"Führer der Nation"
11. Mai 2010Als "Führer der Nation" würde für Nursultan Nasarbajew lebenslange Immunität vor Strafverfolgung gelten. Sein Eigentum und Vermögen und das seiner Familienangehörigen dürfte nicht angetastet werden. Und: Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt müssten wichtige Fragen der Innen- und Außenpolitik mit ihm abgestimmt werden.
Abgeordnete des kasachischen Parlaments, in dem nur die Regierungspartei "Nur Otan" vertreten ist, haben ein solches Gesetz auf den Weg gebracht. "Um Stabilität im Staate zu gewährleisten, halten wir es für notwendig, dass für den ersten Präsidenten der Republik Kasachstan der Titel 'Führer der Nation' in der Verfassung verankert wird", erklärte der Abgeordnete Amsebek Scholschybekow. Ähnliche Gesetze, die Staatschefs vor strafrechtlicher Verantwortung schützen, seien allgemeine internationale Praxis, betonte der politische Berater des kasachischen Präsidenten Ermuhamet Ertysbajew.
Experte: Beispielloser Machterhalt
Kaum einer glaubt, dass Nasarbajew, der seit 20 Jahren das Land regiert, sich vom höchsten Staatsamt zurückzuziehen will. Die aktuelle Gesetzesinitiative stelle nur den Höhepunkt in Nasarbajews Bestreben dar, seine Macht in einem beispiellosen Umfang zu erhalten, sagt der kasachische Politologe Dosym Satpajew. Noch würden für den Präsidenten gewisse Machtbeschränkungen gelten. "Aber der Status als 'Führer der Nation' würde Nasarbajew ermöglichen, nicht mehr vom Präsidentenamt abhängig zu sein." Satpajew kritisiert die Gesetzesinitiative auch, weil sie keine Antwort auf die wichtige Frage gebe, was geschehen solle, wenn Nasarbajew abtrete.
Gesetz als Geburtstagsgeschenk?
95 Prozent der Abgeordneten haben sich bereits dafür ausgesprochen, die Verfassung so zu ändern, dass der erste Präsident des Landes der "Führer der Nation" werden kann. Die erste Anhörung im Parlament zu den entsprechenden Verfassungsänderungen soll am 25. Juni 2010 stattfinden, knapp zwei Wochen vor dem 70. Geburtstag von Präsident Nasarbajew.
Das kasachische Parlament hatte in den vergangenen Jahrzehnten die Verfassung mehrfach zu Nasarbajews Gunsten geändert: Die Amtszeit des Präsidenten wurde von fünf auf sieben Jahre verlängert und die Begrenzung auf zwei Amtszeiten aufgehoben. Zuletzt wurde Nasarbajew im Dezember 2005 im Amt bestätigt.
Autor: Anatolij Weißkopf / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Julia Kuckelkorn