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Politik

Was kommt nach dem US-Rückzug aus Syrien?

Catherine Martens Brüssel | Fabian von der Mark
23. Oktober 2019

Showdown beim NATO-Treffen in Brüssel: Angesichts der Kritik an den Bündnismitgliedern USA und Türkei findet der Vorstoß von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer für eine Schutzzone in Syrien wenig Beachtung.

Irak | US Truppen auf Rückzug aus Syrien
Bild: Getty Images/B. Smith

"Wenn mir ein Allianz-Mitglied einen Vorschlag unterbreitet, wie es vorwärts gehen kann, dann begrüße ich dies." NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lässt mit diesem Satz vor der internationalen Presse keinen Zweifel an der Offenheit für Vorschläge aus Berlin. Der Vorstoß von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, eine internationale Sicherheitszone in Nordsyrien zu schaffen, so Stoltenberg, sei ein positiver Impuls. Weiter begrüße er den Gedanken Kramp-Karrenbauers, alle involvierten Parteien integrieren zu wollen.

Er erwarte, so der Generalsekretär, dass die deutsche Verteidigungsministerin auf dem turnusmäßigen Ministertreffen der NATO-Verteidigungsminister ihre Ansichten mit den anderen Allianz-Mitgliedern teilen werde. Abgesehen von dieser kleinen Spitze Richtung Berlin scheint Annegret Kramp-Karrenbauer, die zum ersten Mal in ihrer Funktion als Verteidigungsministerin an dem Bündnistreffen teilnehmen wird, nicht für tiefe Irritation zu sorgen.

Nato-Generalsekretär Stoltenberg betrachtet den deutschen Syrien-Plan als "positiven Impuls" Bild: picture-alliance/AA/D. Aydemir

Washington begrüßt Vorstoß

Im Kern ähnlich milde Reaktion auf den deutschen Vorschlag kommen einen Tag vor dem Zusammentreffen der Verteidigungsminister aus den USA. Washington kritisiert seit langem die maue Bereitschaft der Allianzpartner, sich im transatlantischen Militärbündnis stärker einzubringen. Sei es mit Blick auf das Dauer-Streitthema der Allianz, die Verteidigungsausgaben, oder in Form konkreter Initiativen. Dass nun Deutschland eine Idee äußere, die eventuell Grundlage für eine Debatte sein könnte, bewerte Washington positiv, so die US-Botschafterin Kay Bailey Hutchison gegenüber der Deutschen Welle im NATO-Hauptquartier.

Allerdings kommt der deutsche Vorstoß als Thema während der einstündigen Pressekonferenz im vollbesetzten Audimax der NATO bis auf eine Nachfrage nicht vor. Beobachtern zufolge liegt das Zentrum der Aufmerksamkeit unter den NATO-Mitgliedsstaaten derzeit nicht auf dem deutschen Syrien-Plan.

Freut sich über Ideen aus Berlin: US-NATO Botschafterin Kay Bailey HutchisonBild: DW/Teri Schultz

Die deutsche Verteidigungsministerin will die Aufmerksamkeit der Partner aber genau darauf lenken. Ihr Sprecher teilte am Mittwoch in Berlin mit, Kramp-Karrenbauer sei "sehr bemüht", sich mit vielen Partnern auszutauschen, und habe auch schon die "Bereitschaft signalisiert bekommen, über diesen Vorschlag zu sprechen".

Nachfragen aus Paris

Zu spät, sagen viele in Berlin. Deutschlands Außenminister Heiko Maas hat von Anrufen irritierter Partner gesprochen. Und auch Abgeordnete berichten von Fragen ihrer ausländischen Kollegen - gerade aus Frankreich. Franziska Brantner, Obfrau der Grünen im Europa-Ausschuss des Deutschen Bundestages, berichtet im Gespräch mit der Deutschen Welle von Nachfragen aus Paris, "ob man den Vorschlag ernst nehmen soll, oder ob das nur Innenpolitik ist."

Die Grünen-Politikerin erklärte, sie sei "entsetzt" gewesen, zu hören, dass der Vorschlag weder innerhalb der Bundesregierung, noch mit europäischen Partnern abgesprochen worden sei: "So geht keine verantwortungsvolle Politik", meint Brantner.

In Frankreich sei "sehr kritisch" gesehen worden, dass die deutsche Verteidigungsministerin nichts über eigene Beiträge zu einem möglichen Militäreinsatz gesagt habe. "Frau Kramp-Karrenbauer hat ja nicht gesagt: Wir schicken auch Deutsche. Und das wurde in Frankreich wahrgenommen als: Sag mal geht's noch?"

Ein türkischer Posten kontrolliert im Südosten des Landes die Grenze zu SyrienBild: picture-alliance/dpa/AP Photo/L. Pitarakis

Unmut über die USA

Ob Frankreich sich auch in Brüssel kritisch zum AKK-Vorschlag äußern wird, wird sich beim Treffen der westlichen Allianz zeigen. Im NATO-Hauptquartier jedenfalls kann man die Aufregung über die Initiative der deutschen Verteidigungsministerin nicht nachvollziehen.

Aus diplomatischen Kreisen heißt es, zu schwer sei noch derUnmut über die USA, die ihre Bündnispartner in keinster Weise über den Abzug der Truppen aus der Region informiert hätten. Zum anderen über den Bündnispartner Türkei. Die türkische Invasion und die damit verbundenen schweren und weitreichenden Konsequenzen für das Gebiet und die Zivilbevölkerung sorge bei vielen Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, weiterhin für scharfe Kritik.

Einigen Mitgliedsstaaten ist die Haltung des NATO-Generalsekretärs Stoltenberg zu weich. Zwar ruft der Chef der Militärallianz den Bündnispartner Türkei zur maximalen Zurückhaltung auf und fordert die Einhaltung internationalen Rechts. Dennoch hält Stoltenberg an seiner Position fest, das türkische Vorgehen beruhe auf "legitimen sicherheitspolitischen Bedenken".

NATO hält sich mit Kritik an Ankara zurück

Bislang verurteilt das Bündnis die türkische Invasion in Nordsyrien nicht, anders als die EU. Dem Vernehmen nach sorgt dies bei einigen Allianz-Partnern für Unverständnis. Es ist die erste Zusammenkunft des Bündnisses nach dem unangekündigten Rückzug der USA.

Die erste Gelegenheit nach der Türkei-Offensive, auf Ministerebene auszubuchstabieren, wie die Gemengelage im Bündnis liegt. Allen voran zwischen den Mitgliedern USA und Türkei. Auch das, so Beobachter, erkläre warum der deutsche Vorschlag nicht für großen Aufruhr sorge.

Einzig Nicht-Mitglied Russland lehnt den "deutschen Plan" einer internationalen Schutzzone bereits zum jetzigen Zeitpunkt ab. Erst morgen werden sich die einzelnen Mitgliedsstaaten in einer Aussprache einzeln äußern. Konkrete Entscheidungen werden nicht erwartet.

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