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Nadals Karriere hängt am seidenen Faden

6. Juni 2022

Den 14. Titel bei den French Open kann Rafael Nadal niemand nehmen. Aber raubt ihm eine Knochenkrankheit den Karriere-Fortgang? In Kürze wird sich entscheiden, ob Nadal seine Erfolgsgeschichte fortschreiben kann.

Frankreich Tennis French Open Rafael Nadal
Bild: Jean-Francois Badias/AP Photo/picture alliance

Es dürfte für Rafael Nadal nur eine Randnotiz gewesen sein. Durch seinen 14. Sieg bei den French Open ist der Spanier um einen Rang auf Platz vier in der neu veröffentlichten Weltrangliste vorgerückt. Das ist aber nur ein winzig kleiner Teil dieser unglaublichen Erfolgsgeschichte des mittlerweile 36-Jährigen. Schließlich gehört Nadal seit dem 25. April 2005 ununterbrochen zu den Top Ten - zu den zehn besten Spielern der Welt.  

Nach dem so eindrucksvollen 6:3, 6:3,6:0-Erfolg gegen den chancenlosen Casper Ruud auf dem Court Chatrier stellte sich den 15.000 Zuschauern im Stadion und den Millionen Tennisfans vor den Bildschirmen vielmehr nur eine Frage: Wird Nadal nun, im Moment des großen Triumphes, seine Karriere beenden? Hätte es einen besseren Zeitpunkt geben können?

Die Zuschauer auf den Rängen schien diese Aussicht auf einen Abschied des größten Spielers, den dieses Turnier jemals gesehen hatte, stark zu bewegen. Deshalb versuchten sie unmittelbar vor der Siegerehrung und der obligatorischen Rede des immer wiederkehrenden Triumphators mit "Nadal, Nadal"-Rufen entgegen zu wirken. Ob sie mit ihren Überzeugungversuchen einen Einfluss auf Nadal nehmen konnten, weiß nur er selbst. Nadal sagte: "Ich kämpfe weiter."   

Spritzen oder große Operation

An seiner Eigenmotivation liegt es sicher nicht, dass Nadal Zweifel an seiner weiteren Karriere als Tennisprofi hat. Dass der Spanier seit langer Zeit an seinem linken Fuß gehandicapt ist, ist schließlich kein Geheimnis. Dabei handelt es sich aber weniger um eine Verletzung. Eine Krankheit ist der Grund dafür.

Bereits seit seiner Kindheit leidet Nadal unter dem sogenannten Müller-Weiß-Syndrom, einer degenerativen Knochenkrankheit. Dabei bilden sich äußere Teile des Kahnbeins zurück. Dass er überhaupt an den French Open teilnehmen konnte, habe er massiven Betäubungsspritzen zu verdanken gehabt, wie Nadal am späteren Sonntag verriet: "Der Effekt war, dass der Fuß tot ist. Ich habe also kein Gefühl im Fuß gehabt.“

Nadals Endspiel-Gegner Casper Ruud: "Ich war nicht sein erstes Final-Opfer"Bild: Jean-Francois Badias/AP Photo/picture alliance

Der Fortgang der Karriere des leidenschaftlichen Anhängers von Real Madrid hängt demnach am seidenen Faden. Sie hängt einzig davon ab, ob die Mediziner in der Lage sein werden, Nadal innerhalb von kürzester Zeit von seinen Dauer-Schmerzen zu befreien. "Wir probieren etwas aus, sodass ich keine Spritzen mehr brauche. Klappt es mit einem Entzündungshemmer, werde ich in Wimbledon spielen. Wenn nicht, stelle ich mir die Frage, ob es eine große Operation gibt, durch die mir niemand garantieren kann, ob es wieder was werden wird“, sagte Nadal. 

So werde er Hochfrequenz-Injektionen auf seine Nerven im Fuß vornehmen lassen, die die Rückmeldungen beim Aufsetzen des Fußes geben. "Wir werden versuchen, den Nerv ein wenig zu verbrennen, um die Wirkung zu erzeugen, die ich in diesen zwei Wochen in Paris hatte", sagte Nadal. "Das war eine Lösung für Paris, das ist aber keine Lösung auf Dauer. Ich kann und will aufgrund der Umstände, unter denen ich spiele, nicht weitermachen." 

Nadal hat das Tennis verändert

Dass er von seiner Konstitution und seinem Schlagrepertoire weiterhin in der Lage sein würde Titel zu gewinnen, das haben die Tage von Paris eindrücklich unter Beweis gestellt. Und er hat mit seinem insgesamt 22. Grand-Slam-Erfolg noch einmal nachgewiesen, dass er eine dieser Ausnahmeerscheinungen ist, die dafür gesorgt haben, dass sich ihr Sport verändert hat - so wie einst Box-Ikone Muhammad Ali, Leichtathlet Carl Lewis, Footballstar Tom Brady oder Fußballer Diego Maradona

Noch nie zuvor hat ein Tennisspieler auf Sand derart dominiert wie der Spanier. 111 Siege hat Nadal bislang in Paris gefeiert. Erst drei Mal in all den Jahren musste er über die gesamte Distanz von fünf Sätzen gehen. Geschlagen haben ihn dort nur Djokovic (zweimal) und Robin Söderling aus Schweden. Ein anderes Mal zwang ihn eine Handgelenkverletzung, sich freiwillig aus dem Turnier zurückzuziehen.    

Auf der Zielgeraden?

Mit einer Karriere-Entscheidung kann es bei Nadal jetzt ganz schnell gehen. Am 27. Juni beginnt bereits das traditionsreichste Turner aller vier Grand Slams, Wimbledon. Bis dahin müssen die Mediziner nachhaltige gesundheitliche Erfolge bei ihm erreicht haben. "Das will jeder spielen und ich war dort sehr erfolgreich. Aber ich werde nicht mehr spielen, wenn ich mich zwei Wochen lang spritzen lassen muss", sagte Nadal.

Der Spanier lässt sich alle Optionen offen, weil er selbst nicht weiß, wohin ihn sein nächster Weg führen wird. Als (Tennis-)Rentner sieht sich Nadal jedenfalls noch nicht. "Wenn ich mit dem, was ich habe, immer noch glücklich Tennis spielen kann, werde ich weitermachen. Wenn ich nicht mehr dazu in der Lage bin, werde ich andere Sachen machen“, sagte er.

Nicht nur die Nadal-Fans, sondern auch er selbst werden in den kommenden Tagen und Wochen zittern, dass die Ärzte für ihn endlich einen Weg aus den Schmerzen finden werden. 

  

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