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Neu auf DVD: Tess

Jochen Kürten26. März 2013

Ein Alterswerk mit jungen Jahren: Roman Polanskis Literaturverfilmung "Tess".

Szene mit Nastasja Kinski aus dem Film "Tess" von Roman Polanski (1979) c: CONCORDE-HOME ENTERTAINMENT
Filmszene Tess mit Nastasja KinskiBild: Concorde Home

Als "Tess" nach dem berühmten Roman von Thomas Hardy 1979 in die deutschen Kinos kam, waren die Reaktionen sehr zurückhaltend bis ablehnend. Es war nicht die Zeit für große epische Literaturverfilmungen. Und vor allem von einem Regisseur wie Roman Polanski erwartete man anderes. Insofern ist es gut, Filme wiederzusehen, nach Jahren eine Neubewertung vorzunehmen. Mit den Jahren relativiert sich vieles, die Spreu trennt sich vom Weizen der Filmgeschichte. "Tess" hat sich, im Gegensatz zu dem einen oder anderen Film des Regisseurs, nicht nur gut gehalten, er hat im Laufe der Jahre sogar gewonnen. Damals, in den "wilden" Endsiebzigern war man offenbar irritiert von der langsamen und detailversessenen Inszenierung Polanskis, von der "altmodischen" Geschichte, die erzählt wird – da konnte selbst der Besetzungscoup der blutjungen Nastassja Kinski nichts retten.

Kinski spielt Tess, den jungen Spross einer alten und ehemals angesehenen, inzwischen aber völlig verarmten Familie im England des 19. Jahrhunderts. Verführt und vergewaltigt von einem dekadenten jungen Adeligen, verstoßen von einer bigotten Kirchenfamilie, treibt sie geradezu unumkehrbar auf einen Abgrund zu. Das ist ergreifend anzusehen, von Nastassja Kinski großartig gespielt. Und die Bilder (die Polanski nicht in England fand, sondern im Norden Frankreichs, in der Normandie und der Bretagne) sind atemberaubend. Hollywood erkannte das damals und verlieh dem während der Dreharbeiten verstorbenen Kameramann Geoffrey G. Unsworth (und Ghislain Cloquet, der dann einsprang) postum einen Oscar. Was die beiden auf die Leinwand gezaubert haben, betört noch heute. Die Landschaft wird in "Tess" mit zu einem Hauptakteur. Das Licht, die Luft, Wolken und Wind, die historischen Bauten, all das wird geradezu sinnlich spürbar.

"Tess" war damals mit Produktionskosten von 12 Millionen Dollar der bis dahin teuerste europäische Film, der jenseits der großen Hollywood-Studios entstand. Dabei hatte Polanski eigentlich etwas ganz schlichtes geplant: "Heute muss man sehr einfache Filme machen, Filme, die sich auf primäre Gefühle, auf die Emotionen stützen; man muss die Dinge in ihrer Unmittelbarkeit sehen. Ich glaube, dass die Welt so surreal geworden ist, so absurd, dass man zu bestimmten Wurzeln zurückkehren muss. Deshalb glaube ich, dass die Literatur vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts heute wichtiger ist als Spielereien ohne jede Tiefe." Weise Worte des Regisseurs! Das Geld war damals gut angelegt. Bis heute ist "Tess" einer der schönsten Filme von Roman Polanski.

Roman Polanski: Tess, GB/F 1979, 164 Minuten (die ursprüngliche Länge betrug 190 Minuten), mit Nastassja Kinski, Peter Firth, Leigh Lawson u.a., DVD Anbieter: Concorde Home

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