1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

NATO-Gipfel bekräftigt "Zwei-Prozent-Ziel"

11. Juli 2018

In Brüssel begann der NATO-Gipfel mit einem Paukenschlag: Präsident Trump übte heftige Kritik an Deutschland. Kanzlerin Merkel konterte. Nach einem Treffen äußerten sich beide versöhnlich.

Belgien Nato-Gipfel (Foto: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka)
US-Präsident Trump und NATO-Generalsekretär Stoltenberg (r.)Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten haben sich trotz eines heftig geführten Streits um die Verteidigungsausgaben auf eine gemeinsame Gipfel-Erklärung geeinigt. Darin lädt das Bündnis zum einen Mazedonien zu Beitrittsgesprächen ein. "Die Tür der NATO ist und bleibt offen: Wir sind übereingekommen, die Regierung in Skopje einzuladen, Beitrittsgespräche zu beginnen", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Abschluss des Gipfels in Brüssel. Voraussetzung dafür war die Beilegung des Streits zwischen den Regierungen in Skopje und Athen über den Namen Mazedoniens. 

Zum anderen bekräftigen die 29 Nato-Staaten ihr Bekenntnis zu dem sogenannten "Zwei-Prozent-Ziel" aus dem Jahr 2014. Das wird allerdings unterschiedlich interpretiert. Nach Auffassung von US-Präsident Donald Trump haben sich damals alle NATO-Mitglieder verpflichtet, spätestens 2024 mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. 

Die deutsche Bundesregierung verweist jedoch darauf, dass im Beschluss lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der zwei Prozent zu bewegen. Nach den jüngsten Prognosen der NATO werden 2018 neben den USA lediglich das finanziell angeschlagene Griechenland, Großbritannien, Polen, Rumänien sowie die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland das Zwei-Prozent-Ziel erreichen.

Vier Prozent als Ziel?

Ob die zwei Prozent dem Präsidenten aus Übersee allerdings wirklich reichen werden, ist unklar. In der Sitzung der Staats- und Regierungschefs schlug Trump nach Angaben seiner Sprecherin sogar eine Erhöhung auf vier Prozent vor. Das würde grob geschätzt bedeuten, dass der Bundeswehretat bis 2024 von derzeit knapp 40 auf etwa 160 Milliarden Euro steigen müsste. Auf Trumps Forderung ging aber nach Angaben von Teilnehmern niemand ein. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte später, man fange nun erstmal mit den beschlossenen zwei Prozent an. 

Doch der Gipfel begann mit einem Paukenschlag: Trump nutzte ein gemeinsames Frühstück mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, um heftig gegen Deutschland auszuteilen. Die Bundesrepublik sei ein reiches Land und könnte ihre Verteidigungsausgaben sofort erhöhen, sagte Trump. Er kritisierte Deutschland zudem heftig für den geplanten Bau der Ostsee-Gaspipeline "Nord Stream 2". Die USA beschützten Deutschland, doch die Bundesrepublik mache einen milliardenschweren Erdgasdeal mit Russland. Deutschland stünde in Sachen "Nord Stream 2" unter "totaler" russischer Kontrolle. 

Merkel weist Trump zurück

Konter gegen den Vorwurf Trumps: Kanzlerin MerkelBild: picture-alliance/dpa/F. Mori

Bundeskanzlerin Angela Merkel wies die Kritik mit deutlichen Worten zurück. Als Person, die in der damaligen DDR aufgewachsen sei, wisse sie, wie es sei, von der damaligen Sowjetunion abhängig zu sein. Es sei deshalb gut, dass Deutschland eine "eigenständige Politik" machen könne, sagte sie.

Später trafen sich beide Politiker: Während Trump von einer "großartigen" Begegnung sprach und sagte, er habe ein "sehr, sehr gutes Verhältnis" zur Kanzlerin, zeigte sich Merkel deutlich zurückhaltender. Bei dem Gespräch sei es um Rüstung, die Handelspolitik und um Migration gegangen. Merkel sagte, man habe auch über das bevorstehende Gipfeltreffen Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen. "Insofern freue ich mich, dass wir unseren Austausch weiter intensiv führen können", sagte sie. "Das ist auch wichtig, weil wir Partner sind und weiter zusammenarbeiten wollen."

Gegen den Vorwurf Trumps stellte sich auch Bundesaußenminister Heiko Maas. "Wir sind keine Gefangenen, weder von Russland noch von den USA", sagte er am Rande des NATO-Gipfels. Vielmehr sei die Bundesrepublik einer der "Garanten der freien Welt". 

Selbst NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg versuchte, die Wogen etwas zu glätten. Der Streit um die Erdgaspipeline sei kein Thema für das Bündnis. "Die Entscheidung liegt nicht bei der NATO. Das ist eine nationale Entscheidung", sagte Stoltenberg. Zu dem deutsch-russischen Erdgasprojekt gebe es unterschiedliche Meinungen, doch sei das nicht Sache der NATO. Wichtig seien für alle Partner allerdings Energiesicherheit und eine Vielfalt von Energiequellen.

40 Milliarden sind nicht genug

Auch mit den Bemühungen der anderen NATO-Partner scheint Trump nicht zufrieden zu sein: Zwar habe das Bündnis seine Ausgaben im vergangenen Jahr um 40 Milliarden Dollar erhöht, doch das sei bei Weitem nicht genug. Noch bevor der US-Präsident am Dienstagabend auf dem Militärflughafen Melsbroek nahe der belgischen Hauptstadt Brüssel landete, hatte er aus der Präsidentenmaschine Air Force One eine Twitter-Botschaft abgesetzt:

"Viele Länder in der NATO, die wir verteidigen sollen, liegen nicht nur hinter den zwei Prozent (was niedrig ist) zurück, sondern sie sind seit vielen Jahren auch bei Zahlungen, die nicht geleistet wurden, säumig. Werden sie die USA entschädigen?" 

Damit kritisierte der US-Präsident abermals, dass viele NATO-Partner weniger als zwei Prozent ihrer jeweiligen Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Inzwischen eskalierten Trump-Vertraute den Streit weiter: Das Zwei-Prozent-Ziel sei viel zu niedrig, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses, gebraucht würden vier Prozent des BIPs. 

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen lies die Kritik des US-Präsidenten nicht gelten. "Deutschland hat sich kräftig in die Richtung des Ziels bewegt", sagte von der Leyen der ARD. Sie forderte Trump auf, die deutschen Beiträge zu dem Bündnis und nicht allein die reinen Wehrausgaben zu bewerten. "Ich würde gern sehen, dass er als Geschäftsmann nicht nur auf die Zahlen schaut, sondern auch auf das, was dabei für die NATO herauskommt", sagte sie kurz vor Beginn des Gipfels. "Sie können zwei Prozent für das Militär ausgeben, ohne irgendetwas für die NATO zu tun."

Die Ministerin erinnerte daran, dass Deutschland das zweitgrößte Kontingent von Truppen im Nato-Einsatz in Afghanistan stellt und nach den USA zweitgrößter Beitragszahler in der Verteidigungsallianz ist.

Für Irritationen bei den westlichen Partnern dürfte Trump auch mit seiner Äußerung gesorgt haben, von seinen verschiedenen Treffen in Europa könnte jenes mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "das leichteste sein". Nach dem zweitägigen Gipfel im Brüsseler NATO-Hauptquartier reist Trump nach Großbritannien weiter, am Montag trifft er sich dann mit Putin in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Es ist sein erster bilateraler Gipfel mit dem russischen Staatschef.

mm/wa/AR/kle/cgn/sam (afp, dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen