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Politik

Neue Krawalle in Belgrad

11. Juli 2020

In Serbien wird Präsident Vucic immer mehr zur Zielscheibe der Proteste. Den Nationalisten lieferte er einen neuen Grund. Die stark steigenden Corona-Zahlen beunruhigen die Demonstranten dagegen nicht sonderlich.

Serbien Belgrad Antiregierungsproteste Coronamaßnahmen Polizei
Polizisten feuern Blendgranaten ab, um gewaltbereite Demonstranten zurückzudrängen Bild: Getty Images/A. Isakovic

Den vierten Abend in Folge hat es tausende Menschen in Serbien auf die Straße getrieben. Ungeachtet des Versammlungsverbots wegen der Pandemie protestierten sie im Zentrum der Hauptstadt Belgrad mit einer mehrstündigen friedlichen Kundgebung gegen die Corona-Politik der Regierung. Mehrere hundert nationalistische Demonstranten versuchten später, gewaltsam ins Parlamentsgebäude einzudringen. Sie schleuderten brennende Gegenstände, Steine und Flaschen gegen Polizisten.

Gewaltbereite Demonstranten werfen brennende Gegenstände auf Polizisten Bild: Getty Images/A. Isakovic

Auch Journalisten und fotografierende Demonstranten wurden von Randalierern angegriffen und verletzt. Die Sicherheitskräfte, die zunächst versuchten, die Angreifer mit ihren Schutzschildern zurückzudrängen, setzten Tränengas und Blendgranaten gegen die Menge ein. Inzwischen wurden 71 Menschen festgenommen, die an den Protestaktionen beteiligt waren. Unter ihnen seien "viele ausländische Staatsbürger", sagte Polizeichef Vladimir Rebic. 

Weitere Polizeieinheiten laufen zum Parlamentsgebäude Bild: Getty Images/A. Isakovic

Die Proteste richten sich inzwischen nicht nur gegen das Krisenmanagement der Regierung in Zeiten der Seuche, sondern zunehmend gegen Präsident Aleksandar Vucic selbst. Nationalisten werfen ihm jetzt auch Verrat vor, weil er nach deutsch-französischer Vermittlung neuen Gesprächen mit dem Kosovo zugestimmt hat. Die Hardliner im Land sehen das Kosovo nach wie vor als abtrünnige serbische Provinz.

Vor den Ausschreitungen protestierten mehrere tausend Serben friedlich in Belgrad - trotz Versammlungsverbots Bild: Reuters/M. Djurica

Er habe kein Problem mit den Protesten, sagte der Präsident während seines Staatsbesuchs in Frankreich vor Journalisten. Das Problem sei, dass sie gewaltsam würden. Der Opposition warf er vor, die Proteste zu schüren. Es sei unverantwortlich, die Menschen zu Demonstrationen aufzurufen, "wenn wir gleichzeitig mit entsetzlichen Corona-Infektionszahlen kämpfen", erklärte Vucic. "Sie können protestieren, so viel Sie wollen, wenn die Epidemie vorbei ist", fügte er hinzu.

Regierungschefin Ana Brnabic (l.) hat derzeit wenig gute Nachrichten zu verkünden Bild: picture-alliance/Photoshot/S. Zhongyu

Nach Angaben von Regierungschefin Ana Brnabic waren am Freitag 18 Menschen an den Folgen ihrer COVID-19-Erkrankung gestorben - die höchste Zahl an einem Tag seit Beginn der Pandemie in dem Balkanland. Innerhalb von 24 Stunden verzeichneten die Behörden 386 neue Corona-Infektionen. Damit gibt es in Serbien bislang mehr als 17.300 bestätigte Fälle und 352 Corona-Tote. Kritiker werfen Vucic vor, die Corona-Beschränkungen vor der Parlamentswahl am 21. Juni zu rasch gelockert und so eine zweite Infektionswelle begünstigt zu haben.

se/ack (dpa, ap, rtr)

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