Neue EU-Sanktionen gegen Russland: Schattentanker im Visier
20. Mai 2025
Der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas zufolge hat die EU mit ihrem am Dienstag beschlossenen 17. Sanktionspaket die Strafmaßnahmen gegen russische Tanker so noch einmal deutlich verschärft. Im Vergleich zu früheren Sanktionspaketen seien noch einmal rund 200 Schiffe hinzugekommen. Es handele sich um "das weltweit größte Paket von Sanktionen gegen die russische Schattenflotte und gegen ihre Versuche, internationale Regeln zu umgehen und ihren Krieg weiter zu finanzieren", bekräftigte der britische Außenminister David Lammy, dessen Land sich dem EU-Sanktionspaket anschloss.
Doch ob das jüngste Sanktionspaket der EU und Großbritanniens tatsächlich auch nachhaltig wirkt, ist für viele Fachleute offen.
Denn: Auch sanktionierte Öltanker laufen Häfen in China an, um russisches Rohöl zu löschen. Indische Raffinerien lassen das russische Öl auf hoher See auf nicht sanktionierte Tanker umpumpen. Kurioser noch: Russland verkaufte bislang trotz Sanktionen Rohöl an indische Raffinerien, die ihre Produkte auch in die EU schickten.
Im Ergebnis flossen die russischen Öl-Einnahmen in den vergangenen Jahren weiter, um die russische Kriegswirtschaft zu finanzieren. Sanktionierte Schiffe dürfen in der Regel keine EU-Werften zur Wartung ansteuern, westlichen Versicherern ist das Geschäft mit den Tankern untersagt.
Um Sanktionen gegen die eigene Flotte zu umgehen, hatte Russland seit Beginn der vollumfänglichen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 Schiffe unter fremder Flagge aufgekauft - unter anderem auch aus dem EU-Land Griechenland.
Folgt der US-Senat den EU-Sanktionen?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender TF1 die Hoffnung, dass die USA den jüngsten EU-Sanktionen folgten.
Denn für das jüngste europäische Sanktionspaket verhandelte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Washington mit Senatorinnen und Senatoren von Donald Trumps regierenden Republikanern und der Demokraten. Die Hoffnung der Europäer liegt auf 70 von ihnen, die unter Führung des republikanischen Senators Lindsey Graham die neue Sanktionsrunde gegen die russische Schattenflotte mittragen wollen. Graham gilt als langjähriger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine.
Erneut Firmen und Einzelpersonen auf Sanktionsliste
Teil des neuerlichen Sanktionspaketes sind wieder einzelne Firmen, die von den Fachleuten des Auswärtigen Dienstes der EU penibel mit Kontaktdaten bis hin zu E-Mail-Adressen gelistet werden. Dabei wirkt die Sanktionspolitik der EU schon lange wie ein Katz- und Maus-Spiel. Oft verschwinden sanktionierte Unternehmen, um dann unter anderem Namen wieder aufzutauchen.
Insgesamt hatte der Auswärtige Dienst der EU deshalb erneut 31 Firmen und Einzelpersonen für das 17. Sanktionspaket vorgeschlagen. Sie würden den militärisch-industriellen Komplex Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen, schreiben die EU-Fachleute. Gut die Hälfte der Firmen sitzt in Russland selbst. Darunter sind aber auch ein Ersatzteillieferant für die Luftfahrt-Industrie aus Serbien und sechs türkische Firmen sowie drei aus Vietnam, zwei aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und eine aus Usbekistan.
Die Wirksamkeit der Firmen-Sanktionen ist strittig. Immer wieder entdecken Rechercheure der ukrainischen Streitkräfte selbst High-Tech-Güter aus dem Westen zum Beispiel in abgeschossenen russischen Drohnen. Die Technik gelangt trotz Sanktionen über Drittstaaten nach Russland.
Frankreich: Nadelstiche gegen Putin
Vielleicht auch deshalb ist vor allem beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seiner Regierung seit Wochen eine andere Strategie zu beobachten. Gemeinsam mit den sieben größten Industriestaaten der Welt (G7) hat die EU bereits im vergangenen Jahr beschlossen, die Erträge aus eingefrorenem russischem Vermögen für die Ukraine einzusetzen.
Zuletzt stellte der französische Außen- und Europaminister Jean-Noël Barrot einen direkten Zusammenhang zwischen Frankreichs Rüstungshilfe für die Ukraine und dem eingefrorenen russischen Vermögen her.
"Dank der Mobilisierung der Einnahmen aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten", so Barrot, könne Frankreich über den französisch-deutschen Rüstungskonzern KNDS "die Wartung der CAESAR-Haubitzen sicherstellen, die Frankreich der Ukraine geliefert hat, um sich gegen die Schläge Russlands zu wehren." Nach offiziellen Angaben hat Frankreich bislang 60 dieser Artillerie-Geschütze in die Ukraine geliefert. Insgesamt haben die westlichen Partner der Ukraine die Lieferung von 154 CAESAR-Haubitzen zugesagt.