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Neue im ukrainischen Parlament

Markian Ostaptschuk29. Oktober 2012

Radikale Parteien haben bei der Parlamentswahl in der Ukraine Erfolg. Auch das Oppositionslager hat sich vergrößert. Experten erwarten schwierige Verhandlungen zwischen den politischen Kräften.

Bildschirm mit Bildern von Überwachungskameras aus den Wahllokalen (Foto: GENYA SAVILOV/AFP/Getty Images)
Bildschirm mit Bildern von Überwachungskameras aus den WahllokalenBild: Getty Images

Das gute Abschneiden von Kommunisten und Nationalisten sei die größte Überraschung der Parlamentswahl in der Ukraine, meinen Experten. "Unerwartet war das hohe Abschneiden von 'Swoboda'", betont Andreas Umland, DAAD-Fachlektor an der Kiewer Mohyla-Akademie. Die als nationalistisch geltende "Swoboda"-Partei schafft mit rund neun Prozent erstmals den Einzug ins Parlament.

Die Tendenz zur Radikalisierung werde weiter anhalten, glaubt Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). "Populistische, radikale Parteien werden wegen der Schwäche von Janukowitschs Partei der Regionen, aber auch der gemäßigten Oppositionsparteien weiter an Stimmen gewinnen. Wir werden eine Radikalisierung in der ukrainischen Politik erleben", sagte der Osteuropa-Experte der DW.

Kommunisten profitieren von Protestwählern

Die Kommunistische Partei der Ukraine konnte ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln. Sie erreicht dem vorläufigem Wahlergebnis zufolge rund 14 Prozent. Bislang hat sie mit der Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch zusammengearbeitet. Diese ist mit rund 33 Prozent der Stimmen zwar als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen. Doch viele der bisherigen Wähler der Regionen-Partei hätten nun für die Kommunisten gestimmt, sagt Andreas Umland.

Die Partei der Regionen könnte auf einen Koalitionspartner angewiesen seinBild: picture-alliance//dpa

Die Menschen seien enttäuscht von Janukowitsch. Sie hätten sich von ihm mehr erhofft. "Die Kommunisten waren in den 1990er Jahren viel stärker, haben dann ihre Wählerschaft an die Regionen-Partei abgegeben. Und jetzt ist sie zum Teil wieder zurückgekehrt", erläutert der Politologe.

Unterschiedlich beurteilen die Experten die Chancen für eine Neuauflage der Koalition. Umland meint, es sei noch unklar, wie sich die Kommunisten verhalten würden. Sie hätten sich im Wahlkampf stark gegen die Regionen-Partei positioniert. Deshalb werde es jetzt nicht einfach sein, wieder eine Koalition einzugehen. Mit einer Fortsetzung der Zusammenarbeit rechnet hingegen Stefan Meister. Er verweist darauf, dass es am Ende um Mehrheiten gehe. "Die Partei der Regionen wird mit der Kommunistischen Partei eine Mehrheit im Parlament haben", sagt er.

Teleschalte mit Markus Meckel # 29.10.2012 21Uhr # Journal deutsch

01:45

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Opposition weiter uneins

Obwohl eine wachsende Zahl der Ukrainer Janukowitsch kritisch gegenübersteht, ist es der gemäßigten "Vereinigten Opposition" nicht gelungen, dieses Protestpotenzial in hohe Stimmengewinne umzuwandeln. Das Bündnis der inhaftierten Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko kam nur auf rund 23 Prozent. "Das liegt an der Schwäche der Opposition, an ihrer Unglaubwürdigkeit", meint DGAP-Experte Stefan Meister.

Klitschkos oppositionelle "Ukrainische demokratische Allianz für Reformen" ("UDAR") schaffte immerhin mit rund 13 Prozent der Stimmen auf Anhieb den Einzug ins Parlament. Zusammen mit der nationalistischen "Swoboda"-Partei werden die Oppositionsparteien also über eine große Zahl von Sitzen im Parlament verfügen. Doch Stärke und Geschlossenheit werden die Oppositionskräfte nach der Wahl nicht an den Tag legen, glaubt Susan Steward, Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Vitali Klitschkos Partei zieht erstmals ins Parlament einBild: picture-alliance/dpa

"Ich erwarte eher eine Fragmentierung der Opposition im Parlament", sagte sie der DW. Zwar hätten sich "Swoboda" und die "Vereinigte Opposition" bereits auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Aber mit der Partei "UDAR" des Boxweltmeisters Vitali Klitschko werde sich eine Einigung schwieriger gestalten. "Es ist überhaupt nicht klar, ob es möglich sein wird, diese drei Kräfte im Parlament unter einen Hut zu bringen", so die Berliner Expertin. Die persönlichen Ambitionen seien zu stark und auch die Sicht auf bestimmte Fragen zu unterschiedlich.

Stefan Meister weist darauf hin, dass sich Klitschko bereits von "Swoboda" distanziert habe. Er hofft allerdings, dass sich die gemäßigten Oppositionskräfte annähern werden. Die Ablehnung von Janukowitsch als gemeinsamer Nenner sei aber zu wenig. "Sachthemen, inhaltliche Auseinandersetzung, Alternativen anzubieten zur Politik der Partei der Regionen, das wäre der richtige Weg."

Konsequenzen für EU-Annäherung

Die Stärkung radikaler politischer Kräfte in der Ukraine könnte auch Auswirkungen auf die Beziehungen zur Europäischen Union haben. Die Kommunisten und "Swoboda" würden nicht als pro-europäische Parteien gelten, betont Umland. Aber solche Parteien wie "Swoboda" seien in Europa nichts Ungewöhnliches. Das dürfte kein Anlass sein, dass eine europäische Integration der Ukraine in Frage gestellt werde, so der Experte. "Auch die Präsenz der Kommunisten dürfte kein Hindernis sein", sagte er.

Julia Timoschenko ist seit über einem Jahr in HaftBild: dapd

Haupthindernis für eine weitere Annäherung an die EU sei die Politik von Präsident Janukowitsch, so Umland. Fortschritte in den Beziehungen zur EU wie die Unterzeichnung des gemeinsamen Assoziierungsabkommens seien nicht nur von den Berichten der Wahlbeobachter abhängig. Die EU fordere auch die Freilassung der inhaftierten ehemaligen Regierungsmitglieder Timoschenko und Luzenko. Notwendig sei überdies eine Justizreform, die eine Einmischung der Politik künfitg verhindere.

Stefan Meister von der DGAP kritisiert, die EU habe sehr einseitig darauf gesetzt, dass die Opposition in der Ukraine die Wahl gewinne. "Ich habe es für einen Fehler gehalten, sich auf die Person Timoschenko zu fixieren. Damit hat man sich in eine Sackgasse gebracht", so der Experte. Da beide Seiten ein Interesse an einem Assoziierungsabkommen hätten, müssten beide Seiten nun einen Ausweg ohne allzu großen Gesichtsverlust finden. "Da muss die Ukraine Kompromissbereitschaft zeigen, aber auch die EU", so Meister.

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