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Nations League: Deutschland zaubert und wankt gegen Italien

Thomas Klein aus Dortmund
23. März 2025

Nach einer sensationellen ersten Halbzeit gegen Italien erlebt die DFB-Elf im Viertelfinale der Nations League einen Beinahe-Zusammenbruch. Am Ende bleiben jedoch die positiven Zeichen im Kopf - und ein Balljunge.

UEFA Nations League 2025 | Viertelfinale | Deutschland vs. Italien
Bild: Christof Koepsel/Getty Images

Die Partystimmung im Dortmunder Stadion war bereits vor dem Schlusspfiff des Viertelfinal-Rückspiels in der Nations League gegen Italien auf dem Siedepunkt. Es waberte ein Hauch von EM-Euphorie durch das ausverkaufte Dortmunder Stadion. Jeder Pass, jeder Zweikampf und jeder Torabschluss wurde von den Fans frenetisch bejubelt. Die DFB-Spieler auf dem Platz feuerten sich bei nahezu jeder Aktion an und Bundestrainer Julian Nagelsmann nutzte die gesamte Fläche seiner Coachingzone, um von außen auf das Spiel einzuwirken. Die Einstellung bei allen Beteiligten an diesem Abend schien zu passen.

Gegen sichtbar überforderte Italiener zeigte Deutschland in der ersten Halbzeit eine beeindruckende Leistung und führte hochverdient mit 3:0 zur Pause. Doch im zweiten Durchgang mussten der Bundestrainer und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in einem vogelwilden Spiel noch einmal mächtig zittern. Am Ende reichte es mit Ach und Krach zu einem 3:3 (3:0) gegen Italien - und für den Einzug ins Halbfinale. Das Hinspiel bei "Angstgegner Italien" hatten die Deutschen am Donnerstag mit 2:1 gewonnen.

"Die erste Halbzeit war sehr, sehr sexy anzugucken, da haben wir einen sehr guten Ball gespielt", analysierte Kapitän Joshua Kimmich. "Nach dem 3:1 bekam der Gegner ein Momentum, da waren wir zu fehleranfällig. Man merkt, dass wir noch sehr viel dazulernen müssen."

Balljunge mit schneller Reaktion

Für Aufsehen sorgte in der ersten Hälfte die Aktion des 15 Jahre alten Balljungen Noel. Bei einer Ecke war die italienische Abwehr vollkommen unorganisiert, Schlussmann Donnarumma diskutierte mit seinen Vorderleuten, doch DFB-Kapitän Kimmich sowie Noel reagierten gedankenschnell. Der Balljunge warf Kimmich den Ball zu, der flankte auf den völlig freistehenden Jamal Musiala und dieser traf unbedrängt zum 2:0. 

Ein Meisterstück. "Das war von allen Dreien absolute Weltklasse", lobte Nagelsmann und Kimmich ergänzte: "Der Balljunge war sehr auf Zack, das ist auch nicht schlecht in so einem Spiel, hat er gut gemacht."

Als Dank erhielt er einen Spielball mit Kimmich-Unterschrift sowie ein Foto mit dem Kapitän. DFB-Sportchef Rudi Völler versprach: "Er kriegt 'ne Freikarte beim nächsten Heimspiel. "Wir hatten Augenkontakt, ich habe ihm den Ball sofort zugeworfen, dann ist das Tor passiert", beschrieb der Teenager bei RTL die Szene.

Trotz wilder zweiter Halbzeit zog die DFB-Elf verdient in das Final Four der Nations League ein, welches in Deutschland (München und Stuttgart) stattfinden wird. Der Heim-EM 2024 folgt nun also die Mini-Ausgabe.

Im Halbfinale trifft das DFB-Team nun auf Portugal mit Superstar Ronaldo. "Es ist eine extrem gute Mannschaft", sagte Nico Schlotterbeck. "Aber wir haben ein kleines Heim-Turnier, deswegen freuen wir uns riesig drauf."

Mannschaft ist eine Einheit geworden

Insgesamt zog der Bundestrainer aber ein positives Fazit aus den ersten beiden Spielen des Jahres. "Wir können nach einem Rückstand zurückkommen. Wir können tollen Fußball spielen. Und ein Spiel ist in der Halbzeit noch nicht vorbei. Daher war es für unsere Entwicklung vielleicht besser, als wenn wir 4:0 gewonnen hätten", sagte Nagelsmann.

Besonders eine Entwicklung dürfte dem 37-Jährigen Freude machen. Die Mannschaft ist in den vergangenen Monaten weiter zusammengewachsen und zu einer verschworenen Einheit geworden. Der Bundestrainer hat mit seinem Team die richtige Mischung von Spielern gefunden, die füreinander einstehen. Zudem konnte er die gute Stimmung aus dem vergangenen Jahr konservieren und bei dieser ersten Länderspielwoche weiter daran anknüpfen.

Goretzka: "Bei der Hymne hat es mich gepackt"

DFB-Neulinge wie Innenverteidiger Yann Aurel Bisseck von Inter Mailand, der beim Rückspiel zu seinem Debüt kam, und die Rückkehrer Nadiem Amiri oder Leon Goretzka wurden sofort in das Mannschaftsgefüge integriert. Amiri und Goretzka waren längere Zeit nicht für die DFB-Auswahl nominiert worden - für das Viertelfinale in der Nations League nominierte Nagelsmann sie jedoch wieder und belohnte damit ihre starken Leistungen in der Bundesliga. Vor allem Goretzkas Rückkehr hatte sich im Hinspiel bereits ausgezahlt.

Der Mittelfeldspieler erzielte den Siegtreffer und wurde zum "Mann des Spiels" gewählt. "Das war sehr, sehr schön. Bei der Nationalhymne hat es mich mehr gepackt, als ich vorher gedacht habe", berichtete der 30-Jährige im ARD-Interview anschließend. Auch in Dortmund war er einer der Aktivposten auf dem Feld. Er war der Chef auf dem Platz und war stets der gebrauchte Ruhepol, wenn es nötig war.  

Nagelsmann: "Die Jungs haben geschrien"

Eine gedrehte Partie gegen Italien und ein Halbzeit-Moment, der dem Bundestrainer Mut für die kommenden Aufgaben machte. "Wir haben drei Szenen angeguckt", erklärte Nagelsmann seine Halbzeitansprache beim Italien-Spiel, wo die deutsche Mannschaft noch mit 0:1 zurückgelegen hatte. "Ich habe nur kurz die neue Aufstellung skizziert und während ich es gemacht habe, haben die Jungs schon geschrien, dass sie raus wollen. Die letzten Worte von mir haben sie gar nicht mehr gehört", sagte der Bundestrainer.

Gute Stimmung im Team der deutschen Fußball-NationalmannschaftBild: Marc Schueler/Sportpics/picture alliance

Die Reaktion in der Kabine zeigt, dass die vom Bundestrainer verordnete "Siegermentalität" mittlerweile fest in den Köpfen seiner Spieler verankert ist. Bereits nach dem Ausscheiden bei der Heim-EM im vergangenen Jahr registrierte der Chefcoach einen Mentalitätswandel in seinem Team.

"Das größte Wort, was nach der EM so prägnant war in unserem Team, war Selbstverständnis. Dass es ein Stück Normalität wird, dass wir Spiele gewinnen", sagte Nagelsmann damals. Und genau das scheint sich nun verfestigt zu haben. Die Nationalmannschaft wirkt wieder wie eine Gemeinschaft. Spielern, Trainerteam und Betreuerstab harmonieren.

DFB-Team will Titel holen

"Es ist wichtig eine gute Verbindung zu seinen Spielern zu haben und du brauchst eine gute Idee vom Fußball", erklärte Nagelsmann. Vor allem aber machte der Bundestrainer den guten Teamzusammenhalt dafür verantwortlich, dass die DFB-Elf wieder besser geworden sei als in der Vergangenheit.

Genau mit diesem Spirit will die Nationalmannschaft jetzt nach dem ersten Titel greifen und damit den Grundstein für eine erfolgreiche Weltmeisterschaft im kommenden Jahr legen.

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Deutschland - Italien 3:3 (3:0)

Tore: 1:0 Kimmich (30., Foulelfmeter), 2:0 Musiala (36.), 3:0 Kleindienst (45.), 3:1 Kean (49.), 3:2 Kean (69.), 3:3 Raspadori (90.+5, Handelfmeter)

Zuschauer: 64.762 (ausverkauft)

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