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Politik

"Moskau muss Nowitschok-Programm offenlegen"

4. September 2020

Nach dem Anschlag auf Kreml-Kritiker Nawalny stellt die NATO "schwerwiegende" Fragen an Russland. Das Verteidigungsbündnis hält sein Pulver aber noch trocken.

NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg
"Internationale Antwort": NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/M. Kappeler

Die 30 NATO-Mitglieder haben den "entsetzlichen Mordanschlag" auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny "auf das Schärfste" verurteilt. Deutschland habe die Verbündeten informiert, dass der Kreml-Kritiker einem Gift der Nowitschok-Gruppe ausgesetzt worden sei, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Nach einer Sondersitzung des Bündnisses forderte er Russland auf, eine "unparteiische" internationale Untersuchung zuzulassen. Zudem müsse Moskau "uneingeschränkt" mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen zusammenarbeiten und sein Programm zum Nervenkampfstoff Nowitschok "vollständig offenlegen". Das Gift war in der früheren Sowjetunion entwickelt worden. Zu möglichen Sanktionen wollte sich Stoltenberg nicht konkret äußern. Er sagte lediglich, "eine internationale Antwort" sei nötig.

Nawalny bei einer Protestkundgebung in Moskau vor knapp einem JahrBild: Getty Images/AFP/A. Kadobnov

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor erklärt, es sei "eine schwere Belastung für die Glaubwürdigkeit der russischen Führung", dass russische Oppositionelle "in Serie" um ihre Gesundheit oder ihr Leben fürchten müssten. Deutschland wolle keine Feindschaft mit Russland oder dem russischen Volk, sagte Steinmeier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aber Unrecht müsse klar benannt werden - "und hier ist ein Verbrechen verübt worden, dessen Verantwortliche nur in Russland zu finden sein werden".

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Mittwoch den "versuchten Giftmord" an Nawalny "auf das Allerschärfste" verurteilt. Wörtlich sagte sie: "Er sollte zum Schweigen gebracht werden." Merkel sprach ebenfalls von Fragen, "die nur die russische Regierung beantworten kann und beantworten muss". Sie kündigte an, Deutschland werde gemeinsam mit EU und NATO über eine angemessene Reaktion entscheiden.

"Er sollte zum Schweigen gebracht werden": Bundeskanzlerin Merkel am MittwochBild: Reuters/M. Schreiber

Keine Ermittlungen in Russland

Die russischen Behörden nahmen bislang keine strafrechtlichen Ermittlungen zu dem Vorfall auf. Nach ihrer Aussage gibt es keine Hinweise auf ein Verbrechen. Ein russischer Toxikologe, der nach eigenen Worten Proben von Nawalny nach dessen Einlieferung in ein Krankenhaus im sibirischen Omsk analysierte, trat nun vor die Presse. Alexander Sabajew erklärte, bei der Analyse von Lunge, Leber und Nieren habe er keine Schäden feststellen können. Nawalnys Gesundheitszustand sei womöglich auf Diäten, Stress oder Müdigkeit zurückzuführen.

Der prominenteste Gegner Putins wird in der Berliner Charité behandelt und steht dort unter PolizeischutzBild: picture-alliance/dpa/C. Soeder

Der 44-jährige Kreml-Kritiker war im August auf einem Inlandsflug in Russland zusammengebrochen und zunächst in Sibirien behandelt worden, ehe er nach Berlin gebracht werden konnte. Das Klinikum Charité hatte Nawalnys Gesundheitszustand am Mittwoch als "weiterhin ernst" bezeichnet. Zwar sei die Symptomatik der nachgewiesenen Vergiftung zunehmend rückläufig. Der Patient werde aber nach wie vor auf einer Intensivstation behandelt und künstlich beatmet, hieß es im jüngsten Bulletin. Es sei mit einem längeren Krankheitsverlauf zu rechnen. Langzeitfolgen seien nicht auszuschließen.

jj/wa (dpa, afp, rtr)

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