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Reise

Neue Ausstellung im Thomas-Mann-Haus in Nida zu Katia Mann

10. September 2018

Im Thomas-Mann-Haus im litauischen Nida widmet sich eine neue Ausstellung der Rolle der Frau an der Seite des berühmten Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers.

Deutschland Literatur Geschichte Thomas Mann Sommerhaus in Nida
Bild: picture-alliance/akg

Unter dem Titel "Frau Thomas Mann" werden als Teil der Dauerausstellung im einstigen Sommerhaus des Literaturnobelpreisträgers auf sechs Schautafeln das Leben und der Werdegang von Katia Mann dargestellt. "Wir möchten zeigen, welche starke Frau Katia Mann war und wie wichtig sie für Thomas Mann war", sagt Jurate Ruzveltiene vom Thomas-Mann Kulturzentrum.Katia Mann (1883-1980) habe sich um die sechs Kinder und den Haushalt des Paares gekümmert, sei Vertraute und Ratgeberin für ihren Ehemann gewesen und habe dessen Manuskripte abgetippt. Auch seien ihre Erzählungen und Schilderungen von Erlebnissen Anregungen für Thomas Mann gewesen, sagt Ruzveltiene. 

Katharina "Katia" Hedwig Mann-Pringsheim (1883-1980)Bild: Public Domain

Drei Sommer verbrachten der Schriftsteller und seine Familie von 1930 bis 1932 in ihrem Ferienheim an der Ostsee. Heute beherbergt Manns einstiges Sommerdomizil ein Kulturzentrum und ein Museum. Für Thomas Mann war es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Nur wenige Tage im Sommer 1929 genügten dem berühmten Autor, um sein Herz an die Landschaft der Kurischen Nehrung zu verlieren. Überwältigt von der Eigenart und Schönheit der Natur ließ sich der Schriftsteller (1875-1955) im litauischen Fischerdorf Nida ein Sommerhaus errichten. Doch Mann und seine Familie sollten nur drei Sommer in ihrem Ferienheim an der Ostsee verbringen können. Die Machtübernahme der Nazis zwang ihn ins Exil.

"Den Traum vom eigenen Sommerhaus hatte Thomas Mann bereits auf früheren Reisen gehabt. Doch erst hier sollte er ihn sich erfüllen", sagte Lina Motuziene. Die Litauerin ist Leiterin des Thomas-Mann-Kulturzentrums, das zusammen mit einem Museum seit Mitte der 1990er Jahren in dem rotbraunen Holzhaus mit Reetdach und im "Niddener Blau" gehaltenen Fensterläden und Giebelkanten untergebracht ist.

Katia Mann mit ihren sechs Kindern (1925)Bild: picture-alliance/IMAGNO

Idylle zwischen Haff und Ostsee

Entdeckt hatten Thomas und Katia Mann den idyllischen Landstrich eher zufällig am Rande einer Reise nach Königsberg (heute: Kaliningrad) im damaligen Ostpreußen. Einer Empfehlung folgend fuhren sie für die letzten Ferientage in das einstige Nidden (heute: Nida), das bis Ende des Ersten Weltkrieges zum deutschen Memelland gehörte und sich zu einer Künstlerkolonie entwickelt hatte.

Blick über die Kurische NehrungBild: picture-alliance/dpa/A. Welscher

Der kurze Aufenthalt hinterließ einen tiefen Eindruck. "Die phantastische Welt der Wanderdünen, die von Elchen bewohnten Kiefern-und Birkenwälder zwischen Haff und Ostsee, die wilde Großartigkeit des Strandes haben uns so ergriffen, dass wir beschlossen, an so entlegener Stelle einen festen Wohnsitz zu schaffen", beschrieb Thomas Mann die Beweggründe für den Bau des Niddener Sommerhauses. 

Ein Jahr später war das von einem lokalen Architekten im Stil einer Fischerkate errichte Anwesen fertig. Am 16. Juli 1930 konnte die Familie Mann in ihren schlichten, aber nach örtlichen Maßstäben komfortablen Sommersitz einziehen. Finanziert wurde der Bau mit dem Preisgeld für den Literatur-Nobelpreis, den Mann Ende 1929 für seinen ersten Roman "Buddenbrooks" erhalten hatte.

Erst die Arbeit und dann der Strand 

Nidden erlebte durch den Aufenthalt der Schriftstellerfamilie einen Aufschwung im Tourismus. Heute ist es erneut Anziehungspunkt für Touristen besonders aus Deutschland, die in den Sommermonaten das Thomas-Mann-Haus besuchen.

Nach Zerstörungen im Krieg und Umbauten in der Sowjetzeit erstrahlt das Haus nach einer Renovierung vor gut 20 Jahren heute wieder scheinbar unversehrt im alten Glanz. Allerdings fehlt das Mobiliar - es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg geplündert. Dafür vermitteln die Fotos, Zeitungsausschnitte und Schautafeln der Dauerausstellung eine Vorstellung vom Leben und Wirken der Manns in Nidden.

Thomas Manns "Italienblick" auf die OstseeBild: picture-alliance/dpa/A. Welscher

In der unteren Etage liegt das Wohnzimmer mit Kamin und der Veranda, von der sich ein traumhafter Blick auf das Kurische Haff auftut. Wie auch vom Arbeitszimmer des Hausherrn in der darüber liegenden Mansarde - Thomas Mann sprach von seinem "Italienblick". So leicht auszumachen ist dieser heute jedoch nicht mehr - die hochgewachsenen Kiefern am Hang der Dünen verstellen inzwischen etwas die Sicht. 

In seinem kleinen, von den jährlich rund 50.000 Besuchern des Hauses oft ehrfürchtig betretenen Arbeitszimmer widmete sich Mann auch in den Ferien der Arbeit. "Er hatte immer einen sehr strengen, disziplinierten Tagesablauf", erzählt Motuziene. Darauf habe die Familie Rücksicht zu nehmen gehabt.

Vom Alltag der Manns im Urlaub zeugen auch im Sommerhaus ausgestellte Bilder von der Familie am Strand oder beim Tee auf der Terrasse. Während der große Literat in seine Arbeit vertieft war und die Öffentlichkeit mied, genossen seine mitreisenden Kinder ihre Zeit an der Ostsee. Nidden sollte jedoch nur kurze Zeit ein unbeschwertes Sommerparadies für die Manns bleiben. Die damalige politische Entwicklung in Deutschland warf ihre dunklen Schatten auch auf das malerische Fischerdorf.

Thomas Mann-Dauerausstellung in seinem ehemaligen SommerhausBild: picture-alliance/dpa/A. Welscher

Abschied und Exil

Nach einer Polemik im "Berliner Tageblatt", in der er Angriffe auf NSDAP-Gegner in Königsberg verurteilte und vor der wachsenden Gefahr der "Volkskrankheit" Nationalsozialismus warnte, fand Thomas Mann im August 1932 ein Paket vor seinem Sommerhaus. Darin befand sich ein verkohltes Exemplar der "Buddenbrooks".

Ohne zu wissen, dass er "das schöne Fleckchen Erde" nicht wiedersehen würde, verließ der Schriftsteller im September 1932 sein geliebtes Nidden. Der Abschied sollte ein endgültiger sein.

Nach der Machtergreifung Hitlers wanderte die Familie 1933 aus Deutschland aus und emigrierte nach der Ausbürgerung in die USA. Thomas Mann sollte nie mehr nach Nidden/Nida zurückkehren, das für ihn aus Sicht seines Lieblingsenkels Frido zu einem "Refugium, vielleicht sogar einer Art Vor-Exil" geworden war.

Alexander Welscher (dpa)

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