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Netanjahu enttäuscht von Merkel

5. Dezember 2012

Vor den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen ist die Stimmung schlecht. Ministerpräsident Netanjahu äußerte undiplomatisch offen seine Enttäuschung über die Bundeskanzlerin.

Bundeskanzlerin Merkel und der israelische Ministerpräsident Netanjahu - hier im April 2011 in Berlin (Foto: dapd)
Bild: dapd

Das jüngste Verhalten Deutschlands in den Vereinten Nationen habe den Friedensprozess im Nahen Osten "zurückgeworfen", beklagte sich Benjamin Netanjahu in der Tageszeitung "Die Welt". Bei der Abstimmung über die Aufwertung der Palästinenser zum UN-Beobachterstaat hatte sich Deutschland vergangene Woche enthalten.

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Netanjahu bedankte sich in dem Interview für die deutsche Unterstützung während des jüngsten Konflikts mit militanten Palästinensern aus dem Gazastreifen und fuhr fort: "Gleichzeitig wäre es unaufrichtig, wenn ich verhehlen würde, dass ich enttäuscht war über das deutsche Stimmverhalten bei den Vereinten Nationen". Die Aufwertung durch die UN habe die Position der Palästinenser verhärtet. Die deutsche Enthaltung habe also trotz guter Absichten das Gegenteil bewirkt: "Sie hat den Frieden zurückgeworfen", argumentierte Netanjahu.

Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung in der vergangenen Woche hatte eine große Mehrheit der Staaten für die Aufwertung der Palästinenser gestimmt. Israel, die USA und sieben weitere Länder votierten mit Nein, 41Staaten enthielten sich.

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Der deutsche Vize-Regierungssprecher Georg Streiter wollte auf Netanjahus Kritik an der Kanzlerin nicht näher eingehen. Es sei bekannt, dass Merkel eine andere Auffassung vertrete als die israelische Regierung. Zwischen beiden Ländern gebe es aber eine "unzerbrechliche Freundschaft", betonte Streiter. "Israel weiß genau, dass es sich immer auf Deutschland verlassen kann."

Gespräche über Lage in Nahost

Zu den alljährlichen Regierungsgesprächen, die dieses Mal in Berlin stattfinden, werden neben Netanjahu noch sechs israelische Minister erwartet. Außenminister Avigdor Lieberman sagte seine Teilnahme jedoch kurzfristig ab. Begründet wurde dies mit Gesundheitsproblemen. Offiziell beginnen die Konsultationen am Donnerstag (06.12.2012) , bereits am Mittwochabend aber kamen Merkel und Netanjahu im Kanzleramt zusammen.

Nach dem mehr als dreistündigen Treffen hieß es aus Regierungskreisen in Berlin, es habe einen "ausführlichen und vertrauensvollen Meinungsaustausch in gegenseitigem Respekt" gegeben. Zu den zentralen Themen gehörten demnach die Sicherheitslage und die Sicherheitsinteressen Israels sowie die politische Lage in der gesamten Region. In Netanjahus Umgebung hieß es, das ursprünglich nur für eine Stunde geplante Treffen sei ein "Gespräch unter Freunden" gewesen. Die Sicherheitsaspekte hätten dabei eine wichtige Rolle gespielt.

Bei der Begegnung dürfte Merkel auch den zweiten gegenwärtigen Dissens zwischen Berlin und Jerusalem angesprochen haben: der israelische Siedlungsbau in den Palästinenser-Gebieten. Als Reaktion auf die Aufwertung der Palästinenser in den UN hatte die rechts-konservative Netanjahu den Bau von 3000 Wohnungen für Siedler im Westjordanland und in Ostjerusalem angekündigt - und damit international einen Sturm der Empörung ausgelöst.

Auch die Bundesregierung hatte sich kritisch geäußert und an Netanjahu appelliert, diese Entscheidung zurückzunehmen. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Montag in Berlin, Israel untergrabe damit das "Vertrauen in seine Verhandlungsbereitschaft". Außerdem würde der Raum für einen Palästinenserstaat, den auch Deutschland wolle, damit immer kleiner. Israel hält jedoch der internationalen Kritik zum Trotz an den Bauplänen fest. Nach Regierungsangaben beriet ein Planungsausschuss der Verwaltung mit Architekten und Bauunternehmern über das Vorhaben. Die EU bestellte wegen der Siedlungspolitik den israelischen Botschafter ein.

wl/pg/SC (dpa, dapd)

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