Neuer Anti-Doping Code
23. Dezember 2008Die Sportfachverbände haben keine Wahl. Sie sind verpflichtet, den seit dem 1.1.2009 geltenden neuen Code der Nationalen Antidoping-Agentur NADA in ihre Statuten aufzunehmen. Sollten sie sich querstellen, riskieren sie, dass die Bundesregierung den Geldhahn zudreht. Das hat der für den Sport zuständige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble klar gemacht. "Machen Sie es so rasch wie möglich, weil es sonst nicht ohne Konsequenzen bleibt."
Kein Anti-Doping-Code, keine olympischen Spiele
Mit dem neuen NADA-Code werden internationale Anti-Doping-Vorgaben umgesetzt. Der WADA-Code 2009 ist weltweit verbindlich. "Länder, die sich nicht daran halten, werden sanktioniert", sagt NADA-Justiziarin Anja Berninger. "Sie riskieren etwa, keine Olympischen Spiele oder Weltmeisterschaften mehr ausrichten zu dürfen." Künftig sind Topsportler aller Länder verpflichtet, ihren Aufenthaltsort bekanntzugeben, um für Dopingkontrollen erreichbar zu sein. "Bisher hatte Deutschland hier eine Vorreiterrolle. Das ist international noch nicht gang und gäbe. Aber das wird sich 2009 ändern." Für Spitzenathleten gilt außerdem die sogenannte "Ein-Stunden-Regel": Sie müssen vierteljährlich im voraus für jeden Tag eine bestimmte Stunde nennen, zu der sie an einem angegebenen Ort für eine Dopingprobe zur Verfügung stehen. Drei Verstöße gegen die Meldeauflagen innerhalb von 18 Monaten führen zu einer Sperre von bis zu zwei Jahren.
"Auch rote Ampeln schränken uns ein"
Betroffen davon sind nach dem neuen NADA-Code in Deutschland rund 700 Sportler: Mitglieder der A-Nationalmannschaften und –Kader aus dopinganfälligen Sportarten, in denen Kraft und Ausdauer entscheidend sind, wie Radsport, Leichtathletik, Schwimmen, Rudern, Skilanglauf oder Biathlon. Außerdem kann die NADA künftig dopingverdächtigen Sportlern die "Red Flag", die rote Fahne, zeigen und sie damit ebenfalls zur strengen Meldepflicht verdonnern. "Es ist eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit", räumt NADA-Justiziarin Berninger ein, aber "alles Mögliche schränkt uns ein. Eine rote Ampel lässt uns auch nicht mehr so fahren, wie wir gerne möchten". Entscheidend sei die Frage, ob ein höheres Gut geschützt werden müsse. "Gesundheit, Leib und Leben unserer Athleten sollten uns so wichtig sein, dass wir dafür gewisse Einschränkungen akzeptieren." Doping habe schließlich schon zu Todesfällen und schwerwiegenden Krankheiten geführt.
Flexiblere Strafen
Der neue NADA-Code soll laut Berninger auch für "mehr Gerechtigkeit im Einzelfall" sorgen. Kann ein Dopingsünder etwa nachweisen, dass er versehentlich ein verbotenes Medikament zu sich genommen hat, kann die Regelsperre von zwei Jahren reduziert werden. Gleiches gilt für Sportler, die ihr Dopingvergehen gestehen, bevor sie überführt werden oder auch für minderjährige Dopingsünder. Auf der anderen Seite kann die Strafe aber auch auf vier Jahre erhöht werden, z.B. bei systematischem Doping oder wenn der Sportler mit verbotenen Substanzen gehandelt hat. Bei einer positiven Dopingprobe meldet die NADA den Fall an die einzelnen Sportfachverbände, die dann für die Sperren zuständig sind. Sollte ein Urteil nach Meinung der NADA zu lasch ausfallen, geht der Fall zwingend an ein unabhängiges Schiedsgericht.
Jungen Sportler mehr Zeit geben
Der NADA-Code schreibt den Verbänden außerdem vor, für Dopingprävention zu sorgen. Dazu gehöre auch, im Nachwuchsbereich "pädagogisch und psychologisch zu arbeiten", findet Dietmar Hiersemann, der im NADA-Vorstand für Prävention zuständig ist. Leistungssport sei zwar ein Ausleseprinzip, doch die Kader dürften nicht nur nach Ergebnissen zusammengestellt werden. Die Verbände sollten "den Jugendlichen mehr Zeit geben, sich zu entwickeln und nicht sofort handeln, wenn sie einmal einen Wettkampf schmeißen oder das erwartete Resultat nicht bringen". Auch das wäre ein Beitrag zum Kampf gegen Doping.