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Neue Hürden: Brexit erschwert das Reisen

31. März 2025

Die Folgen des britischen EU-Austritts für den Tourismus sind bis heute nicht zu übersehen. Jetzt kommen auf Reisende noch weitere Schwierigkeiten zu.

Parlamentsgebäude - Houses of Parliament in London, Großbritannien
Ab April gilt eine Registrierungspflicht für Großbritannien-Reisende, die kein Visum habenBild: Tayfun Salci/ZUMA Press Wire/picture alliance

Seinen britischen Pass wollte John Francis nicht mehr haben, nachdem der Brexit am 1. Februar 2020 endgültig vollzogen war. Stattdessen beantragte er die deutsche Staatsbürgerschaft – und konnte so auch weiterhin als EU-Bürger auf Reisen gehen. John Francis vermittelt mit seinem Unternehmen Britain.de von der deutschen Kleinstadt Obertshausen aus Ferienhäuser in England, Schottland und Wales. Der Brexit hatte nicht nur für ihn persönlich Folgen. "Zeitweilig gab es große Unsicherheit bei meinen Kunden", sagt er. "Was wird künftig verlangt zur Einreise? Gibt es eine Visumpflicht? Braucht man einen Reisepass?" Das habe sich lange auch auf die Buchungszahlen für Reisen ins Vereinigte Königreich ausgewirkt.

Genau zu beziffern sind die Folgen des Brexit für die Reisebranche allerdings nicht, fiel er doch mit dem Beginn der Corona-Pandemie zusammen, die zu einen weltweiten Zusammenbruch des Tourismus führte. Darauf verweist man auch beim offiziellen britischen Tourismusverband Visit Britain: Wie sich der Brexit zahlenmäßig ausgewirkt hat, könne man nicht genau sagen, teilt eine Sprecherin mit. "Dazu sind die Entwicklungen der vergangenen Jahre zu komplex." Stattdessen verweist Visit Britain auf die zuletzt wieder deutlich gestiegenen Besucherzahlen.

38 Millionen Besucher kamen 2023 nach Großbritannien. Das Foto zeigt Land's End in CornwallBild: Angela to Roxel/imageBROKER/picture alliance

Für EU-Bürger ist die Einreise komplizierter

Die Urlauberstatistik belegt allerdings auch, dass, während Länder wie Italien, Spanien und Frankreich nach dem Ende der Corona-Pandemie 2023 schon wieder neue Touristenrekorde feierten, das Vereinigte Königreich mit 38 Millionen Besuchern noch deutlich hinter der Zahl von 2019 lag (40,9 Millionen). Dazu kommt: Die Zahl der Reisenden aus den USA, aus Kanada und Australien hatte 2023 den Wert von 2019 bereits wieder übertroffen, für Urlauber aus den europäischen Nachbarstaaten dagegen galt das nicht. Kein Wunder: vor allem für deren Bürger bedeutete der britische EU-Austritt neue Hürden.

Ein gutes Beispiel sind Klassenfahrten. Veranstalter, die solche anbieten, leiden bis heute massiv unter den Auswirkungen des Brexit. Der britische Unternehmerverband Tourism Alliance klagte schon vor einiger Zeit, die neuen Reisepass-Regeln hätten die Zahl der Besuche in diesem Marktsegment regelrecht einbrechen lassen. Der jährliche Verlust für die Wirtschaft belaufe sich auf mehrere hundert Millionen Pfund. Seit 2021 müssen auch EU-Bürger bei der Einreise ins Vereinigte Königreich einen Reisepass vorlegen. Der Personalausweis reicht nicht mehr.

In der Tourismusbranche fehlen Arbeitskräfte

Was das im Alltag bedeutet, weiß Christoph Knobloch, Geschäftsführer des auf Gruppen- und Studienreisen spezialisierten deutschen Unternehmens CTS Reisen. Die zusätzlichen Kosten für den Reisepass wirkten vor allem bei jüngeren Schülern abschreckend. Dazu komme, dass Schüler ohne EU-Staatsbürgerschaft anders als bisher nun auch ein Visum benötigen. Die Kosten lägen bei bis zu 300 Euro, wobei ungewiss sei, ob man die Einreisegenehmigung überhaupt bekommt. "Der organisatorische Aufwand ist immens und viele Lehrer möchten hier kein Risiko eingehen", so Knobloch.

Vor allem in Hotels und Restaurants ist der Arbeitskräftemangel spürbarBild: Kirsty Wigglesworth/AP Photo/picture alliance

Am deutlichsten werden die Folgen des EU-Austritts für die britische Tourismusbranche im Bereich des Arbeitskräftemangels. Da EU-Bürger nun ein Arbeitsvisum brauchen, um im Vereinigten Königreich berufstätig zu sein, haben zehntausende Arbeitnehmer das Land verlassen. Angaben der schottischen Regierung zufolge verzeichnete in manchen Gegenden fast jeder zweite touristische Betrieb einen Personalrückgang. Das hat auch Ferienhausvermittler John Francis festgestellt. "Für viele touristische Betriebe ist es schwierig, den gewohnten Betrieb aufrechtzuerhalten", sagt er.

Neues Registrierungssystem ab 2. April

Und es wird noch komplizierter: Ab 2. April wird für EU-Bürger die sogenannte Electronic Travel Authorization (ETA) Pflicht. Das Registrierungssystem gilt für Reisende, die nicht der Visumpflicht unterliegen. Indische Staatsbürger also betrifft das zum Beispiel nicht. US-Amerikaner dagegen können zwischen Visum und ETA wählen. Vorgesehen ist die Anmeldung per App oder Internet, was gerade für weniger technikaffine Reisende zum Problem werden könnte, wie Kritiker meinen. Die Kosten liegen zunächst bei zehn Pfund, eine Anhebung auf 16 Pfund ist aber bereits angekündigt. Harsche Ablehnung kommt vom Internationalen Luftfahrtverband IATA: "Es macht keinen Sinn, Besucher mit hohen Kosten abzuschrecken, noch bevor sie einen Fuß in das Land setzen", heißt es in einer offiziellen Mitteilung.

Sowohl Großbritannien als auch die EU führen neue Registrierungssysteme für Reisende einBild: Pavlo Gonchar/SOPA Images/ZUMA Press Wire/picture alliance

Im Gegenzug kommen auch auf Briten weitere Schwierigkeiten zu, ebenso wie auf Touristen aus vielen anderen Ländern, darunter Indien, China und die USA. Denn die EU führt nicht nur ebenfalls ein Authorisierungssystem für Reisende aus Ländern ohne Visumpflicht ein, das im Jahr 2026 in Kraft treten soll (Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem, ETIAS, Kosten: 7 Euro), sondern auch eine Online-Registrierung (Entry/Exit System, EES), die voraussichtlich ab Herbst 2025 alle Reisenden aus Nicht-EU-Staaten betrifft (mehr Informationen unter travel-europe.europa.eu).

Die Hürden nehmen als Folge des Brexit also weiter zu. Kein Wunder, dass das dem einen oder anderen zu umständlich wird. So auch John Francis. Mittlerweile hat er seinen britischen Reisepass doch wieder erneuert und ist damit im Besitz zweier Staatsangehörigkeiten. Das erlaubt es ihm bei der Einreise, mal den einen, mal den anderen Pass zu zücken – je nachdem, was gerade weniger Schwierigkeiten verspricht.