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Naturschutz am Amazonas: letztes Gefecht?

Astrid Prange20. März 2015

Brasiliens Ureinwohner bangen um ihre Zukunft. Sie fürchten, dass sie aus ihren Schutzgebieten vertrieben werden. Denn künftig soll das brasilianische Parlament über die Existenz von Reservaten entscheiden.

Brasilien Protest indigener Völker in der Hauptstadt Brasilia
Bild: REUTERS

Die geplante Gesetzesänderung "PEC 2015" sieht vor, dass künftig alle Schutzgebiete für Ureinwohner, Nachfahren entlaufener Sklaven und Naturschutzgebiete vom brasilianischen Parlament festgelegt werden. Bisher ist dafür eine eigene Fachbehörde verantwortlich. Nach heftigen Protesten entschied der zuständige Ausschuss im brasilianischen Parlament, dass über den Entwurf nicht sofort, sondern erst in 60 Tagen abgestimmt werden soll.

Nach Ansicht von Umweltschützern deutet alles daraufhin, dass durch die Initiative die Rechte von brasilianischen Ureinwohnern in Zukunft beschnitten werden. "Die Reservate und Naturschutzgebiete sind die wichtigsten Instrumente gegen die Abholzung am Amazonas", erklärt Danicley de Aguiar, Koordinator der Amazonas-Kampagne von Greenpeace Brasilien. "Die Gesetzesänderung begünstigt das Agrobusiness und die Großgrundbesitzer".

Nicht nur unter Umweltschützern regt sich Protest gegen die Reform. Auch 211 der insgesamt 513 Abgeordneten im brasilianischen Parlament sind dagegen. Der Gesetzesentwurf war erstmals im Jahr 2000 im Parlament eingebracht worden und dann aufgrund wachsender Bedenken in der Schublade verschwunden.

Reservate gelten als bester Schutz gegen die Zerstörung des Regenwaldes durch Großprojekte in BrasilienBild: Reuters

Mächtige Agrarlobby

Zu Beginn der neuen Legislaturperiode des Kongresses im Februar dieses Jahres setzte nun Parlamentspräsident Eduardo Cunha von der konservativen brasilianischen Partei PMDB den Entwurf wieder auf die Tagesordnung. Cunha gilt als Verfechter der Interessen von Brasiliens mächtiger Agrarlobby.

Bis jetzt ist für die Auszeichnung von Schutzgebieten die brasilianische Indianerbehörde Funai zuständig, die dem Justizministerium untersteht. Nach Angaben der Funai sind die bisher ausgezeichneten Reservate für Indigene rund 1,13 Millionen Quadratkilometer groß. Das ist ein Achtel der Staatsfläche Brasiliens.

Für Kritiker verdeutlicht die Gesetzesinitiative den wachsenden Einfluss der brasilianischen Agrarlobby in der Regierung von Staatspräsidentin Dilma Rousseff. Erst vor kurzem brachte Rousseff Umweltschützer und auch viele Mitglieder ihrer Regierungspartei PT gegen sich auf, als sie die Viehzüchterin und Großgrundbesitzerin Katia Abreu als Agrarministerin in ihr Kabinett berief. Die umstrittene Senatorin von der konservativen Koalitionspartei PMDB ist in Brasilien unter dem Spitznamen "Miss Abholzung" bekannt.

Vertreterin der Agrarlobby: Viehzüchterin Katia Abreu ist Brasiliens neue AgrarministerinBild: Antonio Cruz/ABr

Schutzgebiet ist Konfliktgebiet

Thomas Fatheuer, ehemaliger Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Brasilien, gibt sich keinen Illusionen hin: "Ich glaube, dass der Amazonas in der nächsten Zeit wieder viel mehr als Konfliktfeld wahrgenommen wird", erklärt er. Mit der Suche nach Bodenschätzen, dem Bau von Straßen, Häfen und Staudämmen bahne sich ein neuer Entwicklungsschub an. Fatheuer: "Sobald Entwicklungsstrategien berührt sind, treten Umweltfragen zurück."

Der brasilianische Umweltschützer Livaldo Sarmento kämpfte bereits in den 80er Jahren für die Ausweisung eines Reservates am Amazonaszufluss "Rio Tapajos". Die illegale Abholzung wurde seitdem zwar gestoppt, so Sarmento, doch unter den Folgen des Kahlschlages litten die Bewohner noch immer.

Motorrad und Mobilfunk

"Was fehlt, sind Investitionen zugunsten der Bevölkerung, die noch im Regenwald lebt und nicht in die Städte abgewandert ist", meint er."Die Jungen Leute wollen Zugang zum Internet und Mobilfunk haben und ein Motorrad kaufen können". Vor allem die Wiederaufforstung und Holzverarbeitung böten für die Bewohner von Schutzgebieten ein großes wirtschaftliches Potenzial, ist er überzeugt.

Umweltschützer Livaldo Sarmento kämpft seit 30 Jahren für Schutzgebiete im AmazonasBild: DW/A. Prange De Oliveira

Unterdessen geht die Zerstörung im Amazonas weiter. Nach Angaben des Forschungsinstitutes Imazon wurden im Dezember 2014 rund 110 Quadratkilometer Regenwald vernichtet, 244 Prozent mehr als im Dezember 2013.

Nach offiziellen Angaben der brasilianischen Regierung lag die Abholzungsrate zwischen August 2013 und Juli 2014 bei 4.848 Quadratkilometern - dies entspricht der dreifachen Fläche der Millionenmetropole São Paulo. Je weniger Schutzgebiete es gibt, desto schneller wird die Zerstörung vermutlich weiter voranschreiten.

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