benötigt man tatsächlich überhaupt keine Bekleidung.
Drei Buchstaben, die es jedem erlauben, nackt rumzulaufen: FKK
In Deutschland wird Nacktbaden vielerorts nicht nur geduldet, sondern scheint sogar besonders beliebt zu sein.
In vielen der zahlreichen Kurorten, Saunen und Wellnesscentern, sowie an vielen Stränden und Badeseen ist FKK gestattet, also Freikörperkultur.
Jedoch befürchten FKK-Fans, dass ihr Hobby durch Verbote öffentlicher Nacktheit und die abnehmende Popularität von Nacktschwimmen eingeschränkt werden könnte.
Eine bedrohte Tradition?
Linken-Politiker und Präsident der Europäischen Linken Gregor Gysi, 71, äußerte sich vor über einem Jahr zum Niedergang der FKK-Kultur und forderte mehr ausgewiesene Flächen für Nudisten. Er selbst bedauerte die zunehmende Einschränkung von FKK: "Ich finde das schade, denn die Freikörperkultur hat Niveau."
Gysi erwähnte, dass es laut einem Sexforscher nach der Wiedervereinigung "der pornographische Blick" von Westdeutschen gewesen sei, der den Spaß am Nacktbaden gedämpft hätte, denn schließlich sei diese Sitte in der ehemaligen DDR viel weiter verbreitet gewesen, als im Westen.
Aus der Perspektive einer Ausländerin
Soeben ist am See ein Radfahrer eingetrudelt. Sofort entblättert er sich, um nackt ins kühle Nass zu springen.
Obwohl mich der Anblick keinesfalls schockiert hat, muss ich trotzdem zugeben, dass ich eine Weile gebraucht habe, um mich an die lässige Einstellung zur Nacktheit in Deutschland zu gewöhnen.
Wieso? Weil ich aus Schottland stamme. Wie auch in anderen Teilen des Vereinigten Königreichs sind bei uns die Menschen konservativer eingestellt. Wer sich dort in aller Öffentlichkeit mal eben so auszieht, riskiert, als Perverser angesehen zu werden. Bei uns ist das halt nicht so üblich.
Im Falle von Schottland könnte man zwar auf das oft nasskalte Wetter verweisen, aber die Sache geht tiefer. Die Einstellung der Briten zu nackter Haut unterscheidet sich grundsätzlich von der Einstellung vieler Menschen auf dem europäischen Festland.
Wir sind an den Anblick nackter Körper nicht gewöhnt, und kennen sie nur aus dem Zusammenhang sexualisierter Werbung, Musikvideos oder Pornographie. Deshalb reagieren wir recht verlegen beim Anblick "normaler Nacktheit" in der Sauna oder am Strand.
"In anglophonen Kulturen neigen die Menschen dazu, eine ganz andere Einstellung zu ihren Körpern zu haben, als die Menschen in Deutschland, Bulgarien, Frankreich oder Österreich", sagt Annegret Staiger, Lehrbeauftragte für Anthropologie an der Clarkson University in Potsdam, New York.
"In den USA ist das Zeigen nackter Haut ein Skandal, aber gleichzeitig macht man ein Riesentheater, wenn man sie zeigt", fügt Staiger hinzu. Aufgewachsen in Stuttgart, kam sie 1987 als Studentin in die USA.
Ein Gegengewicht zur sexualisierten Nacktheit
Für mich persönlich wäre es unvorstellbar gewesen, mich in der Öffentlichkeit auszuziehen, bis ich 2015 als Teil eines Journalismusstipendiums nach Berlin kam.
Ich lernte Deutsch, und versuchte auch, die deutsche Kultur zu ergründen. Da fand ich schnell heraus, dass FKK und Nacktheit in Saunen ein Teil dieser Kultur ist.
Ich brauchte viel Mut, um es den anderen nachzumachen. Aber dann schaffte ich es. Nachdem ich mich viele lange Jahre in meiner Haut nicht wirklich wohlgefühlt hatte, oder das Gefühl hatte, dass mein Körper hässlich sei oder versteckt werden müsse, war es ein tolles Gefühl, nackt auf den Holzbrettern einer Sauna zu liegen und zu fühlen, wie sich die Hitze auf meiner Haut ausbreitete. Ich fand die deutsche Einstellung zur Nacktheit erfrischend.
Ich hatte jahrelang mit meiner schlechten Einstellung gegenüber meinem eigenen Körper zu kämpfen, und habe viele Diäten gemacht, um meinen durch die Pubertät wechselnden Körperumfang zu regulieren. Aber hier konnten sich Menschen aller Kleidergrößen frei entblößen und sich dabei wohl fühlen.
Dieses Konzept unterschied sich fundamental von dem, mit dem ich aufgewachsen bin. Hier hat Nacktheit mit Sexualität nichts zu tun, und es geht auch nicht darum, gut auszusehen.
Politiker Gysi stimmte mir zu: "Vielleicht sollten Sie sich entscheiden, im Sommer an einem FKK-Strand zu liegen. Sie werden schnell denken, dass dies nicht wirklich erotisch ist. Ein Bikini kann viel erotischer als FKK sein. Ich sehe FKK als ein mögliches Gegengewicht zur allgegenwärtigen Sexualisierung in der Werbung, aber auch allgemein in der Gesellschaft."
Ein historischer Abriss der FKK
Die erste deutsche FKK-Organisation wurde 1898 gegründet. Die Grundidee dahinter, die vor allem mit Gesundheitspflege zu tun hatte, verbreitete sich schnell in der Umgebung von Berlin, sowie an der Nord- und Ostsee.
"Sogar um die Jahrhundertwende herum gab es den Trend weg von den Städten," erklärt Staiger. "Das war Teil eines größeren Trends: Weg vom Korsett, und hin zu einem frei atmenden Körper."
Bei der naturalistischen Bewegung ging es nicht um die Sexualisierung des Körpers, sondern um Gesundheit und auch die Idee, die Menschen von der Scham zu befreien, sowie von sozialer Ungleichheit und den ungesunden Lebensbedingungen in übervölkerten Städten während der beginnenden Industrialisierung.
Zu jener Zeit erschienen Dutzende von Zeitschriften und Filmen, die sich dem Thema FKK-Kultur widmeten.
FKK wurde zunächst von den Nazis verboten, aber kehrte alsbald zurück. Staiger meint, die NSDAP habe die Kultur aufgrund ihrer Obsession mit dem Körper angenommen.
"Als Hans Surens Buch Mensch und Sonne (1936) und Leni Riefenstahls Propagandafilm Olympia (1938) erschienen, war der Nudismus zumindest teilweise in die rassistische Ideologie der Nazis aufgenommen worden," sagt sie.
FKK existierte weiterhin nach dem Krieg, und zwar in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen. Jedoch nahm FKK in der DDR eine zusätzliche Bedeutung an, wo sie auch die Befreiung von einem repressiven Staat symbolisierte.
Gysi führt dazu aus: "Die Freikörperkultur hat eine lange Tradition in Deutschland. Zum Teil hatte sie auch Bezüge zur Arbeiterbewegung. In der DDR waren FKK-Strände an der Ostsee normal. Dort gab es auch keine Abgrenzung zu den Textilstränden. Dieser freie Umgang mit der Nacktheit ist nach der Wende verloren gegangen."
Gar nicht im FKK-Geist: Sex-Saunaclubs
Staiger erwähnt, dass einige Saunaclubs, die im Sexgeschäft tätig seien, dem Ruf der FKK geschadet hätten.
"Es gibt Saunaclubs oder Bordelle, die sich zwar als FKK-Saunaclubs bezeichnen, sich jedoch nur hinter dem Begriff FKK verstecken. Hier wird eine Idee oder Ideologie missbraucht." Laut Staiger vertreten solche Clubs keinesfalls die FKK-Idee.
"Das ist ein reiner Euphemismus, um die Akzeptanz von Prostitution zu erhöhen. Bei der FKK und dem Nudismus ging es darum, den Körper ohne Behinderung durch Kleidung in der Natur und im Sonnenlicht zu zelebrieren," fügt Staiger hinzu. "In den FKK-Saunaclubs hingegen sind nur die Sexarbeiterinnen nackt, bis auf ihre High Heels. Das ist nicht die Idee hinter der FKK."
Eine erhaltenswerte Kultur
Wie also kann die naturalistische Kultur zu ihren Wurzeln zurückfinden? Und wird sie im modernen Deutschland einen Platz haben?
Hier sieht Gysi Lokalpolitiker in der Pflicht: "Ich sehe hier die Kommune in der Verantwortung. Sie kann ohne weiteres an Stränden und in Bädern entsprechende Gebiete festlegen und sich auch nicht durch Investoren beirren lassen. Es ist jedoch aberwitzig, wenn in Berlin in einer Saunalandschaft Menschen außerhalb der Saunen und des Pools verkleidet sind, weil sich die Touristen daran stören. FKK steht für Selbstbewusstsein und den Ausbruch aus gesellschaftlichen Zwängen. Das ist wichtig und förderungswürdig. "
Zurück am See ziehen sich einige Nackedeis nach einem langen Tag in der Sonne wieder an.
Als Nicht-Deutsche ist die naturalistische Kultur für mich etwas ganz besonderes.
Und es gefällt mir, in einem Land zu leben, wo Rentner nackt baden, Freunde sich nackt in der Sonne aalen und nackte Yoga-Übungen machen. Es interessiert niemanden, wie man aussieht. Sind halt nur Körper – und wir alle haben einen!
Mehr Inhalte über Deutsche und ihre Eigenarten, die deutsche Alltagskultur und Sprache finden Sie auf unserer Seite www.dw.com/meetthegermans_de sowie bei YouTube.
Zeichner Miguel Fernandez nimmt typisch deutsche Eigenschaften in seinen Cartoons ins Visier:
Makel, Macken und Marotten: Deutsche Eigenarten im Cartoon II
Der Comiczeichner Miguel Fernandez hat es sich zur Aufgabe gemacht, typisch Deutsches ausfindig zu machen - und es auf's Korn zu nehmen. Hier lernen Sie Bild für Bild ein bisschen mehr über die Macken der Deutschen.
Tanzen bis der Arzt kommt
Tja, so kann es einem Deutschen ergehen, wenn er auf einem Konzert mal so richtig aus sich herausgeht und anfängt, zu heißen Rhythmen zu tanzen. Das sorgt gleich für Aufmerksamkeit und ruft die Sanitäter auf den Plan - weil sie das Zucken missverstehen und für eine Psychokrise halten.
Sonntag ist Ruhetag
Wäsche waschen darf man, Auto waschen geht nicht - zumindest bleiben in den meisten Bundesländern die Autowaschanlagen am Sonntag geschlossen. Genauso wie die Supermärkte und Geschäfte. Sonntags gibt es in Deutschland eigentlich nichts zu tun und das ist auch genau die Idee - Sonntag ist Ruhetag, im Himmel wie auf Erden. Cafés und Restaurants sind allerdings geöffnet.
Auf Nummer sicher
Eine Helmpflicht gibt es in Deutschland beim Fahrradfahren noch nicht. Dennoch fahren mittlerweile viele Deutsche mit Kopfschutz. Und wenn der gerade nicht zur Hand ist? Manch einer findet dann vielleicht noch die Pickelhaube aus Großvaters Zeiten in den Tiefen der Garagen und Keller... kann ja noch mal nützlich sein.
Sparfüchse
Beim Thema Finanzen lassen die Deutschen höchste Vorsicht walten. Stets darauf bedacht, ein paar Euros zu sparen, informieren sie sich zunächst gründlich über Sonderangebote und Schnäppchen, ehe der Urlaub gebucht oder das neue Smartphone gekauft wird. In einer Region sollen die Menschen besonders sparsam sein: in Baden-Württemberg. Die Schwaben haben den Ruf, regelrechte Pfennigfuchser zu sein.
Individuelle Gelüste
Endlich mal Ruhe und Gelegenheit, sich dem Partner und seinen geheimen Wünschen zu widmen. Blöd nur, wenn dessen Bedürfnisse so gar nicht mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmen...
Die Auto-Nation
Das Auto ist seit vielen Jahrzehnten der Deutschen Heiligtum. Besonders an Samstagen sieht man in deutschen Ortschaften stolze Autobesitzer liebevoll ihre Fahrzeuge polieren. Der ehemals glanzvolle Ruf der deutschen Autobauer ist allerdings angesichts der Abgas-Manipulationen angeknackst. Und wie sich die deutsche Autoliebe mit dem Klimaschutz verträgt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Feuer und Flamme
Vernünftig und pragmatisch, so sind sie, die Deutschen. Manchmal. Aber auch die freundlichen Pragmatiker haben eine dunkle Seite, die bisweilen ausgelebt werden will. Bei Rammsteins Europa-Tournee 2019 gab es 13 Wochen Feuerwerk. Es war laut und bombastisch. Jemand schrieb sinngemäß über die Rammstein-Konzerte: Man bräuchte keinen Musik-, sondern einen Grillkritiker.
Die lieben Nachbarn
Besonders "beliebte" Konflikte zwischen deutschen Nachbarn sind: spielende Kinder, wildwachsende Pflanzen und ratternde Rasenmäher am Samstagvormittag. Zum Glück gibt's im Bürgerlichen Gesetzbuch das private Nachbarrecht. Es regelt heikle Dinge, wie den Überfall von Früchten oder Grenzverwirrungen - die bestehen dann, wenn keiner mehr weiß, wo die Grenze zwischen zwei Grundstücken verläuft.
So was geht gar nicht!
Ein schief hängendes Bild? Kommt in deutschen Haushalten so gut wie nicht vor. Da wird auch schon mal zur Wasserwaage gegriffen, um das Auge vor schier unerträglichen Qualen zu schützen.
Anglizismen everywhere!
Mit dem Coffee to Go schnell ins Office düsen, mit dem Boss einen wichtigen Call abhalten, nach getaner Arbeit einen After-Work-Drink zu sich nehmen und am Wochenende shoppen oder die Lieblingsserie streamen. Die Deutschen lieben Anglizismen! Besonders häufig sind sie im beruflichen Kontext - und das nicht unbedingt zur Freude aller.
Der Trend zum Hamsterkauf
Die Deutschen sind gerne vorbereitet. Am Sonntag festzustellen, dass nur noch Apfel-Joghurt im Kühlschrank steht, während der Appetit nach Mango-Joghurt schreit, ist ein unvorstellbares Szenario, weshalb vorsorglich in Massen eingekauft wird. Besonders vor langen Wochenenden oder Feiertagen sehen die Einkaufswagen dann aus wie vor einem drohenden Meteoriteneinschlag oder einer Kernschmelze.
Alles zu seiner Zeit
Deutsche planen gerne. Selbst die Freizeitgestaltung und sogar Sinnliches kann durchaus im allgemeinen Organisationswahn einiges an Zauber und an Spontaneität einbüßen. Aber wenigstens kann man sich dabei auf eine Sache verlassen: Wenn etwas von langer Hand geplant wird, findet es auch statt.
Nichts geht über den Rasen
Der deutsche Gartenbesitzer ist pflichtbewusst - äußerst pflichtbewusst. Egal, ob ein Tornado am Horizont droht oder die Polizei an der Pforte steht - die Rasenpflege geht vor! Da könnte ja jeder kommen...
Liebe zu Formularen
Der Deutsche hat einen Hang zu Ordnung und Bürokratie. Für jedes Vergehen gibt es eine Strafe und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dieser clevere Bußgeldjäger im grauen Anzug unterscheidet nicht mal, mit wem er es zu tun hat. Er zückt gleich sein Formular, um dem grünen Männchen einen Strafzettel zu überreichen. Hätte sich der Außerirdische doch einen anderen Landeplatz ausgesucht.
Effektivität am Kalten Buffett
Deutsche Urlauber. insbesondere Pauschaltouristen, sind berüchtigt für ihre extrem austarierte Stapelkunst auf winzigen Frühstücks-und Essenstellern. Die berühmte "Schlacht am kalten Buffett" wird von manchen etwas zu wörtlich genommen: Ellenbogen, Knie und gezückte Esswerkzeuge sind dann im Einsatz, um möglichst viel zu "bunkern".
Eine Nagelschere ist vielseitig verwendbar
Deutsche Akkuratesse ist international bekannt und gefürchtet. Schließlich ist Ordnung bekanntermaßen das halbe Leben! Und natürlich kann man eine Nagelschere auch zum Rasenschneiden benutzen. Wie sollte man sonst wohl die Halme stutzen, an die der Rasenmäher nicht herankommt?
Deutscher Chic ist weltbekannt ...
Weiße Tennissocken in Sandalen, die Bauchtasche mit den wichtigsten Utensilien und das knappe T-Shirt aus dem letzten Urlaub: Die Deutschen können zwar nicht mit der französischen Haute Couture konkurrieren, aber sie haben definitiv ihren ganz eigenen unverwechselbaren Stil. Eine Psychologin bringt es auf den Punkt: "Deutsche möchten auf den zweiten Blick wirken und nicht auf den ersten blenden."
Über Humor lässt sich streiten ...
Die Deutschen haben keinen guten Ruf, wenn es um ihren Humor geht. Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain hat schon vor über einem Jahrhundert verkündet, dass deutsche Witze nicht zum Lachen geeignet seien. Tüchtigkeit und Vernünftigkeit sind seiner Meinung nach nicht kompatibel mit Humor. Wer es trotzdem versucht, macht sich zur Witzfigur – und ist damit weit entfernt davon, witzig zu sein.
Auf die Minute!
"Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige", sagt ein deutsche Sprichwort. Das soll aber nicht heißen, dass die Deutschen pünktlich sind, weil sie Monarchisten sind, sondern weil sie pflichtbewusst sind und Prinzipien haben. Zugegeben, es gibt auch Ausnahmen, aber immerhin behaupten fast 85 Prozent aller Deutschen, dass sie Termine sehr ernst nehmen und das auch von anderen erwarten.
Deutschlandlied? Da war doch was...
Seit der Nazi-Zeit ist Nationalstolz in Deutschland offiziell verpönt. Deswegen lernt der Nachwuchs die Hymne auch nicht in der Schule. Man hört die deutsche Nationalhymne eigentlich nur vor Fußball-Länderspielen und anderen großen Sportereignissen - und auch dann wird sie nicht immer fehlerfrei vorgetragen. Da ist "Looking for freedom" vielleicht sogar die bessere Wahl...
Tierliebe ganz groß
Die Deutschen schwören auf ihre vierbeinigen Freunde. Mittlerweile leben mehr als neun Millionen Hunde mit Frauchen und Herrchen zusammen. Und die wollen nur das Beste für ihr Haustier: Es gibt Hundetagesstätten, Hundesalons, Hundemode, veganes Hundefutter, Hundehotels und sogar Hunde-Wellness. Ganz klar, dass man sich auch das Bett teilt.
Es kann immer noch schlimmer kommen
Im Urlaub kann man schon mal auf das ein oder andere verzichten, zumal zumindest deutsches Bier, der Globalisierung sei Dank, mittlerweile rund um den Globus erhältlich ist. Aber wenn gleich alle mitgebrachten Sachen aus der Heimat auf einmal verschwunden sind, ist das schon ein harter Schlag.
Früh übt sich ...
Außer Fußball gibt es kaum etwas, das ein deutsches Männerherz höher schlagen lässt, als ein Besuch im Baumarkt. Schlagbohrer, Akkuschrauber und Werkzeugkasten fehlen in keinem Männerhaushalt, der etwas auf sich hält. In den eigenen vier Wänden wird lustvoll vermessen, gesägt, gebohrt und gedübelt, bis alles perfekt passt. So viel Einsatz am Bau macht auch vor dem Nachwuchs nicht halt ...
Deutsche Sprache - schwere Sprache
Wer freiwillig Deutsch lernt, muss eine masochistische Ader oder einen triftigen Grund haben, sagen Spottende. Nicht nur die Artikel inklusive unlogischer Zuordnung der Geschlechter für unbelebte Dinge - warum heißt es das Auto, aber der Wagen? - treiben die Schüler zur Verzweiflung, auch Deklinationen und Konjunktionen. Da ist ein bisschen Quantenphysik doch nichts dagegen.
Urlaub wie zu Hause
Die Deutschen sind Reise-Weltmeister: Spanien ist das liebste Auslandsziel und dort vor allem die Mittelmeerinsel Mallorca. Und weil es laut einem deutschen Sprichwort zu Hause am schönsten ist, will man sich auch im Urlaub wie daheim fühlen - deutsches Bier und Bratwurst inklusive.
Vierbeiner mit Marotten
Dieser Hund hat sich sein Verhalten wohl beim Herrchen abgeguckt. Denn deutsche Urlauber frühstücken zwar gern ausgiebig, bevor sie zum Strand gehen, auf den besten Liegeplatz dort wollen sie aber trotzdem nicht verzichten. Und damit die vordersten Plätze nicht schon besetzt sind, wenn sie ankommen, wird im Morgengrauen kurzerhand mit einem Handtuch schon mal eine Liege belegt.
Bescheidene Zurückhaltung
Komplimente werden in Deutschland nur spärlich verteilt und noch seltener freudig angenommen, daher ist der folgende Dialog mehr als typisch. "Das Kleid steht dir sehr gut", sagt eine Frau zur anderen, woraufhin diese erwidert: "Das ist schon ganz alt und war auch nicht teuer." Bescheidenheit gilt als Tugend, und ansonsten hält man es mit dem Sprichwort: "Nicht geschimpft ist genug gelobt."
Andere Länder, andere Sitten
Da ist wohl etwas schief gelaufen. Nicht überall ist Freikörperkultur, kurz FKK, so verbreitet wie in Deutschland, wo man Nackedeis nicht nur am Strand, sondern auch schon mal im Englischen Garten in München oder im Berliner Tiergarten entdecken kann.