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Namen statt Passwort

12. Januar 2013

Ganz schön peinlich, mit dem falschen Namen angeredet zu werden. Wie gut, dass wenigstens Gott mich kennt und mich als unverwechselbare Person anspricht, meint Pater Nobert Cuypers von der katholischen Kirche.

Taufe
TaufeBild: Fotolia/bimbo13

Neulich, in der U-Bahn, da habe ich eine mir bekannte Dame irrtümlich mit einem falschen Namen angesprochen. Höflich wie sie war, korrigierte sie mich und ließ mich sogleich ihren richtigen Namen wissen. Es stimmt ja auch, dass die meisten Menschen sich unwohl fühlen, mit falschem Namen angesprochen zu werden. Das geht mir nicht anders. Mein Name ist eben auch Ausdruck meiner Identität. Ich identifiziere mich mit ihm. Daher ist auch das umgekehrte wohl wahr: Wenn Menschen mich bei meinen Namen ansprechen, klingt das wie Musik in den Ohren. Instinktiv weiß ich, dass ich als Person gemeint bin.

Von Gott gerufen

Das ist eben der Unterschied: unser Auto ist durch ein Kennzeichen beim Amt registriert und unser Computer besitzt ein Passwort, das man kennen muss, um ihn überhaupt benutzen zu können. Ich als Mensch hingegen habe einen Namen, den mir meine Eltern bei der Geburt gegeben haben und mit dem ich – so glaube ich als getaufter Christ – von Gott gerufen wurde. Heißt es doch beim Propheten Jesaja: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes 43,1)

Ist das nicht eine gute Nachricht für uns Menschen, die wir in einer Zeit der anonymisierten Kundennummern und Strich-Codes leben? Gott kennt mich bei meinem Namen. Für ihn bin ich nicht irgendjemand unter vielen anderen. Nein, für Gott bin ich etwas Besonderes, ein Mensch mit seiner ganz persönlichen Identität und Individualität. Ich als Norbert bin Gott wichtig.

Einen ähnlichen Gedanken finden wir bei Lukas, einem jener biblischen Autoren, der das Leben und Wirken Jesu in einem Evangelium aufgeschrieben hat. Er berichtet davon, dass jener Jesus bei seiner Taufe den Himmel geöffnet sah und eine Stimme aus dem Himmel hörte: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich meine Freude.“ (Lk 2,22)

Ich bin überzeugt davon, dass es genau diese Zusage ist, die auch jedem Menschen von Gott gemacht wird. Durch das Sakrament der Taufe steht für ihn gleichsam der Himmel offen. Und auch er oder sie darf hören: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter, an dir habe ich meine Freude.“ Hier wird spürbar, dass Gott vom Menschen größer denkt, als er von sich selbst. Aber genau hier wird auch der Glaube des Menschen herausgefordert: Kann ich diese Zusage Gottes annehmen? Vertraue ich ihr? Das ist vielleicht die Glaubensfrage schlechthin.

Hineingestickt in die Liebe Gottes

In diesem Zusammenhang fällt mir das alte Taufkleid meiner Familie ein. Anlässlich meiner Priesterweihe ließ meine Mutter die Namen aller sechs Kinder, die sie nach der Geburt mit der Hand in den Saum eingestickt hatte, heraustrennen und in die Stola meines Primizgewandes hineinarbeiten. Diese Stola trage ich bis heute gern bei der Tauffeier eines Kindes, weil sie genau das verdeutlicht, um was es im eigentlichen geht: Durch die Taufe bin ich förmlich „hineingestickt“ in die Liebe Gottes und nichts und niemand kann mir diese Würde mehr nehmen.

So gesehen darf ich als Christ die Taufe in erster Linie als ein Geschenk Gottes verstehen. Sie verlangt zuerst einmal keine besonderen Vorleistungen. Alles, was der Mensch braucht, ist die Bereitschaft, sich von Gott beschenken zu lassen. Damit kann ein Lebensweg beginnen, der in jedem Alter anders aussieht, der aber immer dazu hinführen wird, die Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes im persönlichen Leben für die Menschen sichtbar und spürbar zu machen. Und die Überschrift dieses Lebensweges könnte dann lauten: „Du bist Gottes Kind“.

In der katholischen Liturgie wird am morgigen Sonntag der Taufe Jesu gedacht. Die Gottesdienstbesucher sind dann in besonderer Weise dazu eingeladen, auch an ihre eigene Taufe zu denken und sich das Wort Gottes zu Herzen gehen zu lassen, das ich auch Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, heute mit in den Tag geben möchte: „Du bist ein geliebtes Kind Gottes, an dir hat Gott seine Freude.“

Zum Autor:

Pater Norbert Cuypers wurde 1964 als sechstes Kind in Köln geboren. Nach einer Berufsausbildung als Schriftsetzer trat er in die „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ ein - im deutschsprachigen Raum besser als „Steyler Missionare“ bekannt. Während seines ersten Missionseinsatzes im Westlichen Hochland von Papua Neuguinea entdeckte er seine große Liebe zur Seelsorge. Er kam nach Europa zurück und ließ sich in Österreich zum Priester ausbilden und weihen. Als Missionar ist P. Norbert Cuypers grundsätzlich bereit, dort zu leben und zu arbeiten, wo ihn sein Herz hinzieht, beziehungsweise wo ihn seine Gemeinschaft braucht. Aktuell leitet er das Noviziat der deutschsprachigen Ordensprovinzen in Berlin.

Pater Norbert CuypersBild: privat
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