Nepal wählt
9. April 2008In Nepal wird an diesem Donnerstag (10.4.2008) eine verfassungsgebende Versammlung gewählt. Dass die bereits einmal verschobenen Wahlen überhaupt stattfinden können, war vor wenigen Wochen noch unklar. Vor allem die Proteste der Madhesis, die in der an Indien angrenzenden Terai-Ebene leben, drohten die Wahlen platzen zu lassen. Erst in letzter Minute einigte sich die Regierung in Katmandu mit den Madhesis über das Wahlverfahren.
"Das Terai bekommt nichts"
Birganj ist ein ruhiger Ort an der Grenze zu Indien. Es gibt kaum Autoverkehr, Fahrradrikshas und Pferdekutschen bestimmen das Straßenbild. Dem gängigen Image von Nepal entspricht Birganj nicht gerade, obwohl es nur 20 Minuten mit dem Flugzeug von Kathmandu entfernt ist. Keine Berge, sondern Flachland: das Terai. Und frühsommerliche Hitze wie im benachbarten Indien – wo man auch die gleichen Sprachen spricht wie viele hier: Bhojpuri und Maithili.
Im Terai regt sich Unmut. Die Madhesis, die hier leben, fühlen sich unterdrückt von der seit Jahrhunderten in Kathmandu regierenden Elite Nepals. "Wir wollen unseren Anteil. In diesem Land leben 25 Millionen Menschen, und 55 Prozent davon sitzen im Terai", sagt Ram Pravesh Singh im Büro der regionalen Partei der Madhesi. "Aber alles geht immer nur an die Zentralregierung, das Terai bekommt nichts. Dagegen hat sich unsere Bewegung im vergangenen Jahr gerichtet."
So richtig ausgebrochen ist der Madhesi-Konflikt, der auch Todesopfer forderte, nachdem die Maoisten ihren Frieden mit den etablierten Parteien gemacht hatten. Denn die Maoisten hatten über Jahre die Sache der Madhesis, genauso wie vieler anderer ethnischer Gruppen unterstützt.
Alles Lippenbekenntnisse, getan haben sie als Teil der Übergangsregierung in Kathmandu auch nichts, kritisierten Madhesi-Forum-Aktivisten. Sie fordern von der Verfassungsgebenden Versammlung fordern wir vor allem eine autonome Provinz und das Recht auf Selbstbestimmung.
Bitte keine Teilung
Passanten in Birganj sind unterschiedlicher Meinung über die Madhesi-Parteien. Es überwiegt ein gewisses Verständnis für die Forderungen, gemischt mit Skepsis über zu radikale Positionen - Nepal solle doch schließlich Nepal bleiben. Eine Teilung wie die von Indien und Pakistan will man sich lieber nicht vorstellen.
Die Madhesi-Parteien sind untereinander zerstritten. Unabhängig davon, wie sie bei der Wahl am Donnerstag abschneiden, werden ihre Themen aber von allen Politikern, die im Terai gewählt werden, aufgegriffen werden. Auch die etablierten nationalen Parteien traten im Wahlkampf für die Rechte der Madhesis ein. "Die Madhesis sind nicht angemessen vertreten gewesen in der Verwaltung oder in der Armee", sagt Rajendra Bahadur Amatya, der lokale Kandidat des "Nepali Congress". "Wir aus dem Terai tragen so viele Ressourcen bei. Aber was haben wir dafür an Entwicklung bekommen?"