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Nawalny-Vertraute in Russland zu Straflager verurteilt

14. Juni 2023

In Russland ist eine ehemalige Mitarbeiterin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Lilia Tschanyschewa muss dafür in eine Strafkolonie.

Nawalny-Mitarbeiterin in Russland verurteilt
Lilia Tschanyschewa steht in Ufa vor Gericht Bild: AP/dpa/picture alliance

Ein Gericht in der russischen Stadt Ufa am Ural befand Lilia Tschanyschewa unter anderem der Schaffung einer "extremistischen Organisation" für schuldig. Die 41-Jährige hatte vier Jahre das regionale Büro von Alexej Nawalny in Ufa, der Hauptstadt der russischen Republik Baschkortostan, geleitet. Sie stellte ihre Arbeit jedoch nach eigenen Angaben ein, als die russische Justiz die Organisation im Jahr 2021 als "extremistisch" einstufte und damit faktisch verbot.

Für ihre Mitstreiter ist das harte Urteil deshalb nun umso unverständlicher. "7,5 Jahre dafür, dass du für dein Land kämpfst", schrieb Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch auf Twitter. "Dieses Urteil ist ein Verbrechen." Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft gefordert.

"Ich sollte frei sein, weil meine Arbeit komplett legal ist", sagte Tschanyschewa nach dem Urteil in einem Video, das eine Sprecherin Nawalnys veröffentlichte. Sie ist die erste Vertraute des Oppositionellen, die wegen Vorwürfen der Gründung einer "extremistischen Organisation" vor Gericht stand und eine der wenigen Frauen in der von Männern geprägten Opposition in Russland.

"Nawalny in einem Rock"

Aus dem Gefängnis heraus nannte Nawalny Tschanyschewa eine seiner besten politischen Koordinatoren. Er fügte hinzu, die Behörden sähen sie als große Bedrohung - ein Ermittler habe ihm gesagt, sie werde als "Nawalny in einem Rock" bezeichnet. Das Team des Oppositionspolitikers erklärte weiter, Tschanyschewa Verurteilung sei die Bestrafung ihrer "legalen politischen Aktivitäten". Die Nawalny-Vertraute Ljubow Sobol bezeichnete das Urteil als politisch motiviert. Präsident Wladimir Putin habe "eine weitere Geisel in eine Strafkolonie gesteckt", sagte sie.

Bevor sie 2017 zu Nawalnys Team stieß, hatte Tschanyschewa bei großen Unternehmen wie Deloitte gearbeitet. Nawalny hatte im März gesagt, sie habe "eine erfolgreiche Karriere" gegen die Arbeit in seinem politischen Büro in einer der korruptesten Regionen Russlands ausgetauscht und sich dabei die Missgunst vieler eingehandelt. "Sie haben sie furchtbar gehasst", schrieb Nawalny in diesem Jahr über Tschanyschewa, mit Bezug auf die russischen Behörden.

Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine gehen die russischen Behörden verstärkt gegen kritische Stimmen vor. Die meisten Kritiker des Kremls in Moskau sind bereits im Exil oder hinter Gittern.

Neues Gerichtverfahren gegen Nawalny

Auch gegen Nawalny selbst läuft derzeit ein neuer Prozess, in dem er ebenfalls des Extremismus beschuldigt wird. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm 30 weitere Jahre Freiheitsentzug. Der bekannteste russische Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin sitzt bereits seit zwei Jahren in einem Straflager rund 260 Kilometer nordöstlich von Moskau. Der Putin-Gegner ist zu einer Haftstrafe von insgesamt elfeinhalb Jahren in einer Strafkolonie wegen Betrugs und Verstoßes gegen Bewährungsauflagen verurteilt worden. Er weist die Anschuldigungen als frei erfunden zurück, um ihn zum Schweigen zu bringen.

Sein Team macht immer wieder auf seinen schlechten Gesundheitszustand aufmerksam und spricht von Folter durch permanente Einzelhaft. Menschenrechtsgruppen und westliche Regierungen betrachten Nawalny als politischen Gefangenen. Die Führung in Moskau bestreitet dies.

Nawalny war im August 2020 auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Die Regierung in Moskau hat Vorwürfe zurückgewiesen, russische Behörden hätten versucht, ihn zu töten. Nach seiner Rückkehr nach Russland im Januar 2021 wurde er festgenommen und verurteilt.

kle/sti (afp, rtr, dpa)

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