NATO beschließt größtes Aufrüstungsprogramm seit Jahrzehnten
5. Juni 2025
Die Verteidigungsminister der NATO haben in Brüssel die neuen Fähigkeitsziele für die 32 Mitglieder der Allianz beschlossen. Sie bedeuten für die europäischen Partner eine enorme Aufrüstung. Die Ziele werden alle vier Jahre festgelegt. Sie enthalten Vorgaben, wie die Verbündeten ihre Streitkräfte weiterentwickeln sollen, um ihre Aufgaben innerhalb der Allianz zu erfüllen.
Luft- und Raketenabwehr, Langstreckenwaffen ...
Die Details der Vorgaben sind streng geheim. Angesichts der Bedrohung durch Russland sprach NATO-Generalsekretär Mark Rutte jedoch von "ehrgeizigen" Zielen, die einen "gewaltigen Sprung vorwärts" bedeuteten. Schwerpunkte sind dabei die Luft- und Raketenabwehr, Langstreckenwaffen sowie Logistik. Nach Einschätzung der Geheimdienste könnte Russland trotz des noch laufenden Angriffskriegs gegen die Ukraine schon in wenigen Jahren auch bereit für einen Krieg gegen einen NATO-Staat sein.
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius nannte das Vorhaben einen "Kraftakt". Allein die Bundeswehr werde bis zu 60.000 zusätzliche aktive Soldatinnen und Soldaten brauchen, um die neuen NATO-Vorgaben erfüllen zu können, sagte Pistorius in Brüssel. Derzeit dienen nach Angaben seines Ministeriums 182.000 Männer und Frauen in Uniform in der Bundeswehr.
Kommt die Wehrpflicht wieder?
Deutschland werde in den kommenden Jahren neue Großverbände bilden und "voll ausstatten", so Pistorius weiter. Offen ist derzeit, ob der zusätzliche Personalbedarf über den freiwilligen Wehrdienst abgedeckt werden kann. Eine Wehrpflicht nütze allerdings "jetzt gar nichts, weil wir die Kapazitäten weder in den Kasernen noch in der Ausbildung haben", sagte der SPD-Minister.
Die Verteidigungsminister bereiten bei ihrem Treffen in Brüssel den NATO-Gipfel vor, der vom 24. bis 26. Juni in Den Haag stattfindet. Dort steht die Erhöhung der Ausgaben für die Verteidigung europäischer Mitgliedstaaten im Fokus.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth geht davon aus, dass sich die NATO-Mitglieder auf eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der jeweiligen nationalen Wirtschaftsleistung einigen werden - wie von Washington gefordert. Dies werde so kommen, sagte Hegseth in Brüssel. Kampfbereitschaft sei eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Bündnis. US-Präsident Donald Trump hatte nach seinem Amtsantritt im Januar den NATO-Verbündeten damit gedroht, ihnen bei zu geringen Militärausgaben den Beistand zu verweigern.
Spanien und Belgien sperren sich dagegen
Ein Vorschlag von NATO-Generalsekretär Rutte sieht vor, dass die NATO-Länder bis zum Jahr 2032 mindestens 3,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für verteidigungsrelevante Infrastruktur aufwenden. Deutschland und Frankreich haben diesem Vorschlag bereits zugestimmt. Länder wie Spanien oder Belgien gelten als Gegner solch ambitionierter Ziele.
se/pgr (dpa, afp, rtr, ap)