Sieg für die Maoisten
12. April 2008Jubelnd ziehen Maoisten durch Patan, die an Kathmandu direkt angrenzende Schwesterstadt. Ihre Partei hat bei den Direktmandaten hier einen klaren Sieg errungen. Mitten unter den Feiernden ist Parvati: "Wir vertrauen ihnen eher, dass sie sich für uns Frauen, für unsere Freiheit einsetzen werden. Dass wir Gleichberechtigung bekommen wie im Ausland." Ihre Landsleute, sagt Parvati, wollen frei sein zu kämpfen, zu leben, Geld zu verdienen. "Wir wollen für uns selber leben! Unsere Männer halten uns wie Kühe zuhause, beschimpfen und misshandeln uns. In meinem Leben war ich noch nie so froh wie heute!"
Maoisten profitieren von der Wechselstimmung
Die Passanten reagieren gelassen auf die Siegesfeier, auch vorbeikommende Soldaten lächeln. Wie lässt sich der sich abzeichnende Wahlsieg der Maoisten erklären? Der erfahrene nepalische Journalist Binod Bhattarai glaubt, dass die Wechselstimmung im Land ausschlaggebend war. "Die Maoisten haben den Wechsel ja versprochen. Und sie hatten den Leuten auch gedroht, in den Dschungel zurückzukehren, wenn sie nicht gewinnen würden." Jetzt liege es an den Maoisten, verantwortlich zu handeln und den Verfassungs-Prozess zu gestalten.
Die endgültigen Wahlergebnisse werden noch Wochen auf sich warten lassen. Bei der Auszählung der Direktmandate führen die Maoisten klar. Allerdings wird die Mehrheit der Sitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben, und das dürfte eine absolute Mehrheit für die Ex-Guerillakämpfer verhindern. Doch die stärkste Partei dürften sie werden. Ihr Vorsitzender Prachanda sprach in einer ersten Pressekonferenz in Kathmandu denn auch davon, dass seine Partei die Führungsrolle beim Friedensprozess und der Ausarbeitung der neuen Verfassung übertragen bekommen habe.
Die Sieger geben sich kompromissbereit
Gleichzeitig bekannte er sich ausdrücklich zum Mehrparteien-System und zur Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den anderen großen Parteien in einer großen Koalition. "Wir haben ja festgelegt, dass die neue Verfassung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wird. Sie kann also nur in Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien entstehen." Nach dieser Wahl müsse sich die Politik ganz auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau konzentrieren. Und dies sei ohne die Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft praktisch unmöglich. "Das 'Neue Nepal' ist ein sehr populäres Schlagwort in diesem Land geworden. Dafür brauchen wir internationale Unterstützung, denn wir können die Globalisierung, Liberalisierung und Privatisierung in diesem 21. Jahrhundert nicht ignorieren", so der Vorsitzende der Maoisten.
Mit letzteren Bemerkungen versuchte Prachanda Bedenken in westlichen Ländern gegen seine Partei zu zerstreuen. Besonders die USA haben sich in der Vergangenheit gegen jede Kooperation mit den Maoisten gesperrt.
Mit der Volksrepublik China haben die Maoisten übrigens trotz ihres Namens keinerlei Verbindung. Die chinesische Regierung hat sich von ihnen distanziert und in der Zeit des Bürgerkriegs sogar die königliche Armee mit Waffen gegen die Rebellen unterstützt.