Natur in Gefahr: Wie stoppen wir das Artensterben?
21. Juni 2022
Eine Million Pflanzen, Tiere und Pilze sind vom Aussterben bedroht, viele Ökosysteme ebenso. Wir gehen der Frage nach, was getan werden kann, um die kostbare biologische Vielfalt der Erde zu bewahren.
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Wir erleben derzeit einen Rückgang an biologischer Vielfalt in noch nie dagewesenem Tempo und Ausmaß. Mehr als eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Viele von ihnen könnten verloren sein, bevor wir überhaupt die Chance haben sie zu entdecken.
Klimawandel, Umweltverschmutzung und der Verlust von Lebensräumen treiben die Natur und damit unserer Welt an den Rand des Abgrunds. Die Situation ist so ernst, dass Wissenschaftler bereits von einem "sechsten Massensterben" der Erdgeschichte sprechen - einer Ausrottung in einem Ausmaß, wie zuletzt beim Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren.
Doch das Jahr 2022 birgt eine Chance: Auf der UN-Konferenz über Artenvielfalt (COP15) in Kanada wollen die Staats- und Regierungschefs der Welt einen Fahrplan zur Bewältigung der Krise der Natur festlegen.
In unserem Global-Ideas- Webspecial gehen wir der Frage nach, warum der Schutz der Biodiversität so wichtig ist und welche Lösungen es gibt, das Problem wirksam anzugehen.
"Der Verlust der Artenvielfalt ist die größte Bedrohung für die Menschheit"
Welche Auswirkungen hat der Verlust der Artenvielfalt auf uns als Individuen und Gesellschaft?
"Sei es die Luft zum Atmen, sauberes Trinkwasser, Nahrung oder Kleidung, Brennstoffe, Baumaterialien (...) oder Medikamente - unser Leben, unsere Gesundheit, unsere Ernährung, unser Wohlbefinden basiert auf der großen Vielfalt an Ressourcen, die uns die Natur zur Verfügung stellt", heißt es in einem aktuellen Bericht des Leibniz-Forschungsverbundes Biologische Vielfalt mit Sitz in Potsdam, Deutschland.
Wir gehen der Frage nach, was bei den internationalen Gesprächen zur Biodiversität in diesem Jahr auf dem Spiel steht und welche Hürden auf der Suche nach Antworten überwunden werden müssen. Lesen Sie den Artikel hier.
Wir haben auch mit Arnulf Köhncke, Leiter des Fachbereichs Artenschutz beim WWF, auf Instagram Live über die COP15 und überhaupt über Biodiversität gesprochen. Sie können sich das Interview hier anschauen.
Können wir Arten vor dem Aussterben bewahren?
Durch Klimawandel, Umweltverschmutzung und Wilderei gehen immer mehr Tiere und Pflanzen verloren. Welchen Beitrag leisten Tierparks, Rettungsstationen, Schutzgebiete oder Fangquoten zum Schutz dieser Arten vor dem Aussterben?
Können wir das Artensterben aufhalten?
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Hilft die Förderung indigener Gemeinschaften, den Fortbestand des Amazonasgebietes zu sichern?
Tapire, Jaguare und Riesengürteltiere sind nur einige der vielen Arten rund um das Zuhause von Luiz Henrique Lopes Ferreira und seines kleinen Unternehmens im östlichen Amazonasgebiet Brasiliens. Ferreira stellt Süßigkeiten, Marmeladen und Liköre aus mehr als hundert Sorten regionaler Obstbäume her und verkauft sie.
Der 22-Jährige gehört zu einer neuen Generation, die zeigt, wie Ortschaften im Regenwald wirtschaftlich vorankommen und gleichzeitig zum Schutz der biologischen Vielfalt beitragen und Entwaldung verhindern können. Und dies könnte auch Auswirkungen auf unsere zukünftige Gesundheit haben, denn die Forschung zeigt: die Verhinderung von Abholzungen ist ein wichtiges Element, um Pandemien abzuwenden. Lesen Sie den Artikel hier.
Die erstaunliche Intelligenz der Tiere
Sie können rechnen, Sprachen unterscheiden und sich selbst im Spiegel erkennen. Von Tauben bis hin zu Delfinen - die kognitiven Fähigkeiten vieler Tiere dieser Welt sind bemerkenswert.
Sauschlau - so intelligent sind Tiere
Sie malen, sie rechnen, sie unterscheiden Sprachen und erkennen sich selbst im Spiegel: Viele Tiere besitzen eine erstaunliche Intelligenz. Dabei sind Tauben wohl klüger, Delfine eventuell weniger schlau als gedacht.
Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance
Tumbe Taube? Von wegen!
Tauben gelten landläufig nicht als besonders schlau. Doch die als "Ratten der Lüfte" beschimpften Vögel können Rechtschreibung lernen und dann falsch geschriebene Wörter erkennen. Sie unterscheiden Bilder von Monet und Picasso und sind im Multi-Tasking teils schneller als Menschen. Und Tauben haben zwar viel kleinere Hirne als Menschen, doch dafür sechsmal mehr Nervenzellen pro Kubikmillimeter.
Bild: Rahmat Gul/AP/picture alliance
Was heißt eigentlich "intelligent"?
Intelligenz bedeutet laut Wissenschaft die Fähigkeit, Probleme zu lösen und Zusammenhänge zu erkennen. Als schlau gelten Tiere, die Probleme nicht schematisch lösen, sondern frühere Erfahrungen auf eine neue Situation übertragen und dabei neue, kreative Lösungen entdecken. Auch die Umwelt richtig einzuschätzen und vorauszuplanen gilt als intelligent. Zeitung lesen können Hunde jedoch nicht.
Das gilt zumindest beim Hütchen-Spiel, wenn sie verstecktes Futter finden müssen. Rabenvögel können zählen und Werkzeuge bauen. Sie versetzen sich in Artgenossen hinein und handeln strategisch: Fühlen sie sich etwa beim Anlegen eines Futterverstecks beobachtet, verstecken sie das Futter später neu. Raben erkennen sich sogar selbst im Spiegel, was auf ein Ich-Bewusstsein schließen lassen könnte.
Bild: Remy de la Mauviniere/AP Photo/picture alliance
Putzerfische und der Spiegeltest
Zweifel, dass ein Erkennen des eigenen Spiegelbilds tatsächlich auf ein Ich-Bewusstsein hinweist, brachte ein Versuch mit Putzerlippenfischen. Die kleinen Fische erkannten im Spiegel eine auf ihrem Körper aufgebrachte Markierung und versuchten, sie abzustreifen. Eventuell verstanden die Fische einfach die Funktion des Spiegels und betrachteten Teile ihres Körpers, die sie sonst nicht sahen.
Bild: Frank Schneider/imagebroker/imago images
Meerestiere - nicht so schlau wie Landtiere
Bleiben wir unter Wasser. Hier sind nicht die schlausten Tiere zu Hause. Der Grund, so eine Studie aus den USA, sei die in der Regel eintönige Umgebung im Ozean, die den meisten Meerestieren kognitiv wenig abverlange. An Land ist die Umgebung meist unübersichtlicher, hier hilft stereotypes Verhalten nicht weiter, kluge Lösungen sind gefragt. Das fördert die Entwicklung von Intelligenz.
Bild: Reinhard Dirscherl/OceanPhoto/imago
Clevere Kraken: Gehirn in acht Armen
Intelligenz hilft auch im Wasser: Kraken, die im Riff leben, müssen in einer unübersichtlichen Umgebung klarkommen. Vielleicht sind die Kopffüßler deswegen so schlau - so nutzen sie Werkzeuge, lösen komplexe Aufgaben und lernen im Labor durch Beobachten von Artgenossen neue Verhaltensweisen. Zwei Drittel der Nervenzellen der wirbellosen Tiere sitzen übrigens in ihren Armen, der Rest im Gehirn.
Lange galten Delfine als extrem schlau. Dann stellte man fest: Ihre Großhirnrinde, die bei Säugetieren als Intelligenzzentrum gilt, ist dünner als bei anderen Säugern. Seitdem ist eine leidenschaftliche Debatte um die Intelligenz der Meeressäuger entbrannt. Unbestritten ist: Delfine sind ausgesprochen sozial, kommunikativ, haben ein gutes Gedächtnis und geben sich gegenseitig individuelle Namen.
Bild: Augusto Leandro Stanzani/Ardea/imago images
Erstaunliche Elefanten
Elefanten gelten als sehr intelligent. Ihren einzigen Feinde, die Menschen, teilen die Dickhäuter in gefährliche und ungefährliche ein. Sie fliehen, wenn sie männliche Massai sehen, denn einige jagen Elefanten. Nähern sich Mitglieder des Bauernvolkes der Kamba, bleiben die Tiere ruhig. Beim Wandern zwischen Schutzgebieten eilen Elefanten an menschlichen Siedlungen vorsichtshalber schnell vorbei.
Bild: Eugen Haag/Shotshop/imago images
Schweine sind sauschlau
Schweine zählen zu den schlausten Säugetieren. Sie lernen Kommandos, hören auf individuelle Namen und verstehen komplexe Fragen von Ursache und Wirkung. So brachten Forschende Schweinen bei, einen Joy-Stick zu bedienen und fanden heraus: Die Tiere begriffen den abstrakten Zusammenhang zwischen der Bewegung des Steuergeräts und des Cursors auf dem Bildschirm.
Bild: Lightpoet/Panthermedia/imago images
Sind Hunde klüger als Katzen?
Hunde- und Katzenbesitzer streiten seit langem: Welche Art ist intelligenter? Hunde können sogar verschiedene Fremdsprachen unterscheiden und besitzen fast doppelt so viele Neuronen wie Katzen (530 zu 250 Millionen). Aber es kommt auch auf die Dichte und die Vernetzung der Nervenzellen an. Und Katzen lassen viele Tests einfach nicht mit sich machen - der Streit dürfte also weitergehen.
Bild: Nano Calvo/VWPics/imago images
Pferde, Ziegen und die soziale Intelligenz
Wie Hunde leben auch Pferde seit Jahrtausenden eng mit dem Menschen zusammen. Da wundert es nicht, dass sie echte Menschenversteher sind. Pferde können unsere Gesichtsausdrücke einordnen und erkennen, ob wir freundlich oder böse gesinnt sind. Von Ziegen ist bekannt, dass sie die Gefühlslage anderer Ziegen an deren Blöken zuordnen können.
Bild: Julia Christe fStop Images/imago images
Intelligenz - eine Definition des Menschen
Das Beispiel der Pferde zeigt: Menschen neigen dazu, nur bestimmte Eigenschaften an Tieren zu erforschen. Der Tierverhaltensexperte Frans de Waal gibt zu bedenken: Wir Menschen legten immer unsere Definition von Intelligenz zugrunde, etwa die Fähigkeit zu zählen. Aber vielen Tieren bringt es in ihrer Umwelt gar nichts, zählen zu können. Was also sagt das über ihre Intelligenz?
Bild: Jochen Tack/imago
Von Affen und Menschen
Weniger als 1,5 Prozent unterscheidet uns genetisch von unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen. Doch Menschen haben pro Kilo Körpergewicht dreimal so viel Hirn. Der wirklich entscheidende Unterschied aber liegt in der menschlichen Fähigkeit, Erlerntes aktiv weiterzugeben. Durch diese "kulturelle Evolution" werden Innovationen, nicht nur weitergegeben, sondern auch verbessert.
Kap Verde: Der zunehmende Tourismus bedroht die Vogelwelt
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Bewohner der afrikanischen Insel Cabo Verde sammeln zum ersten Mal Daten über die Lebensweise dieser Zugvögel. Sie erhoffen sich davon wichtige Informationen über den Zustand der Ozeane und einen Leitfaden für mehr Naturschutz.