1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteIsrael

Nahost: Feuerpause um zwei Tage verlängert

Veröffentlicht 27. November 2023Zuletzt aktualisiert 27. November 2023

Israel und die radikal-islamische Hamas haben sich unter Vermittlung Katars auf die Verlängerung verständigt. Teil der Vereinbarung ist die Freilassung weiterer Geiseln und palästinensischer Häftlinge. Unser Überblick.

Ein Mann steht mit gesenktem Kopf vor einem Plakat auf dem "Bring them home now!" ("Bringt sie nach Hause - jetzt!") steht
Fast 180 Geiseln sind weiter in der Hand der radikal-islamischen HamasBild: Athit Perawongmetha/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Katar vermittelt Verlängerung der Feuerpause
  • Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen wird fortgesetzt 
  • Warten auf Freilassung einer vierten Gruppe von Hamas-Geiseln
  • Bundespräsident Steinmeier sagt deutsche Hilfe für Kibbuz-Wiederaufbau zu
  • Israel: Musks Starlink nur mit Genehmigung Israels in Gaza

 

Wenige Stunden vor Ablauf der zunächst auf vier Tage angelegten Feuerpause im Hamas-Israel-Krieg haben Israel und die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas sich auf eine Verlängerung der Waffenruhe geeinigt. Die seit Freitagmorgen geltende Feuerpause werde um zwei Tage verlängert, teilte Madschid al-Ansari, Sprecher des katarischen Außenministeriums, mit. Damit dürfte die Feuerpause bis Donnerstagfrüh andauern.

Auch die radikale Hamas, die von Israel, Deutschland, der EU, den USA und einigen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird, bestätigte die Verlängerung. Nach Darstellung der Hamas gelten für die zwei weiteren Tage der Kampfpause die gleichen Bedingungen wie für die vier Tage zuvor. Eine Stellungnahme Israels lag zunächst nicht vor.

Diese vertriebenen Palästinenser nutzen die Waffenruhe, um in ihre Häuser in Chan Junis zurückzukehrenBild: Mohammed Salem/REUTERS

Die USA begrüßten die Verlängerung der Feuerpause. Man hoffe, dass unter den Geiseln, die von der Hamas als nächste freigelassen würden, auch US-Bürger seien, teilt das Präsidialamt in Washington mit. Vermutlich seien acht bis neun Menschen mit US- und israelischem Pass unter den Verschleppten. Die USA sind der engste Verbündete Israels und haben sich für die Feuerpause eingesetzt.

Laut dem staatlichen ägyptischen Informationsdienst soll die verlängerte Waffenpause an beiden Tagen die Freilassung von jeweils zehn im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln der Hamas im Austausch gegen jeweils 30 palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen umfassen. Zusätzlich solle die Einfuhr von medizinischen Hilfsgütern, Nahrungsmitteln und Treibstoff in den Gazastreifen fortgesetzt werden.

Hoffen auf weitere Geiselfreilassung

Die von Katar vermittelte erste Kampfpause zwischen Israel und der Hamas war für zunächst vier Tage angesetzt. Sie war am Freitagmorgen in Kraft getreten. Ohne Verlängerung wäre sie am Dienstagmorgen ausgelaufen.

An diesem Montag wird, noch im Rahmen der ersten Vereinbarung, die Freilassung zehn weiterer Geiseln erwartet. Es wäre die vierte Gruppe an Geiseln, die im Gegenzug für die Freilassung palästinensischer Gefangener aus israelischen Gefängnissen freikommen würden. In Israel wird davon ausgegangen, dass noch knapp 180 Geiseln in den Händen der Terroristen sind.

Das Rote Kreuz bringt am Sonntag im Rahmen der dritten Geiselfreilassung Opfer des Hamas-Terrors aus dem Gazastreifen herausBild: Ibraheem Abu Mustafa/REUTERS

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte nach einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden gesagt, er würden eine Verlängerung der Feuerpause begrüßen. Er habe im Gespräch mit Biden aber auch bekräftigt, dass die Kämpfe danach wieder aufgenommen würden. Nach dem Auslaufen des Abkommens werde Israel seine Ziele im Krieg mit der Hamas "mit voller Kraft verwirklichen".

Westliche Staaten für längere Waffenruhe

Biden hatte zuvor gesagt, dass er auf eine Verlängerung der Kampfpause im Gazastreifen hoffe. So könnten mehr Geiseln befreit und mehr humanitäre Hilfe für die Bedürftigen in Gaza bereitgestellt werden. Auch die französische Außenministerin Catherine Colonna sprach sich für einen solchen Schritt aus. Es wäre "gut, hilfreich und notwendig", die Waffenruhe zu verlängern, bis alle Geiseln, darunter auch französische Bürger, freigelassen seien, sagte Colonna dem Sender BFM TV.

Ähnlich sieht dies der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell. "Die Pause sollte verlängert werden, um sie nachhaltig und von langer Dauer zu machen, während auf eine politische Lösung hingearbeitet wird", sagte Borrell am Rande eines Treffens der Union für den Mittelmeerraum in Barcelona.

UN: Zu wenig Nahrung und Brennstoff im Gazastreifen

Weitere Hilfslieferungen haben die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen erreicht. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA trafen am Sonntag unter anderem 1062 Tonnen verzehrfertige Lebensmittel an vier Unterkünften des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im abgeriegelten Küstenstreifen ein. Außerdem seien weitere Zelte, Decken, Trinkwasser und medizinische Güter geliefert worden, hieß es in einer Mitteilung. 

Die Lieferungen decken nach Angaben des UN-Nothilfebüros nur einen minimalen Bedarf. Die Lebensmittelversorgung gestalte sich weiterhin schwierig. Vielen Menschen fehle es noch immer an Nahrung und Brennstoff zum Kochen. Überall in Gaza schlachteten Bauern ihre Tiere, weil sie dringend Nahrung benötigten und es ihnen an Futter mangele, um die Tiere am Leben zu erhalten, so OCHA.  Insbesondere im Norden des Gazastreifens sei die Not groß. 

Steinmeier sagt deutsche Hilfe für Kibbuz-Wiederaufbau zu

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat beim Besuch des von der radikalislamischen Hamas überfallenen und weitgehend zerstörten Kibbuz Beeri deutsche Hilfe beim Wiederaufbau zugesagt. Der Bundestag habe auf seine Initiative hin für 2024 einen Betrag von sieben Millionen Euro für diesen Ort bereitgestellt. Damit solle in Beeri der Wiederaufbau eines Kulturzentrums und eines Begegnungszentrums für Senioren finanziert werden.

Zwar sei es keine zwei Monate nach dem Hamas-Angriff noch zu früh, über Wiederaufbau nachzudenken, doch hätten Beeri und die vielen anderen Kibuzzim es verdient, "dass sie nicht nur Teil der israelischen Geschichte sind, sondern vor allen Dingen auch Teil der Zukunft Israels sein werden". Deshalb habe Deutschland den festen Willen, beim Wiederaufbau zu helfen, damit eine Perspektive für die Bewohnerinnen und Bewohner von Beeri entstehe.

Bundespräsident Steinmeier und Israels Präsident Herzog in den Trümmern des Kibbuz BeeriBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Nach einem Rundgang durch die Trümmer von Beeri und Gesprächen mit Augenzeugen sagte Steinmeier, ihm versage die Sprache, um zu sagen, "was im Detail an diesem Ort geschehen ist". Er habe gehört, "wo Frauen vergewaltigt worden sind, Menschen in den Schutzräumen verbrannt worden sind, Kinder enthauptet worden sind". Kibbuzim gehörten zur Geschichte und Seele des Staates Israel, sagte der Bundespräsident. "Hier zu sein bedeutet eben auch, Zeuge zu sein, wie sehr die Seele Israels getroffen und zerstört worden ist."

Der von deutschen Juden mitgegründete Kibbuz Beeri liegt in unmittelbarer Nähe zum Gazastreifen. Mehr als 130 der etwa 1300 Bewohner tötete die Hamas bei dem brutalen Terrorangriff, mehr als 50 verschleppte sie. 

Bundespräsident Steinmeier sichert Israel Solidarität zu

Nach seiner Ankunft in Israel am Sonntag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Land bei seinem Krieg gegen die radikalislamische Hamas Deutschlands fortgesetzte Solidarität zugesagt. "Solidarität nicht nur mit Israel als Opfer des Terrors, sondern auch mit Israel, das sich wehrt", schrieb die Sprecherin des Bundespräsidenten im Onlinedienst X nach seinem Treffen mit dem israelischen Kollegen Izchak Herzog in Jerusalem.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (links) und sein israelischer Kollege Izchak Herzog Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Herzog seinerseits bezeichnete den Besuch von Steinmeier und von dessen Frau Elke Büdenbender als "Symbol für das feste Bündnis zwischen unseren Ländern". Deutschlands moralische und ethische Verantwortung zeigten sich "in dieser Zeit in Worten und Taten", erklärte Herzog auf X. Zuvor hatte hatte Steinmeier Angehörige von Geiseln getroffen, die von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt worden waren.

Steinmeier war gemeinsam mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nach Israel gereist. Weitere Stationen seiner Reise sind der Süden Israels und Ostjerusalem. Bas besucht an diesem Montag das israelische Parlament in Jerusalem, wo sie unter anderem an einer Sitzung der Knesset teilnimmt.

Zehntausende demonstrieren in London gegen Antisemitismus und für Israel

Einen Tag nach einer pro-palästinensischen Großdemonstration in London sind am Sonntag in der britischen Hauptstadt etwa 50.000 Menschen gegen Antisemitismus auf die Straße gegangen, darunter auch Ex-Premierminister Boris Johnson. Auf ihrem Weg zum britischen Parlament trugen einige Teilnehmer Plakate mit der Aufschrift "Null Toleranz für Antisemitismus". Andere schwenkten israelische und britische Flaggen und hielten Fotos von israelischen und ausländischen Geiseln in den Händen, die Hamas-Terroristen am 7. Oktober gekidnappt hatten.

Marsch gegen Antisemitismus in LondonBild: Alberto Pezzali/AP Photo/picture alliance

Nach Angaben der jüdischen Wohltätigkeitsorganisation Community Security Trust (CST) wurden in den 40 Tagen zwischen dem Hamas-Angriff und dem 15. November mindestens 1324 antisemitische Vorfälle in Großbritannien registriert - im Vorjahreszeitraum waren es 217.

Marokkaner verlangen dauerhafte Waffenruhe im Gazastreifen

Auf einer Demonstration in der marokkanischen Stadt Casablanca haben zehntausende Menschen eine dauerhafte Feuerpause im Gazastreifen gefordert. Zugleich plädierten sie dafür, die diplomatischen Beziehungen zu Israel auszusetzen. Das nordafrikanische Land war 2020 neben den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain den Abraham-Abkommen beigetreten, die von den Vereinigten Staaten vermittelt wurden. Marokko läutete damit eine Normalisierung seiner Beziehungen zu Israel ein. Im Gegenzug erkannten die USA und Israel die Souveränität Marokkos über die Westsahara an. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas haben die Proteste in Marokko gegen Israel jedoch zugenommen.

Demonstranten in Casablanca fordern eine dauerhafte Waffenruhe im GazastreifenBild: AFP

Israel: Musks Starlink nur mit Genehmigung Israels in Gaza

Der US-amerikanische Technologie-Unternehmer Elon Musk wird nach israelischen Angaben sein Satelliten-Kommunikationssystem Starlink nur mit israelischer Genehmigung im Gazastreifen einsetzen. Darauf habe Musk sich grundsätzlich mit dem Kommunikationsministerium geeinigt, schrieb Minister Schlomo Karhi auf Musks Plattform X (vormals Twitter).

Musk hatte Ende Oktober angekündigt, er wolle mithilfe des Satelliten-Kommunikationssystems seiner Firma SpaceX dabei helfen, die unterbrochene Kommunikation zu international anerkannten Hilfsorganisationen im Gazastreifen wieder herzustellen. Israel hatte daraufhin erklärt, dies mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Grund sei, dass die islamistische Hamas das System für Terrorzwecke missbrauchen würde.

Der israelische Präsident Izchak Herzog will sich an diesem Montag mit dem Unternehmer Elon Musk treffen. "Dabei wird der Präsident die Notwendigkeit betonen, gegen den zunehmenden Antisemitismus im Internet vorzugehen," erklärte Herzogs Büro.

Israels Premier Netanjahu (M) empfängt Musk (l) an der Grenze zum GazastreifenBild: Amos Ben Gershom/Israel Gpo via ZUMA Press Wire/picture alliance

Der Milliardär traf sich auch mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dabei sagte er: "Diejenigen, die auf Mord aus sind, müssen neutralisiert werden." Zudem müsse die Propaganda unterbunden werden, die Menschen zu Mördern ausbilde. Der Tesla-Chef und Besitzer des Kurznachrichtendiensts X hatte kürzlich einem antisemitischen Beitrag auf der Plattform zugestimmt. Das veranlasste mehrere große Unternehmen dazu, ihre Werbung auf der früher Twitter genannten Plattform auf Eis zu legen.

Drei junge Palästinenser in den USA durch Schüsse verletzt

In den USA sind drei Studenten palästinensischer Herkunft niedergeschossen worden. Die jungen Leute seien in der Stadt Burlington im Bundesstaat Vermont unterwegs gewesen, "als ihnen plötzlich ein Weißer gegenüberstand, der mit einer Pistole bewaffnet war", teilte die Polizei in Burlington am Sonntag mit. Ohne etwas zu sagen, habe der Mann vier Mal auf die Studenten geschossen. Zwei Opfer seien in einem stabilen Zustand. der dritte Palästinenser habe hingegen "ernsthaftere Verletzungen" erlitten. Zwei der Studenten sind US-Bürger, der dritte hat einen Aufenthaltstitel.

Der Angreifer konnte offenbar zu Fuß flüchten und ist noch nicht identifiziert. Niemand könne "ein durch Hass motiviertes Verbrechen" ausschließen, sagte Polizeichef Jon Murad. Wegen des Hamas-Israel-Krieges häufen sich gerade weltweit antisemitische und islamophobe Attacken.

Terrorangriff der Hamas auf Israel

Auslöser des Hamas-Israel-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels. Am 7. Oktober überfielen Terroristen aus dem Gazastreifen das israelische Grenzgebiet. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Etwa 240 Menschen wurden in den Gazastreifen verschleppt, auch mehrere Deutsche.

Israel reagierte mit massiven Luftangriffen, einer Blockade des Gazastreifens und schickte Ende Oktober auch Soldaten nach Gaza.

kle/ack/se/sti/fab/qu/uh/gri (dpa, afp, rtr, ap)

Redaktionsschluss 20.30 MEZ. Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen