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Nadine Angerer: "Die Idee 'Angel City' ist fantastisch"

Oliver Moody
31. Juli 2020

Begeistert verfolgt Nadine Angerer das Frauenfußball-Projekt von Serena Williams. Aktuell beschäftigt sie auch die Black-Lives-Matter-Bewegung. Diese habe ihr "Denken verändert", erzählt die Ex-Torhüterin im DW-Gespräch.

Nadine Angerer lacht in die Kamera
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Ryan

Die ehemalige deutsche Nationaltorhüterin Nadine Angerer freut sich in diesen Tagen besonders über eine sportliche Entwicklung in den USA: Im kalifornischen Los Angeles soll ein neues Frauenfußball-Team entstehen, das den Namen "Angel City" erhalten wird. Mit dieser Mannschaft soll die National Women's Soccer League (NWSL) ab 2022 erweitert werden. Eine ganze Reihe an Hollywood-Größen, ehemaligen US-Spielerinnen und anderen weiblichen Prominenten haben sich zusammengetan, um das Projekt zu realisieren.

Die Freude von Angerer, die beim Klub Portland Thorne im US-Bundesstaat Oregon als Torwart-Trainerin arbeitet, begründet sich jedoch eher auf den Standort des Teams, als auf die Prominenz. "Bislang gibt es an der Westküste nur Seattle und uns", sagt die zweifache Weltmeisterin im DW-Gespräch: "Es wird Zeit für weitere Teams hier an der Westküste."

Nadine Angerer: "Ich war so naiv"

01:05

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Angerer glaubt, dass ein Team in Los Angeles der NWSL einen großen Schub geben könnte. "Das Charisma von Los Angeles ist die beste Werbung für den Sport und die Liga. Ich bin begeistert von der Idee, das Los Angeles ein eigenes Team bekommt und die Liga erweitert", sagt die 41-Jährige und outet sich als Fan der Filmmetropole: "Ich liebe alles an dieser Stadt. Viele Spielerinnen würden mit Sicherheit gerne in LA spielen. Das kann auch ein gutes Argument für Spielerinnen aus Europa sein, in unsere Liga hier in den USA zu wechseln."

Prominente Unterstützung

Dank der großen Prominenz, die das Projekt auch finanziell unterstützen will, waren die Schlagzeilen zu Angel City nicht zu übersehen. Natalie Portman, Jessica Chastain, Serena Williams und die frühere Nationalspielerin Mia Hamm sind nur einige prominente, am Projekt Angel City beteiligte Namen. "Das ist eine große Sache und ich glaube, das wird die Bekanntheit und den sportlichen Wert der Liga enorm steigern", sagt Nadine Angerer.

US-Tennisstar Serena Williams engagiert sich im FrauenfußballBild: picture-alliance/AAP/D. Crosling

Der Umstand, dass ein Großteil der Unterstützer Frauen sind, ist beim Projekt Angel City ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Aber für Angerer zählt mehr, wie das Team geführt wird, als von wem. "Mich interessiert es nicht, ob es Frauen oder Männer sind, so lange sie einen guten Job machen. Für mich macht das keinen Unterschied", erklärt die Weltfußballerin des Jahres von 2013: "Aber wenn 50 Frauen etwas wirklich Großes auf die Beine stellen, dann ist das natürlich eine Idee, die ich liebe und die ich unterstütze."

Doch die ehemalige Welt- und Europameisterin sieht auch die Gefahr, dass die Fülle an prominenten Namen neben dem Platz das Team auf dem Feld dauerhaft in den Schatten stellen könnte. "Wenn du als Spielerin denkst: Okay, es geht hier nur um die Strahlkraft des Klubs und nicht um meine eigene Entwicklung, dann könnte das ein großes Problem werden", so Angerer und betont, dass sie trotzdem uneingeschränkt hinter dem Projekt steht: "Versteht mich nicht falsch. Die Idee ist nach wie vor fantastisch."

"Augen geöffnet"

Zum Zeitpunkt des Gesprächs ist Nadine Angerer in Portland. Die Hauptstadt des Bundesstaates Oregon ist seit sechs Jahren ihr Zuhause und rückte zuletzt in den medialen Fokus, als die landesweiten Proteste nach der Tötung des Schwarzen George Floyd durch Polizisten in dieser Stadt ihren Höhepunkte fanden und seitdem anhalten. "In Portland kämpfen die Menschen für ihre Sache und sie werden damit auch nicht aufhören", sagt Angerer über die derzeitige Situation, die eskalierte, als von US-Präsident Donald Trump entsandte Bundespolizisten in Portland ohne Vorwarnung oder ohne sich auszuweisen damit begannen, Demonstranten wahllos zu verhaften. "Als die Bundespolizisten kamen, kam die Gewalt", erzählt Angerer und macht keinen Hehl aus ihren Sympathien für die Demonstranten: "Was ich hier an den Menschen in Portland schätze, ist, dass sie für ihre Rechte kämpfen und sich nicht beirren lassen."

Protesteplakate u.a. gegen die Bundespolizei-Präsenz in der US-Stadt PortlandBild: picture-alliance/ZUMA Wire/A. Katz

Ihr persönlich habe diese schwierige Situation die" Augen geöffnet", was die Diskriminierung in den USA angeht. "Ich hätte nie gedacht, wie viel Benachteiligung Schwarze in den USA erleben", berichtet Angerer: "Ich habe das nie vollständig wahrgenommen und gesehen. Es ist unglaublich, mit wie vielen Hindernissen und Schikanen die Menschen konfrontiert sind, wenn sie beispielsweise eine Hypothek aufnehmen wollen, oder wie viele beleidigende Kommentare sie täglich hören. Und Leute wie ich sehen das nicht, weil wir - Entschuldigung - verdammte, weiße, privilegierte Menschen sind."

Angerer: "Habe viel gelernt"

Die Reaktionen im Sport auf diese Missstände sind seit einiger Zeit beispiellos. Auch die Portland Thornes knieten zuletzt vor dem Spiel gegen North Carolina Courage gemeinsam mit dem Gegner nieder. Darüber hinaus engagiert sich das Team auch abseits des Spielfelds, indem zum Beispiel offen über Rassismus debattiert und den Erzählungen über persönliche Erfahrungen Schwarzer Spielerinnen zugehört wird, berichtet Angerer.

Das Team habe außerdem den Dokumentarfilm "13th" von Regisseurin Ava DuVernay über rassistische Strukturen in der US-Justiz gemeinsam geschaut. "Ich war naiv und ich habe viel gelernt. Ich dachte, ich wäre wirklich liberal. Ich sehe mich auch immer noch als liberal und politisch links. Aber nachdem ich all diese Geschichten gehört habe, macht mich umso mehr sauer, wie oberflächlich oder zumindest uninformiert auch ich war", sagt Angerer: "Ich bin glücklich darüber, dass diese Menschen öffentlich und mit lauter Stimme darüber gesprochen und mir die Augen geöffnet haben."

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