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Politik

Neue Frist für Atomgespräche

18. Juli 2014

Eigentlich hatten sich der Iran und die Staatengemeinschaft eine Frist bis zum 20. Juli gesetzt, um einen Atomkompromiss auszuhandeln. Doch der Termin ist nicht mehr zu halten - die Frist wurde daher verlängert.

Atomgespräche in Wien Juli 2014
Bild: picture alliance/HANS PUNZ/APA/picturedesk.com

Es war schon tagelang vermutet worden, am Donnerstagabend (17.07.2014) kam die Bestätigung: Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif teilte mit, dass eine umfassende Einigung in den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm in Wien bis zum 20.Juli ausgeschlossen sei. Es gebe noch viele Differenzen in wichtigen Fragen, hieß es zur Begründung. Am Sonntag läuft eigentlich die sechsmonatige Verhandlungsfrist aus, die sich die Internationale Staatengemeinschaft und der Iran in einem Interimsabkommen selbst gesetzt hatten. Wie erwartet haben die beteiligten Staaten die Frist am Freitagabend (18.07.2014) jedoch verlängert - nach Angaben von Diplomaten auf den 24. November.

Auf iranischer Seite führt Mohammed Sarif (rechts) die Gespräche in den AtomverhandlungenBild: Reuters

Dabei hatte Sarif eigentlich Geschichte schreiben wollen - mit einem positiven Abschluss. Kurz vor seiner Abreise nach Wien hatte er in einer Video-Botschaft aus Teheran mitgeteilt, Iran strebe ein endgültiges Abkommen mit der Gruppe der 5+1 (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien + Deutschland) an. Doch knapp zwei Wochen vor Ablauf der Frist meldete sich Irans Oberster Rechtsgelehrter, Ayatollah Ali Chamenei, zu Wort. Er bezeichnete die Fortsetzung des Atomprogramms als "nationale Notwendigkeit" und äußerte sich zu einem zentralen Streitpunkt der Verhandlungen: der Kapazität zur Urananreicherung, die dem Iran zugestanden werden soll.

Chamenei teilte mit, der Iran benötige für seine Nuklearpläne mehr als 190.000 sogenannte SWU (Separative Work Units) zur Urananreicherung. Er verwendete damit einen Fachausdruck für die Kapazität der Urananreicherung, der nichts mit der Zahl der Zentrifugen zu tun hat, sondern nur mit deren Leistungsfähigkeit. Viele Beobachter gingen allerdings davon aus, dass Chameneis Zahl der Zahl der geforderten Zentrifugen entspräche. Reza Taghizadeh, iranisch-stämmiger Professor für Internationale Beziehungen an der Universität von Glasgow, klärt jedoch auf: "Für 190.000 SWU benötigt man je nach Leistungskraft zwischen 10.000 und 50.000 Zentrifugen."

Trotz dieser Relativierung hält Taghizadeh die Einmischung Chameneis für einen Fehler: "Wenn man bei laufenden Verhandlungen eine solche klare Forderung stellt, wird es schwierig, sich auf 4.000 bis 5.000 Zentrifugen zu einigen", sagt Reza Taghizadeh im Interview mit der Deutschen Welle. "Für Sarif wird es unter diesen Umständen nicht gerade leichter, ein tragfähiges Ergebnis zu erzielen."

Druck der "besorgten" Ultrakonservativen aus Teheran

Irans Oberster Rechtsgelehrter Ayatollah Ali ChameneiBild: khamenei.ir

Chameneis Aussage ist eine Ermutigung für die Ultrakonservativen in Teheran, Sarif und die Regierung Rohani weiter unter Druck zu setzen. Eine Gruppe von ultrakonservativen Geistlichen und Politikern hat sich unter dem Namen "Delvapassim" ("Wir sind besorgt") zusammengeschlossen und beobachtet misstrauisch jeden Schritt von Sarif in Wien. Als Sprachrohr der "besorgten" Delvapassim gilt die ultrakonservative Tageszeitung "Keyhan". Deren Chefredakteur Hossein Shariatmadari erklärte am 14. Juli in einem Artikel die Verhandlungen zwischen dem Iran und der internationalen Sechsergruppe für "weitgehend gescheitert". Denn die Aussage des Obersten Rechtsgelehrten lasse den Amerikanern nur zwei Wege, schrieb Shariatmadari: Entweder sie müssten die Verhandlungen abbrechen oder aber dem Iran entgegenkommen.

Shariatmadari interpretierte die Abwesenheit des russischen und chinesischen Außenministers bei den Verhandlungen in Wien als Unterstützung Irans. Doch die Erklärung ist einfacher: Sergej Lawrow und sein Amtskollege Wang Yi hielten sich zur Vorbereitung und Durchführung des BRICS-Gipfels im brasilianischen Fortaleza auf und wurden in Wien lediglich durch untergeordnete Beamte vertreten. "Russland hat sich im Zuge der Ukraine-Krise in den Atomverhandlungen mit dem Iran eher zurückgehalten. Auch China agiert abwartend. Nun müssen sich vor allem die Amerikaner mit dem Iran einigen", so Taghizadeh.

Unbeeindruckt von den Konservativen schlug Irans Außenminister Sarif am 15. Juli in Wien vor, die Verhandlungen zu verlängern. Es gebe genügend Fortschritte, um eine Fristverlängerung zu rechtfertigen, argumentierte Sarif. Im Widerspruch zum Obersten Führer erklärte Sarif, der Iran sähe momentan keinen Bedarf an zusätzlichen Möglichkeiten zur Urananreicherung. Schon tags zuvor hatte Sarif in einem Interview mit der New York Times Flexibilität signalisiert: Der Iran sei bereit, seine Urananreicherung auf dem derzeitigen Stand einzufrieren oder sogar leicht zu reduzieren. Dafür sollten dann die Sanktionen weiter gelockert oder aufgehoben werden.

Schwere Last der Sanktionen

IAEA-Inspekteure bei einer Kontrolle der Atomanlage NatanzBild: Imago

"Sarif hat überraschend öffentlich gemacht, was auf dem Verhandlungstisch liegt, um Irans Flexibilität deutlich zu machen. Damit ist es für die Amerikaner praktisch unmöglich, die Verhandlungen als gescheitert zu bezeichnen," erläutert der in Berlin lebende politische Analyst Mehran Barati. Er hält eine Einigung im Atomstreit für durchaus möglich.

Skeptischer ist da der iranische Atomphysiker und ehemalige IAEA-Berater Behrooz Bayat: "Für das Regime in Teheran ist das Atomprogramm zur Prestigefrage geworden. Sie wollen nicht wieder hinter das, was sie erreicht haben, zurückgehen", so Bayat gegenüber der Deutschen Welle. Allerdings habe der Iran für dieses Programm ökonomisch und politisch einen viel zu hohen Preis zahlen müssen, so Bayat. Das Öl-Embargo, die Sanktionen gegen den iranischen Finanzsektor und die umfangreichen Wirtschaftssanktionen haben die iranische Wirtschaft schwer beschädigt. Die Arbeitslosigkeit ist unter jungen Menschen extrem hoch. Die Inflation in den vergangenen zwölf Monaten ist nach Angaben der iranischen Zentralbank auf über 26 Prozent gestiegen. "Ein endgültiges Scheitern kann sich der Iran eigentlich nicht leisten", ist Bayat überzeugt.

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