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PolitikNepal

Nepal: Erdbebensichere Infrastrukturen sind dringend nötig

Lekhanath Pandey
7. November 2023

Ein schweres Erdbeben hat den Westen Nepals erschüttert. Der Himalaya-Staat befindet sich in einer der weltweit am stärksten erdbebengefährdeten Regionen. Viele Gebäude sind nicht gegen die Erdstöße gesichert.

Erdbeben Nepal
Das Erdbeben hat im Jajarkot Distrikt im Westen von Nepal viele Häuser zerstörtBild: Niranjan Shrestha/AP Photo/picture alliance

Am Montag wurde Nepal erneut von einem Erdbeben mit einer Stärke von 5,6 erschüttert, das den Distrikt Jajarkot im Westen des Landes traf, ähnlich wie das Beben am vorherigen Freitag, den 3. November. Das Erdbeben vom Freitag mit einer Stärke von 6,4 hatte offiziellen Angaben zufolge mehr als 150 Todesfälle verursacht. Laut nepalesischen Medienberichten war die Hälfte der Opfer Kinder. Mindestens 400 Menschen wurden verletzt.

Das Beben ereignete sich wenige Minuten vor Mitternacht und überraschte die Menschen im Schlaf. Bhumilal Garti und seine Familie hatten Glück. Garti, der in dem Dorf Sirpachaur lebt, erzählt im Gespräch mit der DW, dass seine Familie aufwachte und rechtzeitig fliehen konnte. "Unser Zuhause wurde vor unseren Augen zerstört", berichtet er.

Viele Menschen in der Umgebung wurden unter den Trümmern ihrer aus Ziegeln, Stein und Lehm gebauten Häuser begraben. Yagya Khatri, ein lokaler Journalist, der aus den von dem Erdbeben betroffenen Dörfern berichtete, gab gegenüber der DW an, dass nur eine Handvoll Betonstrukturen in den am stärksten betroffenen Gebieten intakt und bewohnbar geblieben seien.

Laut dem Innenministerium von Nepal wurden fast 9.000 Gebäude in den Distrikten Jajarkot und dem benachbarten Rukum entweder vollständig oder teilweise durch das Erdbeben zerstört. Das Epizentrum des Erdbebens befand sich im Distrikt Jajarkot, etwa 320 Kilometer westlich der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu. Seitdem wurden mehrere Nachbeben mit einer Stärke von über 4,0 verzeichnet.

Menschen haben Angst vor weiteren ErdbebenBild: Skanda Gautam/ZUMA Press/picture alliance

Erdbebenregion Nepal

Monika Jha, Leiterin des Nationalen Erdbebenüberwachungs- und Forschungszentrums Nepals (NEMRC), erklärt im Gespräch mit der DW, dass die häufigen und starken Erdbeben in Nepal auf die geografische Lage des Landes zurückzuführen sind, wo sich die indische Kontinentalplatte unter die eurasische Platte schiebt und damit immer wieder Erdbeben verursacht.

Im Jahr 2015 forderte ein Erdbeben der Stärke 7,8 in der Umgebung der Hauptstadt Kathmandu etwa 9.000 Menschenleben. Es wurden damals rund eine Million Gebäude beschädigt, darunter auch UNESCO-Welterbestätten.

Jha äußerte gegenüber der DW ihre Befürchtung, dass die Region zwischen dem westlichen Teil von Nepal und Dehradun in Indien eines Tages ein massives Erdbeben mit einer Stärke von 8,0 oder mehr erwarten müsse. "Das NEMRC hat eine seismische Gefahrenkarte erstellt. Auf dieser Karte werden Gebiete identifiziert, die anfälliger für starke Erdbeben sind", sagt sie und kritisiert: "Es mangelt an einer koordinierten Zusammenarbeit zur Errichtung von erdbebensicheren Wohnhäusern und Infrastruktur."

Chandra Bahadur Shrestha, Mitglied der Nationalen Wiederaufbaubehörde (NRA), die nach dem Erdbeben von 2015 gegründet wurde, um den Wiederaufbau voranzutreiben, sagt gegenüber der DW, dass Nepal schlecht darauf vorbereitet sei, Erdbebenschäden einzudämmen. Obwohl das Erdbeben am Freitag der mittleren Stärke zuzurechnen sei, waren die Verluste an Menschenleben und Eigentum unverhältnismäßig groß. Shrestha erklärt, dass die Baustruktur von Gebäuden eine wesentliche Rolle beim Verlust von Menschenleben gespielt habe. "Mit erdbebensicheren Gebäuden hätte ein Großteil der Verluste vermieden werden können." Er fügt hinzu: "Mit Ausnahme weniger städtischer Gebiete sind die meisten unserer Wohnhäuser und Infrastrukturen nicht widerstandsfähig gegen Katastrophen, einschließlich Erdbeben."

Nach dem Erdbeben von 2015 hat die NRA Richtlinien formuliert, darunter die Identifizierung erdbebengefährdeter Gebiete, die Verstärkung schlecht gebauter Infrastruktur (einschließlich Wohnhäuser) und Umsiedlung aus stark erdbebengefährdeten Regionen.

Shrestha erklärt gegenüber der DW, dass die Zentralregierung nach dem Erdbeben von 2015 "eingeschlafen" sei und die Verantwortung an lokale Gremien delegiert habe, die über unzureichende Ressourcen, technisches Fachwissen und Personal verfügen. "Wir sollten keine Verzögerung bei der Einführung einer auf nationaler Ebene ansetzenden politischen Intervention dulden, um sicherzustellen, dass unsere Infrastruktur gegen Katastrophen gewappnet ist", sagt er und betont weiter: "Wir mögen über die Ressourcen und das technische Fachwissen verfügen, aber es mangelt an politischem Willen."

Nepal räumt nach dem jüngsten Erdbeben auf

Der nepalesische Premierminister Pushpa Kamal Dahal besuchte am Samstag das am stärksten betroffene Gebiet. Nach seiner Rückkehr kündigte er in Kathmandu an, dass die Rettungsarbeiten von der nepalesischen Armee koordiniert werden sollen.

Die Armee koordiniert die Rettungsarbeiten und HilfslieferungenBild: Niranjan Shrestha/AP Photo/picture alliance

Die Zentralregierung in Kathmandu und die Provinzregierungen von Nepal haben finanzielle Hilfspakete für die betroffenen Gebiete angekündigt. Auch verschiedene politische, private und soziale Organisationen haben ihre Unterstützung zugesagt. Dennoch berichten Überlebende von Engpässen bei grundlegenden Notwendigkeiten wie Nahrung, sauberem Wasser und Unterkunft in vielen entlegenen Gebieten.

"Wir haben bereits zwei Nächte unter freiem Himmel verbracht", klagt Mahesh Chunara, ein Bewohner des Distrikts Jajarkot. "Es mangelt sogar an provisorischen Zelten, um die kalten Nächte zu überstehen." Mindestens 13 Menschen sind in Chyuri, dem Dorf, in dem Chunara lebt, gestorben. Erdrutsche und Straßenschäden behindern die Rettungs- und Hilfsbemühungen.

Aus dem Englischen adaptiert von Shabnam von Hein

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