Neue AfD-Jugend: Rechtsextreme Kaderschmiede?
28. November 2025
Jean-Pascal Hohm ist jung und adrett: akkurat ausrasierter Nacken, Seitenscheitel, ordentliche Kleidung und verbindliches Auftreten. Der 28-Jährige trägt meist sportlichen Chic - als Landtagsabgeordneter der AfD in Brandenburg tritt er aber auch gerne mal in Anzug und Krawatte ans Rednerpult. Kurz gesagt: Jean-Pascal Hohm bevorzugt den seriösen Stil.
Hohm ist in Deutschland ein weitgehend unbekannter Politiker. Aber das könnte sich schnell ändern. Er soll für seine Partei, die Alternative für Deutschland, in Zukunft eine wichtige Rolle übernehmen: Er soll die neue Jugendorganisation der Partei führen, die sich am 29. und 30. November im hessischen Gießen gründen will.
Im Vorfeld verspricht er, den Jugendverband eng an die Partei anzubinden: "Wir wollen Kaderschmiede sein für die Partei", kündigt Hohm im Interview mit dem rechten Medium Junge Freiheit TV an. Ein Parteisoldat also, kein Revoluzzer. "Wir wollen die Amtsträger, die Mandatsträger und hoffentlich auch die zukünftigen Mitglieder der Regierung herausbilden." Die AfD strebt nach der Macht - und die Jugend soll das Fundament legen.
Traum von der AfD-Alleinregierung
Im Jahr 2026 stehen wichtige Regionalwahlen an in Deutschland. Und die AfD befindet sich seit Monaten im Umfragehoch. Im Osten Deutschlands ist sie zur stärksten Partei aufgestiegen. Im Bundesland Sachsen-Anhalt kann sie sich sogar Hoffnungen machen, nach den Landtagswahlen mitzuregieren. Dort ist die Partei ist mittlerweile so stark, dass sogar eine Alleinregierung nicht ausgeschlossen scheint.
Auf dem Weg an die Macht hatte die Partei ihre alte Jugendorganisation "Junge Alternative" Anfang 2025 verstoßen: zu extrem, zu laut, zu aktivistisch, zu viele Skandale. Sie wurde der Parteiführung deswegen ein Dorn im Auge. Und weil in der "Jungen Alternative" auch Mitglied werden konnte, wer gar nicht in der AfD war, hatte die Partei keine Möglichkeiten, unliebsames Verhalten zu sanktionieren.
Der AfD drohte deswegen erhebliches Ungemach: denn die "Junge Alternative" stand wegen ihrer rechtsextremen und rassistischen Kampagnen nach Ansicht vieler Beobachter kurz vor dem Verbot. Sie pflegte offen Kontakte zu verfassungsfeindlichen Organisationen wie der Identitären Bewegung oder sogar zu mutmaßlich rechtsterroristischen Gruppierungen wie den sogenannten "Sächsischen Separatisten". Die deutschen Sicherheitsbehörden stuften sie auch deswegen als "gesichert rechtsextrem" ein. Und weil sie formal ein Verein war und nicht zu einer Partei gehörte, wäre ein Verbot nach deutschem Recht deutlich einfacher gewesen.
AfD: Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen
Ein Verbot hätte auch für die AfD selbst großen Schaden bedeuten können. Denn die deutschen Sicherheitsbehörden und Gerichte sehen zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass die Partei gegen zentrale Prinzipien der deutschen Verfassung agiere. Vor allem, weil aus den Reihen der AfD immer wieder die Gleichbehandlung der Menschen in Deutschland in Frage gestellt wird: Die Partei fährt immer wieder Kampagnen gegen Muslime und Einwanderer. Um den Streit juristisch zu klären, fordern Kritiker seit Jahren ein Verbotsverfahren gegen die AfD. Hätte es im Vorfeld ein Verbot der parteinahen Jugendorganisation gegeben, wäre das Wasser auf ihre Mühlen gewesen.
Die AfD wehrt sich seit Jahren gegen die Vorwürfe und weist sie brüsk zurück. "Die AfD versucht sehr stark, gegen diese Kategorisierung als rechtsextrem vorzugehen und das ins Lächerliche zu ziehen", analysiert die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze von der Universität Trier im DW-Interview. "Aber sie fürchtet gleichzeitig auch die Konsequenzen."
Die Neu-Organisation der Parteijugend erscheint also vor allem als strategischer Akt: unter dem Schirm der Mutterpartei könne sie professioneller und finanziell besser ausgestattet arbeiten. "Dadurch wird sie noch mehr Leute haben, um zum Beispiel der AfD im kommenden Jahr beim Wahlkampf zu helfen. Sie wird noch professioneller Social-Media-Kampagnen fahren können."
Bleibt die neue Jugendorganisation rechtsextrem?
Die spannende Frage wird sein: wieviel Rechtsextremismus hat nach der Neugründung Platz in der Jugendorganisation?
"Ich denke nicht, dass die neue Jugendorganisation überhaupt keine Kontakte mehr zur Identitären Bewegung oder zum rechtsextremen Vorfeld haben wird", analysiert die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze. "Dagegen spricht einiges."
Zum Beispiel auch die Personalie Jean-Pascal Hohm. Der pflegte in der Vergangenheit enge Verbindungen zu rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Vereinen. In einem machte er sogar ein Praktikum. Und im Oktober 2018 traf er sich in Italien mit Neofaschisten. Sein Brandenburger Landesverband gilt als einer der radikalsten AfD-Verbände überhaupt. Einzelne Mitglieder stellen offen die deutsche Staatsbürgerschaft von Migranten in Frage - und stellen sich damit gegen das Grundgesetz.
Hohms Umgang mit solchen Vorwürfen lassen viel Interpretationsspielraum. Im Interview mit der rechten Jungen Freiheit sagt er: "Ich bin fest davon überzeugt, dass die Programmatik, die die AfD nach außen trägt, dass auch die Programmatik, die auch unsere Jugendorganisation nach außen tragen wird, fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht." Steht die AfD also auf dem Boden des Grundgesetzes - oder steht lediglich die Botschaft, die sie nach außen trägt, auf dem Boden des Grundgesetzes?
Einen Wunsch-Namen für die neue Jugendorganisation haben Jean-Pascal Hohm und seine Gefährten bereits: "Generation Deutschland" solle sie heißen. Über den Namen wird am Wochenende der Gründungsparteitag entscheiden. Und ein Kernthema haben die Nachwuchspolitiker der AfD auch: Massenabschiebungen aus Deutschland - um keine Wählerinnen und Wähler zu verschrecken sprechen AfD-Politiker meist von "Remigration".