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Politik

Nationalisten bilden internationale Fraktion

Rebecca Ritters kkl
8. April 2019

Die AfD will zusammen mit der Lega des italienischen Innenministers Salvini und anderen Rechtsparteien im nächsten EU-Parlament eine Fraktion der Rechtspopulisten bilden. Ihr Ziel: Nationalistische Politik in Europa.

Italien Lega Nord & AfD | gemeinsamer Wahlkampfauftakt Europawahl | Salvini
Bild: Reuters/A. Garofalo

"Wir wollen Europa reformieren", sagte Italiens Innenminister, der Lega-Populist Matteo Salvini, bei einer Pressekonferenz in einem schicken Mailänder Hotel. "Für viele ist Europa ein Alptraum, kein Traum." Damit startete Salvini seinen von vielen erwarteten Versuch, Europas Rechtsparteien zur Europawahl im Mai in einer gemeinsamen Fraktion zu vereinen.

An seiner Seite war der Vorsitzende und derzeit einzige Europa-Abgeordnete der Alternative für Deutschland, Jörg Meuthen. Mit dabei waren außerdem Vertreter der Dänischen Volkspartei und der finnischen Kleinpartei "Die Finnen" - aus mehr Gruppierungen besteht Salvinis Plattform bisher nicht.

Die neue Fraktion soll "Europäische Allianz der Menschen und Nationen" (EAPN) heißen, sagte Meuthen, und allen offenstehen, denen Konservativismus und Patriotismus wichtig sind. "Nicht willkommen sind uns Sozialisten, Kommunisten, Ökofaschisten und Extremisten - und zwar aus dem linken wie aus dem rechten Lager", fügte er hinzu.

Das Mailänder Treffen unter dem Motto "Für ein Europa des gesunden Menschenverstandes: Die Völker stehen auf" war als große Veranstaltung angekündigt worden. Auf die magere Zahl der Teilnehmer angesprochen, reagierte Salvini gereizt: "Eine Pressekonferenz mit 15 Teilnehmern aus 15 Parteien wäre sowieso nicht möglich gewesen."

Die österreichische Regierungspartei FPÖ und die französische Nationale Sammlungsbewegung (ehemals Front National) hatten sich an dem Treffen nicht beteiligt. Sie bilden derzeit zusammen mit Salvinis Lega-Partei die Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF).

Ein Europa des "gesunden Menschenverstandes"

Salvinis Versprechen, die EU zu verändern, kommt bei vielen rechten Parteien in Europa gut an, die damit werben, Einwanderung einschränken und politische Kompetenzen an die nationalen Regierungen zurückgeben zu wollen. In anderen Punkten, wie dem freien Handel oder der Verteilung europäischer Haushaltsmittel, gibt es jedoch Meinungsverschiedenheiten.

Dass wichtige europäische Populisten nicht an dem Mailänder Treffen teilgenommen haben, mag ein Zeichen für unterschiedliche Meinungen im rechten Spektrum sein. Die Anwesenden beeilten sich, diese Differenzen kleinzureden: "Was uns vereint, ist größer, als was uns trennt", sagte Anders Vistisen von der Dänischen Volkspartei.

Marine Le Pen, Chefin der französischen Nationalen Sammlungspartei, und Salvini hatten sich am vergangenen Freitag in Paris getroffen und ihre Koalition via Twitter beschworen. Le Pen schrieb, sie sei zusammen mit Salvini "bereit zu siegen". Salvini schrieb, er wolle die Allianz derer vergrößern, die "gesunden Menschenverstand" nach Europa bringen wollten. 

Zahlenspiel

Rechtspopulistische Parteien sind schon jetzt in Italien, Ungarn, Polen und Österreich an der Regierung beteiligt und können, Umfragen zufolge, bei den Europawahlen mit Stimmengewinnen rechnen. Jedoch haben sie auf europäischer Ebene noch nicht zu einer gemeinsamen Sprache gefunden - und das ist das Problem, das Salvini mit seiner Plattform lösen will.

Zur Zeit finden sich diese Parteien noch in drei verschiedenen Fraktionen im EU-Parlament: in der Fraktion "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" (EFDD), in der Jörg Meuthen als AfD-Vertreter sitzt, den "Europäischen Konservativen und Reformer" (ECR) und der Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF), die aus Lega, FPÖ und Nationaler Sammlungsbewegung besteht.

"Gesunder Menschenverstand": Jörg Meuthen, Matteo Salvini, Anders Vistisen (v.l.n.r.)Bild: Reuters/A. Garofalo

Die ENF besteht derzeit aus 37 Abgeordneten und ist damit die kleinste Fraktion im EU-Parlament. Nach aktuellen Umfragen könnte die Lega 28 Sitze gewinnen - gegenüber fünf bei den letzten Wahlen im Jahr 2014. Und die AfD, derzeit mit nur einem Abgeordneten - Meuthen - vertreten, nachdem einige AfD-Abgeordnete die Partei verlassen hatten, könnte 13 Mandate gewinnen. Doch um ihre Agenda umzusetzen, werden die Populisten auch andere zum Mitmachen überreden müssen.

Salvinis Unterstützer glauben, dass er der Richtige für diese Aufgabe sei. "Es ist entscheidend, dass wir nicht alleine sind, dass wir zusammenarbeiten", sagte Maximilian Krah, auf Platz drei der AfD-Liste für das EU-Parlament, im März der DW. "Ich glaube, Salvini ist derjenige, der die unterschiedlichen national-konservativen Bewegungen zusammenbringen kann."

Um in Brüssel etwas bewegen zu können, brauchen Salvini und seine EAPN mehr Unterstützung - und er ist sich dessen durchaus bewusst. Er umwirbt den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und den Vorsitzenden der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski. Doch bisher machen weder die ungarische Fidesz noch die PiS Anstalten, sich Salvinis Fraktion anzuschließen - obwohl die Mitgliedschaft der Fidesz in der Fraktion der Europäischen Volkspartei im letzten Monat bis auf weiteres suspendiert wurde.

Auf die mäßige Reaktion auf Salvinis Mailänder Treffen angesprochen, sagte der Däne Vistisen zur DW, er hoffe, die Gründung der EAPN würde auch andere Gruppen ermuntern, sich ihr anzuschließen. An andere populistische Gruppierungen gewandt, sagte Vistisen: "Wenn ihr nicht zu uns kommen wollt, werden unsere Gegner siegen."

Wenn es Salvini gelingen sollte, Fidesz und PiS zur Mitarbeit zu bewegen, könnte die neue Fraktion das EU-Parlament grundlegend verändern. Bisher bleibt es aber bei diesem "wenn...".

"Wir wollen Europa nicht zerteilen", sagte Salvini in Mailand. "Wir wollen zusammenarbeiten."

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