Gewalt in Nahost beschäftigt die Filmwelt
9. September 2025
Mehr als 1200 Persönlichkeiten aus der Filmindustrie, darunter bekannte Namen wie Tilda Swinton, Olivia Colman, Mark Ruffalo oder Giorgos Lanthimos haben einen Aufruf der Initiative "Film Workers for Palestine" unterzeichnet, in der sie erklären, nicht mit israelischen Filminstitutionen zusammenzuarbeiten, "die in Völkermord und Apartheid gegen das palästinensische Volk verwickelt sind", so der Wortlaut. Als Beispiel werden die Namen großer israelischer Filmfestivals genannt, die weiterhin mit der Regierung zusammenarbeiteten.
Betont wird dabei, dass es um Institutionen gehe, die sich durch ihr Vorgehen mitschuldig machten, nicht jedoch um die Zusammenarbeit mit Einzelpersonen. Der israelische Produzentenverband bezeichnete den Aufruf in einer Stellungnahme gegenüber der britischen Tageszeitung "The Guardian" als "fehlgeleitet", da die Petition auf die falschen Leute abziele.
Inspiriert worden sei die Aktion, so steht es in dem Aufruf zu lesen, von der Initiative "Filmmakers United Against Apartheid", die unter anderen von Regisseur Martin Scorsese mitbegründet wurde. Ende der 1980er-Jahre hatte sie dazu aufgerufen, den kulturellen Boykott gegen das Apartheid-Regime in Südafrika zu unterstützen.
Sicherheitsmaßnahmen beim Filmfest in Toronto
Auch beim derzeit laufenden internationalen Filmfestival in Toronto ist das Thema Israel und Gaza präsent. Am Mittwoch (10.9.) hat dort der Dokumentarfilm "The Road Between Us: The Ultimate Rescue" seine Weltpremiere - nachdem er zuvor aus dem Programm gestrichen worden war. Der Film erzählt, wie ein pensionierter General am 7. Oktober 2023 zum Kibbuz Nahal Oz reist, um seinen Sohn und dessen Familie vor dem Angriff der Hamas zu retten.
Der in Kanada produzierte Film von Regisseur Barry Avrich verwendet Bodycam-Material der Hamas von den Angriffen. Aufgrund fehlender "rechtlicher Freigabe" - so die offizielle Begründung - wurde der Film zunächst aus dem Festivalprogramm gestrichen, bevor er aufgrund von Protesten und Zensurvorwürfen wieder aufgenommen wurde.
Mehr als 1000 Personen aus der Unterhaltungsbranche, darunter die US-Amerikanerinnen Amy Schumer und Debra Messing, hatten eine Petition unterzeichnet, in der sie dem Festival vorwarfen, jüdische Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Die Organisatoren entschuldigten sich und gaben bekannt, dass sie eine Lösung gefunden hätten, die wichtige Rechtsfragen berücksichtige. Der Film wird also gezeigt - und Regisseur Barry Avrich plant, wie er in einem Interview mit der Filmzeitschrift "Deadline" sagte, sein eigenes Sicherheitsteam mitzubringen.
Standing Ovations in Venedig
Ebenfalls in Toronto gezeigt wurde der bei den Filmfestspielen in Venedig (4.-14.9.2025) mit dem silbernen Löwen ausgezeichnete Film "The Voice of Hind Rajab" der tunesischen Regisseurin Kaouther Ben Hania. Der Film erzählt die - wahre - Geschichte eines kleinen Mädchens, das im Januar 2024 bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen getötet worden war. Das Premierenpublikum war tief bewegt, der Film bekam in Venedig mehr als 20 Minuten Standing Ovations.
Doch auch dieser Film löste ganz unterschiedliche Reaktionen aus. Regisseurin Kaouther Ben Hania sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass das Filmteam im Anschluss an die Premiere "Tausende und Abertausende" einschüchternde Nachrichten bekommen hätte.
Und auch der aktuelle Aufruf in der Filmbranche ist kein einhelliger. In einem Kommentar in der New York Times schreibt die Journalistin Sharon Waxman, das Thema Nahost sei für Hollywood ein "heikles Thema", das überall "tiefgreifende und wütende Überzeugungen" hervorrufe.