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KonflikteNahost

Nahost: Baerbock ruft arabische Welt zur Hilfe auf

Veröffentlicht 2. Dezember 2023Zuletzt aktualisiert 2. Dezember 2023

Die deutsche Außenministerin nimmt die arabischen Staaten bei der Suche nach einer Friedenslösung für den Gazastreifen in die Pflicht. Die Kämpfe im Palästinensergebiet gehen unvermindert weiter. Ein Überblick.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock: "Alle, die das Leid beenden wollen, müssen jetzt zusammenarbeiten"Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Bundesaußenministerin setzt auf arabische Länder bei Friedenssuche   
  • Hunderte israelische Angriffe seit Ende der Feuerpause
  • Israel fordert von Hamas Freilassung von 17 Frauen und Kindern
  • Israel bestätigt Berichte über geplante Pufferzone um den Gazastreifen
  • Wieder Hilfsgüter-Transporte im Gazastreifen eingetroffen

 

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat die arabischen Staaten angesichts neuer schwerer Kämpfe im Gazastreifen zu konstruktivem Zusammenwirken für eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern aufgerufen. "Alle, die das Leid beenden wollen, müssen jetzt zusammenarbeiten", sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. "Denn der Schlüssel für ein Leben in Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser liegt auch in der Region."

Gerade in den Stunden, in denen um eine Fortführung der humanitären Feuerpausen gerungen werde, sei ihr ein enger Austausch mit den konstruktiven und moderaten arabischen Staaten der Region wichtig, betonte Baerbock. Sie hob besonders die Vermittlungsaktivitäten von Katar, Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) sowie von Bahrain und Marokko hervor.

"In einer Situation, in der ein weiterer Funke genügt und die ganze Region in einen Flächenbrand versetzen könnte, wird sich Deutschland mit den regionalen Partnern weiter intensiv dafür einsetzen, dass Hamas keine Chance mehr hat, den Terror des 7. Oktober wieder und wieder über Israel zu bringen", erklärte die deutsche Ministerin.

Israel: Seit Freitag mehr als 450 "Terrorziele" angegriffen

Die israelische Armee setzte derweil ihre Angriffe auf die von Israel, den USA, der Europäischen Union und von anderen Ländern als Terrororganisation gelistete Hamas fort. Wie das Militär mitteilte, bombardierten Kampfflugzeuge in der Gegend der Stadt Chan Junis im Süden des abgeriegelten Küstengebiets mehr als 50 Ziele. Zudem seien "Terroristen" und Infrastruktur der Hamas in der Gegend von Beit Lahia mit Panzern und gezielten Luftschlägen attackiert worden.

Zur besseren Sicht zündet Israels Armee in der Nacht Leuchtraketen über der Stadt Chan Junis Bild: Said Khatib/AFP/Getty Images

Marineeinheiten hätten ferner militärische Ziele im Hafen von Chan Junis sowie in Deir al-Balah mit Präzisionsmunition angegriffen, hieß es weiter. Dabei seien maritime Infrastruktur und Ausrüstung der Terrororganisation getroffen worden. Auch in Rafah gab es nach Berichten israelischer Medien Angriffe. 

Ebenso nahmen Israels Streitkräfte den Angaben zufolge im Norden Gazas wieder am Boden und aus der Luft Ziele unter Beschuss. Dabei habe ein Kampfflugzeug unter anderem eine Moschee, die der militanten Organisation Islamischer Dschihad als Kommandozentrale gedient habe, beschossen. Sämtliche Angaben lassen sich bislang nicht unabhängig überprüfen.

Rauch steigt von einem getroffenen Gebäude in Gaza-Stadt auf Bild: Alexander Ermochenko/REUTERS

Am Freitag war eine siebentägige Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas ausgelaufen, die für die Freilassung von Geiseln sowie für Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen genutzt worden war. Laut der israelischen Armee wurden allein an diesem Tag mehr als 400 "Terrorziele" in dem gesamten Küstenstreifen attackiert. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums wurden seit Wiederaufnahme der Kämpfe im Gazastreifen fast 200 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Feuerpause im Gazastreifen ist beendet

02:32

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Israel fordert von Hamas Freilassung von 17 Frauen und Kindern

Israel hat die radikal-islamische Hamas zur Freilassung der verbliebenen weiblichen Geiseln und verschleppten Kinder aufgefordert, die noch immer im Gazastreifen festgehalten werden. Die Hamas habe ihre Zusage nicht eingehalten, diese Geiseln freizulassen, sagte der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant. "Jede künftige Diskussion über weitere Geiseln, bevor die Hamas diejenigen freilässt, zu deren Rückgabe sie sich bereits verpflichtet hat, ist gleichbedeutend mit der Aufgabe der 17 Frauen und Kinder, die von der Hamas festgehalten werden."

Hamas: weitere Geiselfreilassung erst bei Feuerpause

Erst bei einer neuen Waffenruhe im Gazastreifen will die islamistische Hamas Israel weitere Geiseln übergeben. Bei den Geiseln, die noch immer von den Terroristen festgehalten werden, handele es sich um israelische Soldaten und Zivilisten, die früher in der israelischen Armee gedient hätten, sagte Hamas-Vize Saleh al-Aruri dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Die israelischen Geiseln würden erst dann freigelassen, wenn es keine Kampfhandlungen mehr gebe und von Israel alle palästinensischen Häftlinge freigelassen würden. "Der Krieg soll seinen Lauf nehmen. Diese Entscheidung ist endgültig. Wir werden keine Kompromisse eingehen", ergänzt Aruri.

Israel bestätigt Berichte über geplante Pufferzone um den Gazastreifen

Nach einem Ende des Hamas-Israel-Krieges will Israel eine Pufferzone im Grenzgebiet zum Gazastreifen einrichten. "Israel wird eine Sicherheitshülle brauchen", sagte der Sicherheitsberater der israelischen Regierung, Mark Regev, vor Journalisten in Tel Aviv. "Es wird keine Situation mehr geben, in der sich Hamas-Leute an der Grenze aufhalten, die sie überqueren und unsere Zivilisten töten können."

Regev nannte keine genaueren Details zu der geplanten Sicherheitszone. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass diese auf dem derzeitigen Gebiet des Gazastreifens liegen wird und damit das Palästinensergebiet faktisch verkleinert wird. Israel habe kein Interesse daran, den Gazastreifen erneut zu besetzen oder dauerhaft zu beherrschen, fuhr Regev fort. Gleichzeitig sagte er, Israel müsse nach dem Krieg die Kontrolle über die Sicherheit des Küstenstreifens bewahren.

Er bekräftigte das Ziel, die Herrschaft der Hamas im Gazastreifen nach 16 Jahren zu beenden und die militärischen Fähigkeiten der Terrororganisation zu zerstören. Man wolle "eine neue Realität in Gaza schaffen, damit israelische Zivilisten nicht mehr in ständiger Angst vor der Hamas leben müssen, in Angst, dass sie über die Grenze kommen und ihre Kinder abschlachten". 

Wieder Hilfsgüter-Transporte in den Gazastreifen

Dringend benötigte Hilfslieferungen sind nach Angaben von Helfern wieder im Gazastreifen eingetroffen. 50 Lastwagen mit Gütern seien über den Grenzübergang Rafah in das abgeriegelte Küstengebiet gefahren, teilte der Palästinensische Rote Halbmond auf X mit. Die Lkw seien mit Lebensmitteln, Wasser, medizinischen Hilfsgütern und Medikamenten beladen gewesen. Zuvor hatten Hilfsorganisationen mitgeteilt, dass Israel seit dem Ende der Feuerpause am Freitagmorgen keine Einfuhr entsprechender Lieferungen aus Ägypten in den Gazastreifen erlaubt habe.

Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern konnten den Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen überquerenBild: PALESTINE RED CRESCENT SOCIETY/REUTERS

Tod von fünf Geiseln bestätigt

Die israelische Armee bestätigte den Tod von fünf Geiseln, die von der militant-islamistischen Palästinenserorganisation verschleppt worden waren. Die Angehörigen seien informiert worden und der Leichnam einer Geisel sei jetzt in Israel, teilte Armeesprecher Daniel Hagari mit.

Eine Gruppe von Experten aus Israels Gesundheitsministerium, der Rechtsmedizin, des Rabbinats und des Ministeriums für religiöse Angelegenheiten habe auf Grundlage von Untersuchungsergebnissen und Geheimdienstinformationen ihren Tod bestätigt. Nach Angaben Hagaris befinden sich immer noch 136 Geiseln, darunter 17 Frauen und Kinder, in der Gewalt der Hamas.

Syrien meldet israelische Raketenangriffe  

Israel startete nach Angaben von Syriens Regierung in der Nacht zu Samstag auch Raketenangriffe in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Der "israelische Feind" habe den Luftangriff von den besetzten Golanhöhen aus gestartet, erklärte das syrische Verteidigungsministerium. In der Gegend von Damaskus war Explosionslärm zu hören. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur meldete, die meisten israelischen Raketen seien abgefangen wurden. Es habe nur materielle Schäden gegeben.

Ergänzend teilte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur AFP mit, die israelische Armee habe "Hisbollah-Ziele" in der Gegend Saijida Seinab südlich von Damaskus beschossen. In der Folge seien Krankenwagen dorthin geeilt, fügte der Chef der in Großbritannien ansässigen Nichtregierungsorganisation hinzu, die ihre Informationen aus einem großen Netzwerk in Syrien bezieht.

Israels Armee teilte auf Anfrage zunächst nichts zu dem Beschuss mit. Die vom Iran unterstützte schiitische Hisbollah-Miliz ist von Israel, den USA, Deutschland und mehrere sunnitischen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Schusswechsel an Israels Grenze zum Libanon

Auch an der israelisch-libanesischen Grenze kam es den zweiten Tag in Folge wieder zu Schusswechseln zwischen israelischen Truppen und Hisbollah-Kämpfern. Die Miliz teilte mit, sie habe Raketen auf israelische Stellungen gefeuert. Das israelische Militär erklärte, zwei aus dem Libanon abgefeuerte Mörserbomben seien im Grenzgebiet auf offenem Gelände niedergegangen. Darauf habe das Militär mit Angriffen auf das Abschussgelände im Libanon reagiert. Die am Freitag beendete Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der Hamas hatte zwar den Libanon nicht offiziell eingeschlossen. Während der Waffenruhe hörten aber auch die täglichen Scharmützel an der israelisch-libanesischen Grenze auf, die es zuvor wochenlang gegeben hatte.

USA liefern 100 Bunkerbrecher-Bomben

Die USA haben Israel für den Krieg gegen die militante Hamas einem Bericht zufolge 100 Bunkerbrecher-Bomben sowie Zehntausende andere Waffen geliefert. Wie die US-Zeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf US-Beamte berichtet, erhielt Israel allein 100 Bunkerbrecher-Bomben mit Gefechtsköpfen vom Typ BLU-109. Die Lieferung von zusätzlichen Waffen und Munition - darunter etwa 15.000 Bomben sowie 57.000 Artilleriegeschosse - habe kurz nach dem beispiellosen Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober begonnen und sei in den vergangenen Tagen fortgesetzt worden.

Der Gefechtskopf BLU-109 wurde entwickelt, um Bunker und andere tief eingegrabene, massiv gehärtete Ziele wie Tunnel punktgenau zu zerstören. Die palästinensische Terrororganisation Hamas verfügt unter dem Gazastreifen über ein Netzwerk an Tunneln, das sich über Hunderte von Kilometern erstreckt. Die Tunnel bieten der Hamas nicht nur gute Versteckmöglichkeiten, die Terroristen können auch von dort unerwartet aus dem Untergrund auftauchen und wieder verschwinden.

sti/se/AR/kle/qu/hf (afp, ap, dpa, rtr)

Redaktionsschluss 20.10 MEZ. Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.

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