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Piraten kapern weiter

18. November 2008

Trotz verstärkter Marinepräsenz der NATO werden die somalischen Piraten immer dreister. An eine Befreiungsaktion für den jüngst gekaperten saudischen Supertanker wird derzeit laut NATO aber nicht gedacht.

Frontansicht Supertanker "Sirius Star", Archivbild
Gekaperter Supertanker "Sirius Star", in der Größenordnung eines FlugzeugträgersBild: AP

In der Beurteilung des spektakulären Coups der somalischen Piratenbanden sind sich die Experten einig: Es handelt sich um ein noch nie dagewesenes Kommandounternehmen, die bisherigen Dimensionen der modernen Seeräuberei wurden gesprengt. Mit der Entführung des Supertankers "Sirius Star" mit Öl im Wert von 100 Millionen Dollar hätten "die Piraten den Jackpot geknackt", formuliert zum Beispiel Andrew Mwangura vom Verband ostafrikanischer Seeleute (East African Seafarers' Association). Admiral Mike Mullen vom US-Generalstab zeigte sich beeindruckt von der "Professionalität" der Angreifer, die ausgezeichnet bewaffnet, exzellent vorbereitet sowie strategisch erfolgreich seien.

NATO und US-Marine zögern

Unklar ist hingegen eine mögliche Antwort auf den überraschenden Überfall. Bei der NATO in Brüssel hieß es am Dienstag (18.11.2008), man habe derzeit keine Pläne, den Tanker und seine Besatzung aus den Händen der Gangster zu befreien. Sprecher James Appathurai erläuterte, das Bündnis habe ein Mandat "zur Bekämpfung der Piraterie". Es dürfe jedoch nicht an Bord von Schiffen gehen, die bereits entführt worden seien. Zudem beschränke sich das NATO-Mandat auf das patrouillierte Gebiet. Derzeit sind im Golf von Aden drei Kriegsschiffe stationiert: zur Abschreckung. Appathurai stellte vor der Presse in Aussicht, dass es bei der NATO wohl eine zweite Runde der Erörterung über einen möglicherweise längerfristigen Anti-Piraten-Einsatz geben werde.

Auch ein Sprecher der 5. US-Flotte sagte, er rechne nicht damit, dass amerikanische Kriegsschiffe den gekaperten Tanker umstellen würden. Man sei jedoch sehr besorgt. Der Angriff zeige, dass die Piraten auch größere Schiffe weit auf See in ihre Gewalt bringen könnten.

Reeder weichen auf neue Routen aus

Auch eine Luxusjacht, die französische "Le Ponant", gehörte schon zu den Zielen der PiratenBild: picture-alliance/dpa

Der Überfall war vor der kenianisch-tansanischen Grenze erfolgt, fern ab der somalischen Küstengewässer, in denen die Kriegsschiffe mehrerer Staaten die Schifffahrtswege am Horn von Afrika sichern sollen. Dort soll auch das geplante EU-Kommando zum Einsatz kommen. Mehr und mehr Reedereien weichen jedoch bereits jetzt vom Suez-Kanal auf die Route rund ums Kap der Guten Hoffnung aus, auch wenn diese länger und teurer ist.

Weizen-Frachter gekapert

Trotz dieser verstärkten Marinepräsenz werden die Piraten auch vor der Küste Somalias immer dreister. Schon am Dienstag wurde ein Frachter aus dem Iran gekapert, der unter der Flagge Hongkongs verkehrt. Nach Informationen der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua beförderte das Schiff mit seinen 25 Besatzungsmitgliedern 36.000 Tonnen Weizen.

Die 330 Meter lange "Sirius Star" - das größte Schiff, das jemals von Seeräubern entführt wurde, lag unterdessen vor der somalischen Hafenstadt Harardhere vor Anker. Die Entführer haben offenbar noch Probleme, ihre Beute zu nutzen. Die Ladung des hochmodernen Doppelhüllentankers der saudi-arabischen Gesellschaft Aramco entspricht ungefähr einem Viertel der täglichen Rohölförderung des Golfstaats oder dem Tagesverbrauch Frankreichs.

"Vorzeitiger" deutscher Einsatz

Bundeswehr-Hubschrauber am Horn von Afrika: Dort auch mit Auftrag im Anti-Terror-KampfBild: picture-alliance/ dpa

Bereits vor Beginn ihres Einsatzes im Rahmen der EU-Mission soll die deutsche Fregatte "Karlsruhe" Piraten erfolgreich in die Flucht geschlagen haben. Wie die Bundesmarine berichtete, leistete sie mit ihren Bordhubschraubern Nothilfe für ein äthiopisches Handelsschiff und für einen britischen Tanker. In beiden Fällen hätten sich die Seeräuber mit ihren Speedbooten zurückgezogen. Die "Karlsruhe" gehört eigentlich einem Eingreifverband der NATO an und soll zunächst in Ägypten nachversorgt werden. (sc)

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