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Nawalny: Auswärtiges Amt bestellt russischen Botschafter ein

19. Februar 2024

Der Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hat diplomatische Konsequenzen: Das Auswärtige Amt in Berlin bestellt den russischen Botschafter ein. Deutschland fordert eine Aufklärung der Todesumstände.

Russische Aktivisten bei einer Protestaktion vor der russischen Botschaft in Berlin
Russische Aktivisten bei einer Protestaktion vor der russischen Botschaft in BerlinBild: ANNEGRET HILSE/REUTERS

Die politisch motivierten Verfahren gegen Alexej Nawalny sowie gegen zahlreiche weitere Regierungskritiker und die unmenschlichen Haftbedingungen zeigten, mit welchen Mitteln der russische Präsident Wladimir Putin die Meinungsfreiheit unterdrücke, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. "Wir verurteilen das aufs Allerschärfste und fordern ausdrücklich die Freilassung aller in Russland aus politischen Gründen Inhaftierten", betonte sie. Die Sprecherin nannte es erschütternd, dass in vielen russischen Städten Menschen bei der Niederlegung von Blumen für Nawalny festgenommen worden seien. Allein am Wochenende habe es 380 Festnahmen in 39 Städten gegeben.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit unterstrich, der Tod Nawalnys müsse von unabhängiger Seite aufgearbeitet werden. "Wir fordern die russischen Behörden auf, die Umstände seines Todes vollständig aufzuklären und den Leichnam freizugeben für eine unabhängige Untersuchung des Todes." Der Tod Nawalnys belege, dass Präsident Putin "jeden Respekt vor menschlichem Leben vermissen lässt", sagte Hebestreit. Dies zeige sich "auch jeden Tag" an der russischen Kriegsführung in der Ukraine. Der Regierungssprecher forderte die russische Führung auf, "die inakzeptable Verfolgung politisch Andersdenkender sowie die systematische Unterdrückung der Menschenrechte und die unzulässige Einschränkung von Bürgerrechten" zu beenden.

Nawalny war nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS am Freitag in einer Strafkolonie am Polarkreis zusammengebrochen und gestorben. Er sollte in dem berüchtigten Gefängnis eine drei Jahrzehnte dauernde Haftstrafe verbüßen. Der 47-Jährige war seit Langem ein Opponent des russischen Präsidenten. Er saß seit 2021 in Russland in Lagerhaft.

Christian Lindner: "Nawalny wurde von Putin zu Tode gequält"

01:31

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2020 hatte der Oppositionspolitiker einen Giftanschlag überlebt. Nach erfolgreicher Behandlung in Deutschland war er nach Russland zurückgekehrt und umgehend inhaftiert worden. 

Schwere Vorwürfe der Witwe

Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja macht derweil Putin für den Tod ihres Mannes verantwortlich. "Vor drei Tagen hat Wladimir Putin meinen Ehemann umgebracht", sagte Nawalnaja in einer Videobotschaft. Mit Nawalny habe Putin "unsere Hoffnung, unsere Freiheit, unsere Zukunft töten" wollen, fügte sie den Tränen nahe hinzu.

Julia Nawalnaja bei ihrem Auftritt am Freitag bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2024 Bild: KAI PFAFFENBACH/AFP

Die Witwe warf den russischen Behörden zugleich vor, den Leichnam ihres Mannes zurückzuhalten. Die Behörden warteten ab, bis keine Spuren des Nervengifts Nowitschok mehr nachzuweisen seien. Nawalnaja versprach, die Arbeit ihres Mannes weiterzuführen. "Ich werde weiter für die Freiheit unseres Landes kämpfen", verkündete sie und forderte seine Anhänger auf: "Stehen Sie mir bei." Nawalnaja hatte ihrem Mann zehn Jahre lang in seinem Kampf gegen Putin zur Seite gestanden. 

Kreml weist Kritik zurück

Die russische Regierung wertet die Empörung vieler westlicher Staaten über den plötzlichen Tod des Oppositionellen als "abstoßend". "Wir halten es für absolut inakzeptabel, solche, nun ja, offen gesagt widerwärtigen Erklärungen abzugeben", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Kritik werde Präsident Putin aber nichts anhaben können. Einer Frage nach einer Stellungnahme Putins zum Tod Nawalnys wich Peskow aus: "Ich habe dem nichts hinzuzufügen." Auf eine Frage zur voraussichtlichen Dauer der Untersuchungen der Ursachen für den Tod Nawalnys sagte der Sprecher lediglich, die Ermittlungen würden gemäß gesetzlichen Vorschriften durchgeführt. "Alle notwendigen Maßnahmen werden ergriffen", so Peskow.

Auf den Verbleib von Nawalnys Leichnam angesprochen, betonte Peskow, er könne nicht sagen, wann dieser der Familie übergeben werde. Dies sei keine Angelegenheit der Präsidialverwaltung. Nawalnys Familienangehörigen war am Montag den dritten Tag in Folge der Zugang zu dessen Leichnam verweigert worden.

Es ist bislang unklar, wo sich Nawalnys Leiche befindet. Die Zeitschrift "Nowaja Gaseta" berichtet unter Berufung auf einen nicht genannten Informanten, der Leichnam sei in ein Krankenhaus im Distrikt Salechard gebracht worden. Er weise Blutergüsse auf. Dies seien Hinweise auf eine Art Krampfanfall und Herzmassagen zur Wiederbelebung. 

kle/se (afp, rtr, epd, dpa)