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Politik

Nawalny will zurück nach Hause

15. September 2020

"Hi, hier ist Nawalny", steht unter dem Foto. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Bilder eine Kraft entfalten können - hier ist er. Der Putin-Gegner meldet sich aus dem Krankenzimmer zurück.

Deutschland Berlin | Selfie am Krankenbett | Alexej Nawalny
Gute Besserung! Daria Nawalny, ihr Bruder Zahar, ihr Vater, der russische Kremlkritiker Alexej Nawalny und seine Frau Julia machen ein Selfie am Krankenbett in der Charité und posten es auf Instagram.Bild: picture-alliance/dpa/D. Nawalny

Dieses Foto geht um die Welt: Alexej Nawalny, umgeben von seiner Familie im Krankenzimmer der Berliner Charité. Ich habe überlebt, bin wieder da, will das Foto sagen, das man sich ohne Zweifel auch im Kreml mit höchstem Interesse angesehen hat. Und gleichzeitig vernommen hat: Der Mann will zurück nach Russland.

Dies erklärte seine Sprecherin im Kurznachrichtendienst Twitter. "Ich bestätige es erneut für jeden: Keine andere Option wurde jemals in Betracht gezogen", twitterte Kira Jarmysch. Man kann dies als eine Ansage der Kampfbereitschaft des Oppositionellen deuten.

Doch zunächst der Blick in die Charité, den Nawalny an diesem Dienstag mit Hilfe seines Instagram-Accounts gewährt. In einem Operationshemd, das linke Handgelenk verbunden mit einem Zugang für Kanülen, sitzt er da. Und die Nowitschok-Kampfstoffe scheinen für einen Moment ihre Vernichtungskraft verloren zu haben. Die Kinder Daria und Zahar zu seiner rechten, seine Frau Julia auf seiner linken Seite haben den Patienten für das Bild in die Mitte genommen.

"Den ganzen Tag alleine atmen"

"Hi, hier ist Nawalny. Ich vermisse Euch alle", heißt es in der Bildunterschrift. "Ich kann immer noch kaum etwas machen, aber gestern konnte ich den ganzen Tag alleine atmen." Nach dem Zusammenbruch war zunächst unklar gewesen, ob Nawalny überhaupt wieder öffentlich werde auftreten können. 

Der Kreml-Kritiker war am 20. August auf einem innerrussischen Flug kollabiert. Die Piloten landeten daraufhin außerplanmäßig im sibirischen Omsk, wo er in der örtlichen Klinik behandelt wurde. Am 22. August wurde er auf Dringen der Familie und Freunden nach Deutschland ausgeflogen, wo er seitdem in der Charité behandelt wird.

Jeder wäre glücklich ...

In Moskau zeigt sich die Regierung erleichtert über die zunehmende Gesundung und auch offen für eine Rückkehr des 44-Jährigen in seine Heimat. Ein Sprecher des russischen Präsidialamtes sagte, jeder wäre glücklich, wenn sich Nawalny wieder erholen würde. Gleichzeitig betonte er die Bereitschaft zur Aufklärung des Giftanschlags. Die russische Regierung verstehe allerdings nicht, warum sie keinen Zugang zu den Untersuchungsproben von Nawalny erhalte.

Bei der Verlegung in die CharitéBild: Imago Images/V. Filippov

Am Montag hatte die Bundesregierung mitgeteilt, Labore in Schweden und Frankreich hätten bestätigt, dass Nawalny mit einem Kampfstoff aus der international geächteten Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Nowitschok ist in der Sowjetunion entwickelt worden. Dies nährte den Verdacht, staatliche Stellen könnten hinter dem Anschlag auf den Kreml-Kritiker stecken. Auch ein Labor der Bundeswehr hatte Nowitschok bereits nachgewiesen. Regierungssprecher Steffen Seibert erneuerte gestern die Erwartung, dass sich die russische Regierung zu dem Vorfall erkläre.

Blutzuckerwerte überprüft

Die Nachrichtenagentur Reuters ist unterdessen der in Omsk gestellten offiziellen Diagnose eines vielfach über normal liegenden Blutzuckerwertes und einer massiven Beeinträchtigung des Stoffwechsels nachgegangen. Nach Angaben von drei Personen, die Kenntnis von der Erstbehandlung Nawalnys durch Sanitäter noch am Flughafen haben, wurden bei dem Kreml-Kritiker keine erhöhten Blutzuckerwerte oder Hinweise auf Stoffwechsel-Störungen gefunden. "Das war kein Diabetes, das ist alles überprüft und ausgeschlossen worden", sagte eine der Personen zu Reuters. Auch zwei weitere mit der Erstversorgung vertraute Personen erklärten demzufolge, bei der Behandlung auf dem Flugfeld seien Nawalnys Blutzuckerwerte normal gewesen. Vier Insider sagten Reuters, die Sanitäter hätten Symptome einer Vergiftung wie Benommenheit festgestellt. Offiziell hatten Mediziner in Omsk eine solche Diagnose stets in Frage gestellt.

ml/fab (rtr, dpa, Twitter)

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