Neue Gewalt in Hongkong
19. November 2014Mit Pfefferspray und Schlagstöcken ging die Polizei in Hongkong gegen Demonstranten vor, die versuchten, das Parlamentsgebäude zu besetzen. Augenzeugen berichten, dass mehrere prodemokratische Aktivisten versucht hätten, sich über den Seiteneingang Zugang zum Legislativrat zu verschaffen. Sechs Menschen seien festgenommen worden. Mehrere Polizisten wurden bei der Aktion verletzt.
Die ersten Demonstranten unternahmen in der Nacht einen Anlauf, ins Parlament einzudringen. In den darauffolgenden Stunden strömten immer mehr vermummte Protestierende zu dem Gebäude. Wiederholt sei es zu kleineren Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gekommen, sagten Augenzeugen. "Brecht es auf und stürmt es", rief ein Mann, der auf Fernsehbildern zu sehen war. Die Gruppe wurde aber von der Polizei zurückgehalten.
"Keine unnötigen Provokationen"
Nicht nur die Hongkonger Regierung, auch prodemokratische Demonstranten verurteilten die Attacke auf das Parlament. Das Vorgehen habe nichts mit friedlichem, zivilem Ungehorsam gemein, den die Regenschirm-Bewegung mit ihrer Straßenbesetzung anstrebe, hieß es in einer Mitteilung. "Mit Gewalt wurde öffentliches Eigentum zerstört", kritisierten die Demonstranten.
Es war zunächst nicht klar, ob die Akteure, die den Parlamentsangriff starteten, zur Gruppe jener Demonstranten gehörten, die seit Wochen für mehr Demokratie in Hongkong eintreten. Protestführer hatten ihre Anhänger immer wieder dazu aufgerufen, die Polizei nicht unnötig zu provozieren und die Bevölkerung nicht mit neuen Straßenbesetzungen zu belästigen.
Erst am Dienstag hatten Polizisten und Arbeiter damit begonnen, Straßensperren am wichtigsten Protestlager auf der Insel Hongkong zu räumen. Ein Gericht hatte den Abbau angeordnet. Zuletzt hatten noch mehrere hundert Aktivisten in dem Lager augeharrt, das im Ortsteil Admiralty nahe dem Regierungssitz liegt.
Vorsortierte Kandidaten
Seit Ende September blockieren Demonstranten drei Hauptverkehrsadern der Millionenmetropole. Gegen ihren Willen sollen die Zeltlager nun schrittweise abgebaut werden. Die Proteste hatten sich an den Plänen Pekings entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, die Kandidaten aber vorzusortieren. Seit Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China wird Hongong als eigenes Territorium in Teilautonomie regiert.
Die versuchte Besetzung des Parlamentsgebäudes erinnert an die Studentenbewegung in Taiwan. Dort hatten Demonstranten im März drei Wochen lang das Parlament in Taipeh besetzt. Mehr als eine halbe Million Menschen war gegen eine Öffnung Taiwans für Chinas Unternehmen und gegen die Ratifizierung eines Handelspakts für den Dienstleistungssektor auf die Straße gegangen.
jj/se (dpa, afp)