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Neue Afrikapolitik unter Hollande?

Katrin Matthaei7. Dezember 2013

Frankreichs Präsident Hollande hatte eine neue Afrika-Politik versprochen. Bislang schickt er aber vor allem Soldaten in afrikanische Krisengebiete. Kritiker fragen sich, wie ernst Hollandes Ankündigung ist.

Hollande und Keita in Paris (Foto: REUTERS/Philippe Wojazer)
Bild: Reuters

Frankreich weiß nicht, auf welchem Bein es in Afrika tanzen soll: Die ehemalige Kolonialmacht tut sich schwer damit, einen neuen Umgang mit dem Kontinent zu finden. Entweder setzt sich die Regierung in Paris dem Vorwurf der Einmischung aus oder dem des Desinteresses. Frankreich selbst kämpft um die Wahrung seiner Wirtschaftsinteressen in Afrika.

Ein Gipfel in Paris sollte es richten

Mit einem zweitägigen Afrika-Gipfel (06./07.12.2013) wollte man nun einen Schritt weiter kommen. Ab Freitag hatte Präsident François Hollande eingeladen: Vertreter aus mehr als vierzig Staaten reisten nach Paris, darunter viele Staats- und Regierungschefs. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und seine Amtskollegin von der Afrikanischen Union, AU-Chefin Nkosazana Dlamini-Zuma, nahmen ebenfalls teil.

Das Treffen stand unter dem Thema "Sicherheit und Frieden in Afrika". Dabei geht es um die langfristige Stärkung der Eigenverantwortung afrikanischer Länder. Wie das genau aussehen soll, ist aber unklar.

Krieg und Frieden in Paris

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"Frankreich führt derzeit keine Politik, die in die Zukunft gerichtet ist", sagt Jean-Emanuel Pondi, Direktor des Instituts für Internationale Beziehungen in Kamerun (IRIC). "Man hat eher das Gefühl, dass man auf die Ereignisse reagiert, anstatt die Probleme vorher anzugehen."

Kampf um Wirtschaftsinteressen

Dass es im Vorfeld des Afrika-Gipfels auch ums Geschäft ging und eine Messe mit rund 600 französischen und afrikanischen Unternehmen stattfand, bewertet der ehemalige französische Botschafter in Afrika, Pierre Jacquemot, als "völlig normal". Aber Frankreichs Angst, wirtschaftlich den Anschluss in Afrika zu verlieren, liegt auf der Hand: Französische Unternehmen erleiden seit geraumer Zeit empfindliche Einbußen auf den boomenden afrikanischen Märkten. Immer häufiger verlieren sie Großaufträge an die starke Konkurrenz aus China. Dass dies für viele ein Grund zur Aufregung ist, ärgert Jean-Emanuel Pondi, Direktor des Instituts für Internationale Beziehungen in Kamerun (IRIC): "Afrika ist doch kein Wildgehege, das man für sich beanspruchen kann. Die Amerikaner und die Europäer sind unsere Freunde, genauso wie die Chinesen unsere Freunde sind."

Chinesische Firmen in Afrika - Frankreich hat das NachsehenBild: Getty Images

Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik

Das Thema des Gipfels "Sicherheit und Frieden in Afrika" könnte aktueller nicht sein: In der Zentralafrikanischen Republik eskaliert die Gewalt, und Frankreich will bis zu 1000 Soldaten entsenden, um gemeinsam mit afrikanischen Truppen das Land vor weiterem blutigen Chaos zu bewahren.

Doch mit einem weiteren Militäreinsatz macht sich Frankreich nicht nur Freunde in Afrika: "Krisen wie in Zentralafrika sind das Resultat einer sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit", so Politologe Pondi. "Ein militärischer Einsatz erscheint sicher von Nutzen, aber nur in der akuten Situation. Das wird nicht den Grund der Krise lösen, nämlich den Frust derjenigen, die immer ärmer werden und nichts vom Reichtum unseres Kontinents abbekommen."

Christliche Milizen in der Zentralfrikanischen RepublikBild: picture-alliance/AP

Der Einsatz in Zentralafrika ist bereits die zweite Militärintervention in einem afrikanischen Land unter Hollandes Präsidentschaft. Im Januar hatte Frankreich im westafrikanischen Mali interveniert, um gemeinsam mit Truppen der afrikanischen Union islamistische Gruppierungen aus dem Norden des Landes zu vertreiben. Das sind zwei große Militäreinsätze innerhalb eines Jahres - und Kritiker in Afrika fragen sich, wie ernst es Frankreich mit einer neuen Afrika-Politik überhaupt ist.

Neuauflage des "Francafrique"?

Hollande hatte im Wahlkampf 2012 eine neue Afrika-Politik angekündigt und das als "Francafrique" bezeichnete Interessengeflecht zwischen Frankreich und seinen früheren Kolonien kritisiert. Geheime Paralleldiplomatie und auf wirtschaftlichen Vorteil ausgerichtete politische Absprachen sollten mit ihm ein Ende haben. In der Vergangenheit hatte Frankreich immer wieder militärische Interventionen in ehemaligen afrikanischen Kolonien dazu genutzt, um eigene geopolitische und wirtschaftliche Interessen auf dem Kontinent zu durchzusetzen.

Präsidenten-Sohn Jean-Christophe Mitterrand (r.): verwickelt in illegale Waffengeschäfte mit AngolaBild: picture alliance/AP Photo

Professor Luc-Marius Ibriga befürwortet die Interventionen Frankreichs sowohl in der Zentralafrikanischen Republik als auch in Mali aus humanitären Gründen. Der Experte für Öffentliches Recht an der Universität von Ouagadougou im westafrikanischen Burkina Faso befürchtet dennoch eine neue Form des französischen Paternalismus. "Es geht hier um das gleiche Francafrique, aber in einem anderen Gewand", kritisiert er. "Aber vielleicht sind die Einsätze in diesem neuen Gewand für viele Afrikaner akzeptabler als das Francafrique-Konzept unter François Mitterrand, Charles de Gaulle oder Georges Pompidou."

Ibriga vermutet, dass es dem jetzigen französischen Präsidenten bei den Interventionen nicht zuletzt um ein Ablenkungsmanöver von Problemen im eigenen Land geht: Frankreich kämpft mit einer handfesten Wirtschaftskrise und steigenden Arbeitslosenzahlen. "Mit dem Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik kann sich Frankreich wieder als Retter Afrikas zeigen", sagt Ibriga.

Frankreich sichert sich internationale Unterstützung

Aber selbst er räumt ein, dass die französischen Einsätze seit der Intervention in der Elfenbeinküste 2002 ausnahmslos mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrates ausgestattet waren. Außerdem finden sie in enger Absprache mit der Afrikanischen Union statt und sind eingebunden in Einsätze regionaler Organisationen - im Falle Malis etwa mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS).

Daher hält François Heisbourg den Vorwurf eines neuen französischen Paternalismus für nicht nachvollziehbar: Man sehe vielmehr eine positive Entwicklung, sagt der Präsident des Internationalen Instituts für Strategische Studien in Paris. "Es ist eine Politik der Kooperation: Die Franzosen intervenieren nicht mehr gegen den Willen der Afrikaner und ohne eine Kooperation auf Augenhöhe." Das sei der entscheidende Unterschied zu der "neokolonialen" Praxis der 60er oder 70er Jahre. Heisbourg kritisiert allerdings die Europäische Union: Die Verantwortung für Afrika sei auch die Aufgabe anderer EU-Mitgliedstaaten. Die ließen Frankreich derzeit "die finanzielle und humanitäre Bürde" alleine tragen.

Frankreichs Interventionen: eingebunden in afrikanische EinsätzeBild: picture alliance / dpa
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