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Nervosität vor dem letzten Gefecht

25. November 2011

Angela Merkel, Nicolas Sarkozy und Mario Monti trafen sich in Straßburg, um über Wege aus der Euro-Schuldenkrise zu beraten. Der Dreier-Gipfel hat gezeigt, wer in Europa die Strippen zieht, meint Christoph Hasselbach.

Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Es war das Gegenteil dessen, was die Europäische Kommission und Europaabgeordnete "die Gemeinschaftsmethode" nennen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, die beiden unangefochtenen Führungsfiguren der Währungsunion, lassen sich vom frischgebackenen italienischen Regierungschef Mario Monti sein Reformprogramm erklären. Von einem Treffen auf Augenhöhe konnte keine Rede sein. Obwohl Italien als Wirtschaftsmacht die Nummer drei der Eurozone ist und bisher – zum Glück – auch um kein Hilfsprogramm gebeten hat, steht Monti wie ein armer Schlucker da. Er muss sich rechtfertigen, er muss liefern, und zwar schnell, um nicht die gesamte Euro-Zone in den Abgrund zu ziehen.

Christoph Hasselbach, DW-Korrespondent in Brüssel und StraßburgBild: DW

Tendenz zur "Methode Metternich"

Gerade als ehemaligem EU-Kommissar ist Monti natürlich klar, wie fragwürdig der Rahmen war. Das hatte er sogar am Vortag in Brüssel angedeutet. Aber es blieb ihm wohl kaum etwas anderes übrig, als die Einladung nach Straßburg anzunehmen. Von einer Abstimmung Merkels und Sarkozys mit der Kommission, mit anderen EU- oder Euro-Regierungen keine Rede. Straßburg war ein Schulbeispiel für die sogenannte "intergouvernementale Methode", der Abstimmung zwischen einzelnen Regierungen. Manche Europaabgeordnete sprechen von einer neuen Tendenz in Europa zum "Wiener Kongress" oder der "Methode Metternich".

Streit auf höchster Ebene

Die Euro-Krise scheint allmählich auf das letzte Gefecht zuzusteuern, die Nerven liegen entsprechend blank, und immer noch ziehen die wichtigsten Akteure in unterschiedliche Richtungen: Kommissionspräsident Barroso fordert gemeinschaftliche Euro-Anleihen, Merkel lehnt sie genauso entschieden ab. Vor allem die Süd-Länder wollen, dass die Europäische Zentralbank zur Not Staatsanleihen in unbeschränkter Höhe aufkauft und damit ebenfalls Schulden vergemeinschaftet. Auch dagegen stemmt sich Merkel.

Auch Deutschlands Bonität scheint nicht unbegrenzt

Zu Merkels Ärger kommen selbst aus Frankreich unterschiedliche Signale. Von seiner Tradition und seiner Mentalität her steht das Nachbarland ohnehin eher im südlichen als im nördlichen Lager. Doch inzwischen kommt es ganz dicke: Nicht nur muss Frankreich immer mehr um seine Bestnote bei der Kreditwürdigkeit fürchten, Deutschland selbst gerät ins Zwielicht. Bei der jüngsten Versteigerung zehnjähriger Bundesanleihen blieb das Land auf einem Drittel der Papiere sitzen. In die Schadenfreude einiger griechischer oder spanischer Kommentatoren mischt sich Sorge: Gibt es bald überhaupt kein Halten mehr?

Bisher sind alle Stabilisierungsversuche der Währungsunion gescheitert, trotz Sparprogrammen, Regierungswechsel und Rettungsfonds. Und Merkels Idee einer Vertragsänderung zwecks Haushaltsdisziplinierung kommt nicht recht voran. Vielleicht wird sich die Kanzlerin bald unter akutem Druck der Krise entscheiden müssen: zwischen der Pest Euro-Bonds und der Cholera EZB-Staatsfinanzierung.

Autor: Christoph Hasselbach, Straßburg
Redaktion: Martin Schrader

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